ING-DiBa warnt vor Negativzins
Im breiten Geschäft mit privaten Kunden machen Banken und Sparkassen einen Bogen um negative Zinsen – zu Recht, meint die ING-DiBa. Denn ein Zinssatz unter der Nullmarke dürfte Kunden zu einem Wechsel veranlassen, wie die Direktbank glaubt.jsc Frankfurt – Die Direktbank ING-DiBa warnt Banken und Sparkassen vor den möglichen Folgen negativer Zinsen im Einlagengeschäft: Bisher seien die Marktanteile auf dem Bankenmarkt relativ stabil, sagte Martin Schmidberger, Leiter für das Produkt- und Zielgruppenmanagement der Bank, am Dienstag in einem Pressegespräch in Frankfurt. Käme aber eine Kostenerhöhung in Form von negativen Zinsen auf eine breite Masse von Kunden zu, drohe der Kreditwirtschaft eine “disruptive Veränderung”. So habe die Direktbank bereits mehr Eröffnungen von Konten beobachtet, als mit der Postbank im August ein wichtiger Konkurrent Gebührenerhöhungen ankündigte – rund 150 000 neue Girokonten wurden bei der ING-DiBa von August bis Oktober eröffnet. “Ein guter Teil” der Kunden kam demnach von der Postbank, auch wenn eine exakte Zuordnung schwierig ist. Stärker wäre der Effekt im Falle negativer Zinsen auf breiter Front, wie der Generalbevollmächtigte sagte. Die Nullmarke sei eine “rote Linie, die Kunden offensichtlich definieren”.Eine Akzeptanz für negative Zinsen sei ungleich schwieriger zu erreichen als für gewöhnliche Gebühren, sagte Martin Weber, Professor für Finanzwirtschaft in Mannheim und Forscher am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), das rund 3 600 Kunden der Bank im Oktober und November befragt hat. Ergebnis: Höhere Gebühren assoziieren Kunden zum Teil mit Leistungen. Vor allem das Bankschließfach wird mit einem Mehrwert assoziiert, bei Kontoführungs- und Transaktionsgebühren sehen die meisten Menschen jedoch die Kostenbelastung im Vordergrund. Noch stärker wiegt der Effekt bei der Abhebungsgebühr und – als Schlusslicht in der Umfrage – bei negativen Zinsen, die 75 % der Befragten als “reine Kosten” einstufen. “Das Minus macht für die Leute etwas aus”, sagte Weber.Zwar betonen Banken und Sparkassen, Negativzinsen im Massengeschäft vermeiden zu wollen. Minussätze erproben nur wenige Institute bei sehr wohlhabenden Privatkunden, wofür etwa die Deutsche Skatbank und die Raiffeisenbank Gmund bekannt geworden sind. Negative Zinsen auf Spar- und Girokonten “auf breiter Front” binnen zwölf Monaten stufen aber 28 % der Befragten als “gut möglich” ein, weitere 31 % als “vielleicht möglich”. Auch legt die Umfrage nahe, dass ein Abrutschen der Zinsen in negatives Terrain das Verhalten der Kunden stärker beeinflussen dürfte als eine Zinssenkung im gleichen Umfang oberhalb der Nulllinie (siehe Grafik). “Es brodelt unter der Decke”Die Bereitschaft, das Sparverhalten zu ändern, habe bereits zugelegt, wie die ZEW-Forscher vermuten. Von den befragten Kunden gaben 44 % an, dass sie aufgrund der Niedrigzinsen bereits ihr Sparverhalten angepasst haben – ganz überwiegend, indem sie weniger zur Seite legen. Auch sei neben einem Wechsel zu Direktbanken eine höheres Wertpapiersparen möglich, sagte der ING-DiBa-Manager Schmidberger. Die Bank habe im laufenden Jahr bereits einen Zufluss im Wertpapiersegment von netto 3 Mrd. Euro beobachtet. Insgesamt verzeichne das Haus ein Tages- und Festgeldvolumen in der Größenordnung von 120 Mrd. Euro, ungefähr 30 Mrd. Euro entfielen auf Wertpapiere und Fonds. Gravierendere Änderungen im Markt seien denkbar. “Es brodelt unter der Decke”, sagte er. Auf negative Zinsen werde die ING-DiBa verzichten – solange es eben möglich sei.