Investoren halten an klimafreundlichen Investments fest

Trotz Anti-Klimaschutz-Dekret von Trump - Prominente Anleger lassen wachsende Sensibilität für die Thematik erkennen - Green Bonds stehen hoch im Kurs

Investoren halten an klimafreundlichen Investments fest

Dass US-Präsident Donald Trump vom Klimaschutz nichts hält, hat er bereits im Wahlkampf klargemacht. Nun folgen seinen Worten Taten. Ob er trotz hoher rechtlicher Hürden aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen wird, hat er zwar noch nicht angekündigt. Fest steht aber, dass Beschränkungen für Kohle, Öl und Gas fallen sollen.Doch was heißt das für Investoren? Kommen in den USA jetzt die großen Zechen zurück? Werden andere CO2-Großmächte das Trump-Dekret nutzen, ebenfalls den Rückwärtsgang einzulegen? Und können Investoren Klimarisiken in Portfolien künftig einfach ignorieren? Kein gutes SignalNatürlich ist es kein gutes Signal für den Klimaschutz, wenn der weltweit zweitgrößte Treibhausgas-Emittent die Klimaschutzbestimmungen rückgängig macht. Allerdings wird das Trump-Dekret nicht das Ende der Energiewende bedeuten und Investoren keine Absolution bieten, Klimarisiken außer Acht zu lassen.China spielt heute nämlich als mit Abstand größter CO2-Emittent eine wichtigere Rolle als die USA. Präsident Xi Jinping will unabhängig von Trump am Pariser Klimaabkommen festhalten und bis 2020 rund 360 Mrd. US-Dollar in die grüne Energieerzeugung investieren. Zudem ist nicht zu erwarten, dass sich in puncto Klimaschutz fortschrittliche US-Staaten, wie Kalifornien, bei ihren Plänen von Washington ausbremsen lassen. Und selbst die Industrie hat kein Interesse mehr daran, den Klimaschutz zu torpedieren. Sogar Ölkonzerne wie BP, Shell oder Total sprechen sich für eine Steuer auf fossile Energieträger aus und Unternehmen wie ExxonMobil befürworten das Pariser Klimaabkommen – auch weil es Planungssicherheit für lukrative Geschäfte bietet.Zudem räumen selbst die erbittertsten Gegner der Obama-Regulierung ein, dass sich die Zahl der Jobs rund um die fossilen Energien nicht wieder auf das Niveau der siebziger Jahre steigern lässt. Viele Stellen sind dem technischen Fortschritt zum Opfer gefallen, der sich nicht rückgängig machen lässt. Das heißt, heute wird ein größerer Teil der CO2-Reduktionen durch Marktkräfte als durch die Politik herbeigeführt. Entsprechend haben professionelle Investoren längst begonnen, Investitionen aus fossilen Energien abzuziehen.Der Ausstieg prominenter Investoren aus Kohleinvestments belegt die wachsende Sensibilität für das Thema. So investiert die Allianz nicht mehr in Bergbau- und Energieunternehmen, die mehr als 30 % ihres Umsatzes und ihrer Energieerzeugung aus Kohle generieren. Weitere prominente Vorreiter sind die Axa, die Church of Sweden, der Rockefeller Family Fund sowie der Norwegische Staatsfonds. Auch Amundi hat 2016 beschlossen, sich aus Unternehmen zurückzuziehen, die mehr als die Hälfte ihres Umsatzes aus der Kohleförderung erwirtschaften. Zudem investieren wir grundsätzlich nicht mehr in Unternehmen und Emittenten, die im internen ESG-Rating (Environmental, Social, Governance) in der niedrigsten Kategorie abschneiden.Aber nicht nur führende Investoren, sondern auch die zahlreichen NGOs (Non-Governmental Organizations – Nichtregierungsorganisationen) und Initiativen sorgen dafür, dass Klimaaspekte inzwischen Bestandteil des klassischen Risikomanagements sind. Eine dieser Initiativen ist der Montreal Carbon Pledge, bei dem sich rund 130 Investoren mit einem Anlagevermögen von 10 Bill. US-Dollar verpflichten, den ökologischen Fußabdruck ihrer Portfolien zu messen und jährlich zu veröffentlichen.Bemerkenswert ist zudem, dass die 2015 von Amundi, der schwedischen Pensionskasse AP4 und dem Carbon Disclosure Project gegründete Portfolio Decarbonization Coalition ihr Ziel weit übertroffen hat, 100 Mrd. US-Dollar an Anlagegeldern an die Anforderungen einer kohlenstoffarmen Wirtschaft anzupassen. Bis heute hat sich das Dekarbonisierungsvolumen, zu dem sich die 28 Großinvestoren verpflichtet haben, auf über 600 Mrd. US-Dollar mehr als versechsfacht. Interessant ist außerdem, dass im Januar 2017 der New