Investieren nach dem Assetklassen-Prinzip
Die Märkte funktionieren, Value schlägt Growth, kleine Unternehmen liefern einen Mehrertrag gegenüber großen, eine breite Marktabbildung bietet Risikoschutz. Das ist die Finanzwelt, gesehen durch die Augen der Wissenschaft. Danach zu investieren ist einfach und erscheint manch einem Anleger langweilig – es ist aber erfolgreich.Dass es kaum ein aktiver Manager schafft, seinen Index zu schlagen, ist durch viele Studien hinreichend nachgewiesen. Zudem kostet aktives Management Geld, wodurch die Investoren-Rendite geschmälert wird. Dagegen steht ein wissenschaftliches Modell des Investierens, das nicht auf Spekulation, sondern auf akademischer Kapitalmarktforschung beruht: Investieren nach dem Assetklassen-Prinzip. Rendite wird dabei getrieben durch die Portfoliostruktur anstatt durch die subjektive Einschätzung eines aktiven Managers. Famas MarkteffizienztheorieAuf allen Märkten weltweit lässt sich historisch belegen, dass Investoren für die Bereitstellung von Anlagekapital belohnt werden, in Form von Zins, Dividende und Wertzuwachs. Unternehmen wetteifern um dieses Kapital, Millionen von Anlegern suchen nach den attraktivsten Renditen. Dieser Wettbewerb bringt die Preise auf einen fairen Marktwert. Ausnahmen gibt es, sie sind aber immer nur vorübergehend. Langfristig wird an den Märkten sichergestellt, dass kein Investor höhere Renditen erzielen kann, ohne auch höhere Risiken einzugehen. Diese Markteffizienztheorie stellte Eugene Fama von der Universität Chicago schon 1966 auf. Bereits im Jahr zuvor hatte Paul Samuelson vom MIT (Massachusetts Institute of Technology) den Nobelpreis für seine Theorie der Marktpreise erhalten. Oft kostspieliger AnsatzSamuelson zeigte, dass der Marktpreis die beste Einschätzung des Wertes einer Aktie ist. Kursschwankungen folgten lediglich Zufallsmustern, wodurch Aktienkurse nicht vorhersagbar seien. Traditionelle Fondsmanager streben danach, besser als der Marktdurchschnitt abzuschneiden. Das versuchen sie, indem sie sogenannte Preisineffizienzen nutzen und die Zukunft voraussagen wollen. Allzu oft erweist sich dieser Ansatz als kostspielig und nicht erfolgreich. Prognosen liegen falsch und die Manager erzielen nicht einmal die Marktrenditen, weil sie zur falschen Zeit die falschen Wertpapiere halten.Dieser Versuch, der Entwicklung von Kursen ihr Zufallsmoment zu nehmen, ist das Wesen der Spekulation. Die Vergeblichkeit der Spekulation ist wiederum eine gute Nachricht für den Investor. Sie bedeutet, dass Aktienkurse grundsätzlich fair sind und dass andauernde Renditeunterschiede von Portfolien zum größten Teil durch unterschiedliche Risikoexpositionen erklärt werden können. Sicher ist es möglich, eine bessere Performance als der Markt zu erzielen, jedoch nicht ohne ein höheres Risiko einzugehen.Wer kostspieliges Spekulieren ablehnt, kann das Investieren leidenschaftslos und faktenbasiert angehen. Damit stellt sich die Frage, wie das optimale Portfolio aufgebaut werden soll: In welcher Höhe sollen Small- oder Large-Cap-, Value- und Growth-Aktien auf Aktienmärkten in der ganzen Welt eingesetzt werden? Welche Laufzeit- und Ausfallrisiken sollen in festverzinslichen Wertpapieren eingegangen werden?Die Finanzmarktforschung hat die treibenden Kräfte für Investmentrenditen bereits identifiziert. Denn grundsätzlich gilt: Small Caps haben höhere zu erwartende Erträge als Large Caps, Value-Aktien höhere als Growth-Papiere. 1981 hat Dimensional Fund Advisors die erste Investmentstrategie aufgelegt, basierend auf Forschungsergebnissen, die die stärkere Rendite von US-Small-Cap-Aktien dokumentierten. Die zweite Strategie, ein 1983 eingeführtes Kurzläufer-Portfolio aus festverzinslichen Wertpapieren, setzt Eugene Famas Studien über Laufzeitstrukturen um. Später haben eine umfassende Analyse von Marktpreisen und andere Forschungsarbeiten das Repertoire an Strategien verbreitert und neue Standards für das Portfoliodesign gesetzt. Märkte sind VerbündeteZugrunde liegt dabei die Gewissheit, dass sich an den Märkten Geld verdienen lässt, dass die Märkte Verbündete sind, nicht Gegner. Statt zu versuchen, Fehler in den Marktkursen zu finden, werden die Situationen, in