In Russland drohen Banken hohe Kreditverluste
bn Frankfurt – Neben der Raiffeisen Bank International (RBI) trifft die Russland-Krise in Europas Bankensektor Société Générale (SocGen), Unicredit, Ungarns OTP, Nordea sowie ING. Wie aus einer Analyse von J.P. Morgan hervorgeht, steht für diese Institute einiges im Feuer, was die Qualität von Assets betrifft, ihre Anfälligkeit für den Fall eines Rückzugs aus Russland sowie hinsichtlich Engagements in Märkten, die im Handel am stärksten von Russland abhängen. Insbesondere für RBI und OTP, deren Russland-Exposures 12 und 13 % der gruppenweiten Kredite entsprächen und deren Aussichten “herausfordernd bleiben”, sei die Krise ein Problem, meinen die Analysten (siehe Tabelle). Gewinnschätzung reduziertIn Russland rechnet J.P. Morgan im laufenden Jahr mit einer tiefgreifenden Rezession, welche dazu führen wird, dass sich die Quote der notleidenden Kredite von durchschnittlich 6 % auf rund 17 % erhöht. Dies wäre mehr als das Niveau zum Höhepunkt der westlichen Finanzkrise im Jahr 2008. Im Fall von RBI kürzt die Bank ihre Schätzung für den Gewinn je Aktie im laufenden und im kommenden Jahr daher um 35 % sowie um 17 % auf noch 88 Cent und 2,22 Euro.Was die Auswirkungen der Entwicklung in Russland angeht, so hatte RBI, nachdem sie im September angesichts des Ukraine-Konflikts für 2014 den ersten Jahresverlust ihrer Geschichte angekündigt hatte, zunächst abgewiegelt. Das Ergebnis der Russland-Tochter werde 2014 “nach wie vor hoch positiv sein”, auch wenn sich die Währungsabwertung negativ auf Einnahmen und Kapital auswirke, hieß es damals. Nach dem Jahreswechsel dann warnte das Institut vor einer möglichen Abschreibung des verbleibenden Firmenwerts der Russland-Tochter von 148 Mill. Euro .Sollte die Rate der notleidenden Kredite in Russland derart anziehen wie von J.P. Morgan prognostiziert, kommen auf die dort stark vertretenen Banken aus der EU nach Angaben der Analysten Kreditverluste von insgesamt 4,2 Mrd. Euro zu. Auf 7,5 Mrd. Euro beziffert J.P. Morgan die Belastungen, sollten sich europäische Banken zum Rückzug aus dem russischen Markt entschließen – was die Analysten indes für unwahrscheinlich halten. Neben RBI und OTP hätten demnach unter diesem Szenario besonders SocGen sowie Nordea zu leiden. In diesem Fall wären Dividendenzahlungen gefährdet, meint J.P. Morgan. Mit Ausnahme von RBI aber wäre das Risiko einer Verwässerung der Aktionäre gering, heißt es. Die harte Kernkapitalquote von RBI würde im Falle eines Rückzugs aus Russland den Angaben zufolge um 150 Basispunkte auf nur mehr 8,7 % sinken. Nordea sähe einen Rückgang um 220 Basispunkte auf 13,3 %, SocGen um 60 Basispunkte auf 9,8 % und OTP eine Abnahme um 60 Basispunkte auf 13,9 %.Was das Exposure gegenüber Russland infolge von Exporten betrifft, so sieht J.P. Morgan in Europa Weißrussland, die Ukraine sowie die Staaten des Baltikums am stärksten exponiert. In diesen Staaten wiederum sind den Angaben zufolge vor allem schwedische Banken wie Swedbank und SEB, OTP sowie RBI am stärksten engagiert. So hat Swedbank 10 % ihrer Kredite im Baltikum vergeben, SEB 8 %. Bei OTP entfallen unterdessen 8 % der Ausreichungen auf die Ukraine, bei RBI 4 % auf die Ukraine und 1 % auf Weißrussland. MilliardenbelastungenDie Ergebnisse der Studie von J.P. Morgan decken sich mit Berechnungen der Deutschen Bank. Sie hatte im Dezember für den Fall, dass die Kreditverluste in Russland ein Niveau wie zur Zeit der Russland-Krise 1998/1999 erreichen sollten, für RBI, Unicredit und SocGen milliardenschwere Belastungen des Nettoergebnisses ermittelt.Der Commerzbank und der Aareal Bank würden in diesem Fall Einbußen in Höhe von 480 Mill. und 53 Mill. Euro drohen. Die Commerzbank ist in Moskau und St. Petersburg aktiv, und zwar im Firmenkundengeschäft, bei Handelsfinanzierungen und im Zahlungsverkehr.