Institutionelle verpflichten sich dem Klimawandel

Eine Aufgabe für Staaten, Unternehmen und Gesellschaft - Veränderungen im Risikomanagement notwendig - Neue Produkte unterstützen Energiewende

Institutionelle verpflichten sich dem Klimawandel

Weltweite Dürrephasen, schwere Sturmfluten sowie aussterbende Tier- und Pflanzenarten sind nur einige der großen Umweltprobleme. Um dem gegenzusteuern, ist eine nachhaltige, globale Energiewende zwingend. Diese erfordert Investitionen in Billionenhöhe. Nur das gemeinsame und entschlossene Auftreten aller gesellschaftlichen Akteure kann eine Lösung bringen.Die Zeit drängt, denn trotz der bahnbrechenden Beschlüsse des Pariser Klimagipfels 2015 stiegen die CO2-Emissionen weltweit auf ein Rekordniveau. Der aktuelle Weltklimabericht verweist nachdringlich auf die Notwendigkeit von Veränderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Klimabedingte Risiken sind zu groß geworden, um ihre Lösung nur Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace oder Climate Analytics zu überlassen. Nach Schätzungen von New Climate Economy sind in den nächsten 15 Jahren global 90 Bill. Dollar an Investitionen nötig, um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen und die Energiewende zu finanzieren.Die Finanzbranche ist gefordert, ihren Beitrag zur Erfüllung dieser wichtigen Aufgabe zu leisten. Immer mehr institutionelle Anleger denken daher bereits um und sondieren, wie sie ihre Investments nach den Aspekten Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, kurz ESG (Environmental, Social, Governance) ausrichten können. Dabei werden sie von renommierten Vermögensverwaltern unterstützt, die unter anderem passende Ratings bereitstellen, neue, skalierbare Produkte entwickeln und bei der Entwicklung spezieller Leitlinien für verantwortungsvolles Investieren beraten.Durch die Energiewende entsteht ein riesiger neuer Markt, etwa beim Ausbau der Infrastruktur und für die Entwicklung umweltschützender Techniken. Um dieser Entwicklung den erforderlichen Schwung zu geben, müssen Politik, Wirtschaft und die Finanzbranche Rahmenbedingungen schaffen, die es ermöglichen das Thema Klimawandel und die damit verbundenen Risiken in Anlagestrategien zu berücksichtigen. In Deutschland hält sich die Politik derzeit mit gesetzlichen Vorgaben zu Investments in die Energiewende noch zurück; in Europa gilt Frankreich als Vorreiter. So verpflichtet die französische Regierung mit dem Artikel 173 des Energiewendegesetzes Investoren ab einer Bilanzsumme von 500 Mill. Euro unter anderem dazu, Risiken aus CO2-Emissionen zu bewerten und darzulegen, wie sie mit ihren Investments zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Aktivitäten aus LuxemburgEin weiteres Beispiel für entsprechende Aktivitäten kommt aus Luxemburg. Dort wurde mit der Green Exchange vor zwei Jahren eine Plattform gegründet, die als erste ausschließlich mit grünen, nachhaltigen und sozialen Finanzinstrumenten handelt. Auch auf europäischer Ebene sehen wir bereits Impulse durch den EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Hierzu wurden im Sommer vier Gesetzesvorlagen entwickelt, die unter anderem eine neue Benchmark für den Vergleich von CO2-Emissionen und die Entwicklung eines EU-Klassifizierungssystems für nachhaltige Aktivitäten vorsehen.Die neuen Erfordernisse etwa beim Bau von Wasserkraftwerken oder Windparks bieten für viele Unternehmen gute Entwicklungschancen und damit neue Anlagemöglichkeiten für Anleger. Doch ein Investment nach ESG-Kriterien ist viel mehr als die Beteiligung an einer Wachstumsstory. Immer stärker entscheiden die nichtfinanziellen Aspekte über die Entwicklung des Unternehmenswerts. Neben Bonitäts- und Finanzratings ist das Nachhaltigkeitsrating eines Emittenten zu einem wichtigen Element bei Anlageentscheidungen geworden.Gesellschaftliches und soziales Engagement, kombiniert mit einem