Instant Payment noch nicht im Alltag angekommen
dpa Frankfurt/Brüssel
Zeit ist Geld – dennoch sind in Deutschland Echtzeitzahlungen nach wie vor die Ausnahme. „Instant Payment ist aus unserer Sicht noch nicht im Alltag der Menschen angekommen. Es wird von Banken eher als Nischenprodukt platziert und ist daher noch weit entfernt vom politischen Willen und den Anforderungen des Handels, als ,New Normal‘ zu gelten“, bilanzierte Ulrich Binnebößel, Zahlungsverkehrsexperte beim Handelsverband Deutschland (HDE).
Seit November 2017 sind in Europa Überweisungen von Konto zu Konto binnen Sekunden technisch möglich. Die EU-Kommission hatte das Ziel ausgegeben, sogenannte Instant Payments bis Ende 2021 in der ganzen Europäischen Union zum Standard zu machen. Unter Instant Payments versteht man Zahlungen von Konto zu Konto, die rund um die Uhr in Sekundenschnelle abgewickelt werden. Bei solchen Echtzeitzahlungen kann der Empfänger sofort nach Absenden der Zahlung über den erhaltenen Betrag verfügen. Wer zum Beispiel sein altes Auto privat verkauft, muss bei anderen Verfahren zumindest das Risiko einkalkulieren, dass der Käufer nicht zahlt. Wird ein solches Geschäft per Echtzeitzahlung abgewickelt, kann der Verkäufer direkt kontrollieren, ob das Geld angekommen ist.
In Europa sind seit dem 21. November 2017 die „SCT Inst“ genannten schnellen Überweisungen möglich. Noch am selben Tag testete die zur Unicredit gehörende HypoVereinsbank (HVB) das System, seit dem 27. November 2017 können HVB-Kunden über das Online-Banking Überweisungen in Echtzeit in Auftrag geben. Mitte Juli 2018 zogen die Sparkassen nach, auch Deutsche Bank und Commerzbank sowie diverse Genossenschaftsbanken bieten den Service an.
Nach Einschätzung der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) haben sich „Echtzeitüberweisungen als ein neuer Standard neben der herkömmlichen Überweisung etabliert“. Dennoch sei „der Wechsel auf Echtzeitüberweisungen (…) nicht für alle Anwendungsfälle für Kunden sinnvoll“, teilte der Dachverband der fünf großen Bankenverbände in Deutschland mit. „Kunden unterscheiden bedarfsorientiert sehr klar, für welche Transaktionen sie welches Überweisungsverfahren nutzen.“
Aus der Branche ist zu hören: Die meisten Privatkunden greifen nur in Ausnahmefällen auf die meist kostenpflichtige Echtzeitüberweisung zurück. Für Unternehmen sind zwar inzwischen Sammelüberweisungen per Instant Payment technisch möglich, allerdings müssen die IT-Systeme der Unternehmen entsprechend aufgerüstet werden, um zum Beispiel Gehaltsabrechnungen für die Belegschaft auf diesem Weg abzuwickeln.
„Die Nutzung von Instant Payments erfordert umfassende Anpassungen in den Systemen von Banken und Nutzern“, erläuterte Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz Ende Oktober. „Zudem werden Instant Payments in Deutschland meist noch als teures Premiumprodukt bepreist. Dementsprechend stellt sich dann die Frage, ob die entsprechenden Kosten den möglichen Mehrwert aufwiegen.“ Bei der HVB wird inzwischen gut jede zehnte Überweisung in Echtzeit ausgeführt. Die Nutzung sei noch mal stark angestiegen, „seitdem Echtzeitzahlungen auch per App möglich sind und weitere Institute als Empfänger hinzukamen“, teilte der HVB-Sprecher mit.
Beim Hamburger Handelskonzern Otto gehen derzeit 10% aller Zahlungen als Instant Payments ein. Das liege „ziemlich genau auf Marktniveau“, so ein Otto-Sprecher. „Hürden für eine sich schneller oder breiter entwickelnde Nutzung von Instant Payment erkennen wir beispielsweise in dem Umstand, dass viele Banken für diese noch separate Gebühren erheben.“