Insuretech zieht Kapital an

Mehr deutsche Finanzierungsrunden - Versicherer zoffen sich mit Start-ups

Insuretech zieht Kapital an

Investments in auf Versicherungen spezialisierte Fintechs ziehen an. Die traditionelle Assekuranz reagiert mitunter gereizt auf die neue Konkurrenz.bg Frankfurt – Hatte die Fintech-Branche bislang vor allem auf Teile der Wertschöpfungskette im Bankensektor gezielt, rückt für die digitalen Start-ups nun zunehmend der Versicherungssektor ins Blickfeld. Assekuranz-Apps sprießen seit dem vergangenen Jahr nur so aus dem Boden und werben unter anderem mit den Vorzügen einer vereinfachten Portfolioverwaltung. Dass die im Branchenjargon Insuretechs genannten Start-ups Potenzial haben, das illustrieren die jüngsten Zahlen zum Venture Capital Funding.Daten von CB Insights zufolge hat die Branche 2015 global Risikokapital von 2,65 Mrd. Dollar aufgenommen, womit das Vorjahresniveau mehr als verdreifacht wurde. Gut die Hälfte davon entfällt auf die USA, im Vorjahr waren es noch 80 %. Die anderen Regionen holen also auf. Der von Barkow Consulting erhobenen “Fintech Money Map” zufolge hat sich das Deal-Volumen in Deutschland 2015 nahezu vervierfacht auf 26,9 Mill. Euro (siehe Grafik). Insgesamt zehn mit Venture Capital finanzierte deutsche Insuretechs zählt Barkow Consulting dabei, darunter bekannte Namen wie Moneymeets, Clark und Friendsurance, die ihre Marken auch mit breitflächiger TV-Werbung bekannt machen. Insgesamt gibt es derzeit 25 deutsche Insuretechs, die bei 33 Venture-Capital-Investoren Geld eingesammelt haben. Die größte Tranche entfiel dabei auf Getsafe mit 8 Mill. Euro, Friendsurance und Simplesurance folgen mit jeweils 5 Mill. Euro. Insgesamt sieben Versicherungskonzerne, darunter drei deutsche Adressen, haben in deutsche Fintechs investiert – die traditionelle Assekuranz sucht also nur sehr zaghaft die Nähe zu diesen spezialisierten Fintechs.Dass das Verhältnis nicht ungetrübt ist, wurde dieser Tage deutlich, als Helge Lach, Versicherungsfachmann und Vorstandsmitglied bei der Deutschen Vermögensberatung (DVAG), in einem Blogbeitrag auf der Unternehmensseite gegen Fintechs zu Felde zog. Lach hinterfragt Geschäftsmodelle und Praktiken der Insuretechs und rückt mögliche Risiken für Versicherungskunden (“digitaler Blindflug”) in den Fokus. 15 Punkte werden aufgelistet, besonders die Übertragung der Maklervollmacht mit der impliziten Berechtigung zur “Umdeckung der Verträge” ist dem DVAG-Manager ein Dorn im Auge. Das werde bei den Apps bestenfalls “im Kleingedruckten” veröffentlicht, und die meisten Kunden seien sich der Tragweite einer Maklervollmacht nicht bewusst – im schlimmsten Fall “dürfte arglistige Täuschung vorliegen”, lanciert Lach eine harten Vorwurf und warnt vor einer Verletzung von Aufklärungspflichten.Das wollen die in den Senkel gestellten Insuretechs nicht widerspruchslos hinnehmen. Die Spanne ihrer Reaktionen reicht von sachlicher Replik bis hin zu purer Häme gegenüber den Dinos der Branche. Von Moneymeets hieß es, dass Intransparenz für Strukturvertriebe “ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells” sei. Die von Lach intransparenter Geschäftsbedingungen bezichtigte Clark stellt klar, dass Geschäftsvorgänge ausschließlich mit ausdrücklichem Einverständnis des Kunden geschähen. Der mit 14 Mill. Euro Risikokapital ausgestattete Schweizer App-Anbieter Knip bezeichnet die Vorwürfe in einem offenen Brief von Gründer und CEO Dennis Just als “haltlos” und stellt in einer polemischen Zuspitzung fest, dass “rein vertriebsorientierte und technologieferne Anbieter wie ihr mit dem Rücken zur Wand stehen.”Die Debatte zeigt, wie viel Spannung auf einem bislang eher trägen Markt liegt. Dabei muss sich die alteingesessene Assekuranz sputen, selbst mit Apps den Herausforderern zu begegnen. Dieser Tage häuften sich jedenfalls Meldungen, dass die Konzerne sich in Innovationslaboren einbringen.