Best-in-Class-Ansatz, ist oft ein hochwirksamer Katalysator für Veränderung und Fortschritt. Führende Vermögensverwalter haben für die Analyse von Investments nach ESG-Kriterien spezielle Teams eingesetzt, die dabei von digitalen Technologien und Anbietern nichtfinanzieller Daten unterstützt werden. Außerdem helfen sie Anlegern, Aktionären und anderen Bezugsgruppen dabei, Einfluss auf das verantwortungsbewusste Verhalten von Unternehmen auszuüben. Das geht durch Aktionen, Gespräche und Aufklärung. So kann zum Beispiel die Firmenpolitik durch aktive Teilnahme an einer Hauptversammlung oder durch konzertierte Ausübung der Stimm- oder Rederechte beeinflusst werden.War der Klimawandel lange das Aktionsfeld von Umweltschützern, so ist er durch seine umfassende Bedeutung nun auch in den Fokus von Anlegern und Investoren gerückt. Die Einsicht, dass man zu den eher kurzsichtigen Parametern der Finanzmärkte auch langfristige Risiken berücksichtigen muss, setzt sich durch. Soll ein Investment sicher sein, darf man nicht allein auf die Rendite schauen. Die richtige Einschätzung aller möglichen Risiken ist von besonderer Bedeutung. Zusammengefasst sind dies drei Gruppen:- 1. Haftungsrisiken, direkte Opfer des Klimawandels können umweltverschmutzende Unternehmen verklagen. Dadurch sind Reputation und Finanzen gefährdet.- 2. Physische Risiken aus Schäden, die Unternehmen oder Gesellschaften durch Fluten, Stürme und andere Umweltschäden entstehen.- 3. Übergangsrisiken, wenn heute noch als wertvoll geltende Rohstoffe wie etwa Öl durch technologische oder regulatorische Änderungen stark an Wert verlieren.Langfristig erfolgreich werden nur die Investoren sein können, die ihre Anlagestrategie von Klimarisiken minimieren. Die Beteiligung an Firmen mit hoher Treibhausgasemission zum Beispiel kann sich so auf lange Sicht gesehen nachteilig auswirken. Risikomanager müssen daher möglichst schnell und umfassend geschult werden, um die zurzeit oft noch vorhandenen Kenntnislücken zu füllen. Auch neue Standards im Reporting helfen, Risiken schneller zu erkennen und besser gegenzulenken. Aktuell entwickeln besonders französische Unternehmen ihre Rechenschaftsberichte mit Blick auf Umweltrisiken intensiv weiter.Bisher gibt es noch zu wenige skalierbare Lösungen, die sich von institutionellen Investoren anwenden lassen. Um die Energiewende finanzierbar zu machen, müssen auch Assetmanager ihren Anteil beitragen und neue Finanzprodukte in allen Anlageklassen entwickeln.Wie zum Beispiel Aktienanlagen in CO2-arme Strategien, indem Aktienindizes von Unternehmen entwickelt werden, deren CO2-Ausstoß um mindestens 50 % geringer ist als im MSCI World. Auch bei festverzinslichen Anlagen gibt es schon gute Beispiele wie den im Frühjahr 2018 von der Weltbank IFC und Amundi aufgelegten größten Green Bond Fund der Welt mit einem Anlagevolumen von 2 Mrd. Dollar. Mit diesen Geldern werden nachhaltige und umweltfreundliche Infrastrukturprojekte in Schwellenländern finanziert.Institutionelle Investoren wie Stiftungen und Kirchen berücksichtigen ESG-Kriterien traditionell schon lange in ihrer Gesamtstrategie. Nun entdecken auch Unternehmen, Versicherungen und Versorger dieses wichtige Thema. In Deutschland stehen viele professionelle Anleger jedoch noch am Anfang. Klar ist allerdings, dass nur durch eine konzertierte gemeinsame Anstrengung aller Marktteilnehmer die negativen Auswirkungen des Klimawandels eingedämmt werden können. Amundi hat sich verpflichtet, innerhalb der nächsten drei Jahren die Analyse nach ESG-Kriterien in alle seine Fonds zu integrieren. Damit folgt das Haus seiner Strategie, Umwelt- und Sozialaspekte als einen Grundpfeiler bei der Entwicklung von Investmentprodukten in allen Anlageklassen zu berücksichtigen. Außerdem ist es ein Anliegen von Amundi, Stakeholder und Investoren in einen Dialog zu bringen.—-Evi C. Vogl, CEO von Amundi Deutschland