denen der Markt recht hat und Anleger für ihren Kapitaleinsatz belohnt werden, genutzt.Die Erfahrungen der Investoren und die gewonnenen wissenschaftlichen Fakten führen zu einer Erkenntnis: Rendite ist der Ertrag aus eingegangenem Risiko. Gewinne lassen sich nur selten erzielen, ohne entsprechende Risiken in Kauf zu nehmen. Nicht alle Risiken bieten jedoch gute Ertragschancen. Die Kapi – Fortsetzung Seite B 12talmarktforschung der vergangenen 50 Jahre hat ein tiefgreifendes Verständnis geschaffen über Risiken, welche es sich einzugehen lohnt, sowie über Risiken, die es nicht wert sind, eingegangen zu werden.Zu erwartende Renditen lassen sich in drei Dimensionen zusammenfassen: Erstens sind Aktien mit größerem Risiko behaftet als Anleihen und haben eine höhere Renditeerwartung. Die relative Wertentwicklung von Aktien hängt von den beiden anderen Dimensionen ab: klein gegenüber groß und Value gegenüber Growth.So erzielten etwa in Europa von 1981 bis 2011 unter den Large Caps die Value-Aktien mit plus 11,46 % im Jahr das größte Plus. Die großen Growth-Aktien erzielten im Schnitt nur 8,20 % pro Jahr, der MSCI-Europa-Index liegt mit plus 9,40 % pro Jahr dazwischen. Noch stärker ist der Unterschied bei den Small Caps: Die Growth-Aktien unter den kleinen Werten schafften gerade einmal 7,69 % pro Jahr im Schnitt, die kleinen Value-Aktien 12,55 % pro Jahr. Damit lassen sie auch die großen Value-Aktien hinter sich. Laufzeit und BonitätDie relative Wertentwicklung in festverzinslichen Wertpapieren wird überwiegend von zwei Dimensionen getrieben: Laufzeit und Bonität. Anleihen mit längeren Laufzeiten sind dem Risiko unerwarteter Zinssatzänderungen ausgeliefert. Anleihen mit niedriger Bonität bergen ein Ausfallrisiko.Die Wissenschaft sieht, dass sich Small Caps und Value-Aktien überdurchschnittlich entwickeln werden, da der Markt das zugrunde liegende Risiko einpreist. Die vergleichsweise niedrigeren Kurse bieten Investoren höhere Renditen als Kompensation für das Risiko. Auf der Rentenseite erhöhen das Verlängern der Restlaufzeiten von Anleihen und das Reduzieren der Bonität die potenziellen Renditen.Mit dieser Erkenntnis können Investoren ein Gesamtprofil des Risiko-Rendite-Verhältnisses für ihre Portfolien planen. Und dabei berücksichtigen, wie groß ihr Engagement sein muss, um ihre Performance-Ziele zu erreichen. Investoren beispielsweise, die auf eine höhere Renditeerwartung aus sind, können ihr Aktienengagement verstärken und dabei ihr Anleiheportfolio im Bereich kurzer Fälligkeiten und besserer Ratings belassen. Alternativ können sie Anleihen mit etwas längeren Restlaufzeiten und schlechteren Ratings übergewichten und bei ihrer Aktiengewichtung bleiben. Hier hat die akademische Forschung den Investmentprozess klarer gemacht, indem sie die relevanten Dimensionen der Performance identifiziert hat. Stichwort DiversifikationErfolgreiches Investieren bedeutet nicht nur das Erfassen aller Risiken, die Renditen erzeugen, sondern auch das Vermeiden der Risiken, die keine Rendite generieren. Vermeidbare Risiken umfassen das Halten zu weniger Wertpapiere, das Wetten auf einzelne Länder oder Industrien, das Folgen von Vorhersagen zur Marktentwicklung und das Verlassen auf Informationen von externen Analysten oder Ratingagenturen. Diversifikation ist ein höchst wirksames Instrument, um all diese Risiken zu vermeiden. Diversifikation verringert den Einfluss von zufälligen Entwicklungen einzelner Wertpapiere und erlaubt es dem Portfolio, die Renditen des Marktes zu realisieren.Üblicherweise machen Investmentmanager nur eine von zwei Sachen: Sie konzentrieren sich auf das Auswählen einzelner Wertpapiere oder sie halten viele Wertpapiere, aber ahmen willkürliche Vergleichsindizes nach. Besser ist ein anderer Weg: Mit Small-Cap-Strategien werden kleinere Aktientitel konsequent genutzt, Value-Strategien fokussieren sich auf Renditen aus Value-Aktien. Festverzinsliche Wertpapierstrategien müssen genau definierte Laufzeit- und Ausfallrisiko-Parameter aufweisen und sich auf erlaubte Toleranzbänder konzentrieren. Das alles sollte über eine Vielzahl von Einzeltiteln umgesetzt werden. So erreichen Investoren eine konsistente Portfoliostruktur.