Bilanzvorlage

ING kommt ein Viertel des Gewinns abhanden

Die ING Deutschland hat sich 2020 operativ wacker geschlagen, büßt aber vor allem angesichts hoher Risikokosten im Vergleich mit dem Vorjahr kräftig an Gewinn ein. Richtig rund lief es allerdings im Wertpapiergeschäft, das die Bank auszubauen gedenkt. Demnächst streicht sie die Gebühren für ETF-Sparpläne.

ING kommt ein Viertel des Gewinns abhanden

fir Frankfurt

– Die ING Deutschland, zu der auch das Österreich-Geschäft gehört, hat im vergangenen Jahr wegen höherer Risiko- und Verwaltungskosten fast ein Viertel weniger verdient. Der Nettogewinn gab um nahezu ein Viertel auf knapp 700 Mill. Euro nach. Konnte das Institut 2019 noch Risikovorsorge auflösen, so schlugen nun 264 Mill. Euro negativ zu Buche. „Wir haben in einem bewegten Geschäftsjahr ein sehr ordentliches Ergebnis erzielt“, kommentierte Nick Jue, Vorstandsvorsitzender der ING Deutschland, das Resultat am Freitag auf der Jahrespressekonferenz.

Gab das Zinsergebnis trotz starker Ausweitung der Kreditvergabe vor allem in der Baufinanzierung leicht nach, so legte das Provisionsergebnis um fast die Hälfte zu, was das Institut auf die hohe Nachfrage nach Wertpapieranlagen und das stärkere Handelsvolumen aufgrund der krisenbedingten Volatilität zurückführte. „2020 hat das Interesse an Wertpapieren und unserem Angebot enorm zugenommen. Die Zahlen haben alles übertroffen, was wir bisher gesehen haben“, sagte Jue.

So wurden den Angaben zufolge insgesamt 573000 Wertpapiersparpläne abgeschlossen, 60% mehr als 2019. Das Depotvolumen wuchs von 45,8 Mrd. auf 57,3 Mrd. Euro, die Zahl der Depots um 287000 auf 1,7 Millionen. Deshalb soll das Wertpapiersparen ausgebaut werden. Vom 1. April an sollen für die rund 800 ETF-Sparpläne keine Kaufgebühren mehr anfallen. „Zusammen mit dem kostenlosen Depot und der Möglichkeit, bereits ab einem Euro Sparrate in Wertpapiersparpläne zu investieren, schafft die Bank ein im deutschen Markt einmaliges Angebot“, teilte die ING mit.

Wer in Sachen Wertpapieranlage unbedarft ist, dem geht vom zweiten Quartal an eine digitale Anlageberatung zur Hand. Dann soll auf Wunsch ein, wie es heißt, Coach per Videokonferenz hinzugeschaltet werden. Jue gab zu, dass die ING hier länger gebraucht habe als erwartet, um an den Start zu gehen.

Von seinem kurz nach Amtsantritt Mitte 2017 avisierten Ziel, binnen zwei Jahren die Marke von zehn Millionen Kunden zu erreichen, hat sich Jue verabschiedet. „Ich würde gerne die zehn Millionen erreichen, aber es ist kein Ziel mehr“, sagte er nun. „Profitables Wachstum ist uns nun wichtiger als Wachstum um jeden Preis.“ Insgesamt 9,53 Millionen Kunden hat das Institut, netto gerade mal 11000 mehr als im Vorjahr. Wichtiger als die Gesamtkundenzahl ist den Niederländern nach eigenem Bekunden aber die Zahl jener, welche ein Gehaltskonto und ein weiteres Produkt wählen und sich damit nach Lesart der ING als Hausbankkunde qualifizieren. Das sind mittlerweile 2,15 Millionen und damit 335000 mehr als im Jahr zuvor.

Die ING-Gruppe büßte im vergangenen Jahr gar die Hälfte ihres noch 2019 erzielten Nettogewinns ein. Wegen höherer Ausgaben und Risikovorsorge sowie geringerer Zinseinnahmen verblieben unter dem Strich 2,49 Mrd. Euro. Die Kreditvergabe an Privatleute wie Unternehmen sei angesichts der Unsicherheit und des Konjunktureinbruchs in der Pandemie verhaltener ausgefallen, kommentierte Stephen van Rijswijk anlässlich der Vorlage der Jahreszahlen am Freitag. Er hatte im Juli das Ruder von Ralph Hamers übernommen, der an die Spitze der UBS gewechselt ist und sich mit Untersuchungen der niederländischen Staatsanwaltschaft wegen möglicher Verstöße gegen Anti-Geldwäsche-Vorgaben konfrontiert sieht. In seiner Zeit als ING-Chef war die Bank deshalb mit einer Buße von 775 Mill. Euro belegt worden.

Die Kreditrisikovorsorge stieg auf Jahressicht um mehr als das Doppelte auf 2,7 Mrd. Euro, ließ aber im vierten Quartal mit einer Halbierung auf gut 200 Mill. Euro Besserung erkennen. Auf das Jahresergebnis des Konzerns drückten im zweiten Quartal vor allem Kreditwertberichtigungen und gut 300 Mill. Euro an Goodwill-Abschreibungen auf Zu­käu­fe (vgl. BZ vom 7.8.2020). Als sicher gilt, dass ING 175 Mill. bis 200 Mill. Euro eines Kredits an Wirecard abschreiben musste, was die Bank aber nie bestätigte. Auch bei der Bilanzpressekonferenz am Freitag hielt sich das Management bedeckt.

Wertberichtigt Seite 6

ING Deutschland
Kennzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20202019
Zinsergebnis2 0412 078
Provisionsergebnis479325
Sonstiges Ergebnis88138
Personalaufwand634579
Sonstiger Verwaltungs-aufwand667650
Risikovorsorge *264– 40
Ergebnis vor Steuern1 0421 352
Ergebnis nach Steuern692894
Cost-Income-Ratio (%)49,948,4
Bilanzsumme (Mrd.)190176
*) Minus = AuflösungBörsen-Zeitung
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