NEUE EU-PLÄNE FÜR DIE FINANZ- UND KAPITALMÄRKTE

Instant Payment ist zentraler Baustein der Strategie

Bereitstellung des Dienstes wird notfalls verpflichtend gemacht - Gesetzentwurf soll Ende 2021 vorliegen

Instant Payment ist zentraler Baustein der Strategie

Von Björn Godenrath, FrankfurtDie EU-Kommission betrachtet den Zahlungsverkehr zunehmend in seiner geopolitischen Funktion versus Big Tech und trägt diesem Umstand Rechnung mit Vorlage der umfassenden “Retail Payment Strategy”. Dafür sind 17 Maßnahmen definiert worden, die innerhalb von vier Jahren umgesetzt sein sollen, um die “Open Strategic Autonomy” zu unterstützen. Das heißt frei übersetzt, dass sich Europa unabhängig machen will vom Einfluss amerikanischer und chinesischer Marktmacht, die sich zunehmend auch im paneuropäischen Raum (Apple Pay, Paypal, Alipay) manifestiert.Im Zentrum für den modernisierten EU-Zahlungsverkehr steht dabei die Verknüpfung von Instant-Payment-Infrastruktur mit mobilen Apps sowie der Aufbau von interoperablen Systemen insbesondere im Kartenbereich, wofür im Rahmen der European Payment Initiative (EPI) die Grundlage im privaten Sektor gelegt werden soll.Angesichts der Brüsseler Ambitionen nimmt sich die bisherige Akzeptanz von Instant Payment (IP) allerdings bescheiden aus. Drei Jahre nach Aufnahme des “Sepa Credit Instant Transfer” (SCT inst) haben nur gut 60 % der Payment Service Provider (PSP) diese Verfahren in ihre Systeme integriert. Schätzungen der Industrie zufolge sind lediglich in zwölf EU-Ländern gut die Hälfte der Bankkonten überhaupt in der Lage, an IP-Transaktionen teilzunehmen. Viele Banken bepreisen SCT inst, was im Retailsektor niemals zu einer Akzeptanz führen würde, da man in diesem Bereich gut mit der Zahlungsgarantie klarkommt, wo das eigentliche Settlement ex post stattfindet. Empfänglicher für IP sind Firmenkunden, die einen Mehrwert daraus ziehen, dass sie Liquidität in Echtzeit bewegen können – ein Traum für jeden Treasurer und CFO.Da die Akzeptanz für Instant Payment kurz vor Ablauf der Übergangsfrist im November unterirdisch ist, will die Kommission nach aktualisierter Bestandsaufnahme bis Ende 2021 einen Gesetzentwurf zur obligatorischen Teilnahme an IP vorlegen. Die PSPs wären damit verpflichtet, Instant-Payment-Transaktionen abzuwickeln – soweit ersichtlich bliebe die Preisgestaltung aber in den Händen der Marktteilnehmer.Die sind nun gefragt, jeder für sich und alle zusammen ein Geschäftsmodell auf dieser Basis – das Settlementstellen die Notenbanken zum geringen Selbstkostenpreis bereit – zu entwickeln. Das dürfte insbesondere in den beiden großen deutschen Finanzverbünden für Diskussionsstoff sorgen, sind die Primärinstitute doch nur geneigt, Projekte zu fördern, die ihnen selbst einen Return on Investment liefern – und der Paydirekt-Flop nährt die Bedenken der Skeptiker. Andererseits haben die Sparkassen im Payment spürbar Boden gutgemacht, sodass Zahlungsverkehr grundsätzlich einen “investment case” darstellen sollte.Die Interoperabilität von IP sollen ein EU-Standard für QR-Codes sowie ein offener Zugang zu NFC-Schnittstellen auf den Smartphones sicherstellen – da wird man mit sich insbesondere mit Apple einigen müssen. Denn nur so kann sich Instant Payment am Point of Sale und im E-Commerce perspektivisch als Option gegen die Kartensysteme behaupten. Außerdem soll aus Gründen des Verbraucherschutzes ein Recht auf Rückerstattung von IP-Transaktionen verankert werden – was im Widerspruch steht zur immanenten Finalität von Echtzeitzahlungen.