In engem Kontakt mit Mailand
Von Stefan Kroneck, MünchenAuf das Amt des Vorstandschefs der HypoVereinbank (HVB) hat Michael Diederich wahrlich nicht gezielt hingearbeitet. Als Ende 2017 klar wurde, dass Theodor Weimer von der Spitze des Münchner Kreditinstituts als CEO zur Deutschen Börse wechselt, fiel die hausinterne Nachfolgewahl auf den 53-jährigen promovierten Investmentbanker. Sein Aufstieg war eine indirekte Folge der Umstände beim Dax-Mitglied mit Sitz in Eschborn unweit von Frankfurt.Seit knapp über einem Jahr ist der erfahrene Betriebswirt und Wirtschaftsprüfer nun Vorstandssprecher der weiß-blauen Tochtergesellschaft von Unicredit. In dieser Funktion ist er der deutsche Statthalter von Unicredit-Chef Jean Pierre Mustier (58), der die Leinen im Zuge der Restrukturierung der größten italienischen Geschäftsbank in Bezug auf die Konzernorganisation enger gezogen hat. Kommunikation gebündeltDas spürt auch Diederich. Die Zeiten, in denen die HVB noch mit eigenen Bilanzpressekonferenzen vor die Öffentlichkeit trat, sind längst vorüber. Sein aus Frankreich stammender Vorgesetzter bündelte die Kapitalmarktkommunikation. Das vereinfacht die Darstellung der Bankengruppe für Investoren. Letztere könnten auf diese Weise den Stand des Konzernumbaus besser von außen überprüfen, so lautet die Argumentation im Unternehmen. In dieser Gemengelage fallen die beiden wichtigen Auslandsgesellschaften von Unicredit, die HVB und ihre österreichische Schwesterbank Bank Austria, im Ranking zurück. Der gebürtige Koblenzer fügt sich dieser Hierarchie. Ausbau des Vertriebs im VisierIn seiner Rolle als HVB-Chef gehört er zugleich dem 18-köpfigen Executive Management Committee der Muttergesellschaft aus Mailand an. Diederich trägt dort den Titel des Country Chairman Germany. Das sorgt dafür, dass er und Mustier fortlaufend in engem Kontakt stehen – und vereinfacht die Zusammenarbeit. Dort treffen zwei Investmentbanker aufeinander, die sich in ihrem Metier sehr gut auskennen und gegenseitig schätzen.Im Gespräch ist der schlanke HVB-Chef offen, umgänglich und interessiert an allen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Von dem Klischee eines Investmentbankers, der sich in abgehobener Position wie ein Master of the Universe aufführt, ist Diederich weit entfernt. Weimers Werk, die HVB schlanker und schlagkräftiger aufzustellen, setzt er fort.Dabei richtet er sein Augenmerk auf den Vertrieb. Unter seiner Ägide liegt der Schwerpunkt auf dem Ausbau der Geschäfte im Bereich Firmenkunden in Regionen, in denen die HVB bislang relativ schwach vertreten ist. So macht sie sich zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen auf Kundenjagd. Dabei profitiert der HVB-Chef davon, dass er die Bank wie seine eigene Westentasche kennt. Diederich arbeitet bereits seit 22 Jahren für das Institut – mit Unterbrechung von Februar bis Juni 2015, als er kurzzeitig als CEO zur Euler Hermes Kreditversicherung AG nach Hamburg wechselte. Seinerzeit holte ihn Weimer nach München zurück. Kurz danach rückte Diederich in den Vorstand auf mit Zuständigkeit für das Corporate & Investment Banking. Schwächere ErfolgszahlenAls Vorstandssprecher muss er sich nun auch mit den Widrigkeiten im Kerngeschäft herumschlagen und dabei die externen Umstände berücksichtigen. Letztere waren für die Finanzbranche im zurückliegenden Jahr schwierig. Die Konjunktur kühlt sich infolge des Handelsstreits zwischen den USA und China ab. Aufgrund der Unsicherheit nehmen die Gewitterwolken über den Börsen zu. Für die HVB bedeutet das Gegenwind.Für Diederich zeichnet sich ab, dass er sein erstes Geschäftsjahr als Vorstandssprecher nicht mit einem Ergebniszuwachs abschließen wird. Das Gegenteil wird der Fall sein. Im März dürften die endgültigen Zahlen des Vorjahres vorliegen. 2018 lief für das mit einem bequemen Kapital- und Liquiditätspolster ausgestattete Münchner Geldhaus wohl verhalten. Darauf wies bereits der Zwischenbericht zum ersten Halbjahr hin (vgl. BZ vom 9.8.2018). “Rückstellungen für Rechtsrisiken” per saldo von 339 Mill. Euro führten dazu, dass in den ersten sechs Monaten 2018 der Vorsteuergewinn um 35 % auf 602 Mill. Euro einbrach.Zugleich schrumpften die operativen Erträge um 14 % auf 2,4 Mrd. Euro. Der Vorstand dämpfte die Gewinnerwartung. Statt eines ursprünglich prognostizierten “guten” Gewinns vor Steuern stellte er nur noch ein “zufriedenstellendes” Ergebnis in Aussicht.Die deutlich erhöhten Rechtsrisiken sind ein Resultat aus der Vergangenheit der Bank. Die HVB war früher sehr stark in der Außenhandelsfinanzierung aktiv, darunter fielen auch Geschäfte mit dem Iran. Das Institut bereitete sich daher auf Strafzahlungen an Washington vor im Zusammenhang mit US-Sanktionen gegen bestimmte Länder, darunter dem Iran. Diese Geschichte verhagelt die erste Jahresbilanz unter Diederichs Regie. Das dürfte dazu führen, dass der Scheck der HVB für den Mutterkonzern diesmal geringer ausfällt. Zuletzt überwies die Tochter 1,3 Mrd. Euro nach Mailand.