York State Pension Fund, also gerade eine US-Pensionseinrichtung, als neuestes Mitglied der Portfolio Decarbonization Coalition beigetreten ist.Wer klimafreundlich investieren will, sieht sich mit einigen Herausforderungen konfrontiert: Erstens materialisieren sich Klimarisiken längerfristig, während viele Anleger eine eher kurz- bis mittelfristige Perspektive haben. Zweitens erfordert das Management der Risiken eine entsprechende Expertise und drittens gab es bisher kaum skalierbare Anlagelösungen. So ist es für professionelle Investoren in der Regel kaum möglich, CO2-intensive Branchen völlig auszuschließen, da dies eine erhebliche Abweichung zu den gängigen Vergleichsindizes mit sich bringt, an denen die Manager letztlich gemessen werden. Gesucht sind folglich Lösungen, die ein Plus bringen, wenn neue Klimaziele festgeschrieben werden, die aber kurz- und mittelfristig keine Nachteile haben, wenn die Entwicklung schleppend verläuft.Doch wie kann man Aktien gegen Klimarisiken absichern, ohne stark von klassischen Benchmarks abzuweichen? Um diese Frage zu beantworten, haben Amundi, der schwedische Pensionsfonds AP4, der französische FRR und MSCI kooperiert. Das Ergebnis ist eine Low-Carbon-Indexfamilie auf Basis klassischer MSCI-Indizes, die den CO2-Ausstoß und die Stranded Assets in den Fokus nimmt. Hintergrund ist, dass das durch das 2-Grad-Erwärmungsziel limitierte CO2-Budget und das in den bekannten Energiereserven gebundene CO2 in erheblichem Missverhältnis stehen. Für Energiekonzerne heißt das: Ein Großteil der Öl-, Gas- und Kohlereserven sind in den Bilanzen deutlich zu hoch bewertet und abzuschreiben.Durch den Ausschluss besonders belasteter Titel und die Neugewichtung werden CO2-Emissionen und die Intensität fossiler Rohstoffreserven in den Bilanzen mehr als halbiert. Beim MSCI World Carbon Leaders Index werden zum Beispiel die 20 % größten CO2-Emittenten ausgeschlossen, wobei gleichzeitig ein Maximum von 30 % pro Branche nicht überschritten wird. So wird eine zu starke Abweichung vom Standardindex vermieden. Bis zu einem Maximum von 50 % werden zudem Unter-nehmen mit den größten fossilen Rohstoffreserven ausgeschlossen. Trotz der eher längerfristigen Ausrichtung der Low-Carbon-Strategien haben diese bisher eine leicht bessere Wertentwicklung als ihre traditionellen Indizes gebracht. Der Tracking Error zu vergleichbaren Standardindizes liegt unter 1 %.Derzeit arbeitet die Branche intensiv daran, die Kriterien des CO2-Fußabdrucks zu verfeinern oder zu ergänzen. Ansatzpunkte sind zukunftsgerichtete CO2-Daten sowie die stärkere Berücksichtigung von klima- und umweltfreundlichen Unternehmen durch Kennzahlen wie das grüne Exposure, ein ESG-Rating oder vermiedene Emissionen.Amundi managt zudem auch grüne beziehungsweise klimafreundliche Bondstrategien. So ist es möglich, branchenübergreifend Anleihen von Emittenten mit einer überzeugenden Klimastrategie auszuwählen. Daneben können Anleger auch gezielt Emittenten auswählen, die in den Bereichen Green Tech, Energieeffizienz und erneuerbare Energien aktiv sind oder in Green Bonds investieren, mit denen ausschließlich grüne Projekte finanziert werden. Immer wichtiger wird es für Investoren zu wissen, welchen konkreten Nutzen beziehungsweise “Impact” die Green Bonds bringen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass CO2-Daten sowie Informationen zu CO2-Einsparungen verfügbar sind.Green Bonds stehen sowohl bei Emittenten hoch im Kurs, die sich mit ihrem Engagement für umwelt- und klimafreundliche Projekte positionieren und neue Investoren gewinnen wollen, als auch für Anleger, die über entsprechende Fonds einfach und diversifiziert in grüne Projekte investieren möchten. Entsprechend hat sich das Emissionsvolumen von Green Bonds seit 2012 jährlich verdoppelt und belief sich 2016 auf annähernd 100 Mrd. Euro. Mit Blick auf die Zukunft ist von einem weiterhin hohen Wachstum dieses Marktsegments auszugehen.Zudem ist schon jetzt eine breitere Diversifikation der Emittenten zu beobachten, wobei Unternehmen, Entwicklungsbanken und die öffentliche Hand den größten Anteil haben. Seit 2015 ist zudem eine wachsende Bedeutung von Banken zu beobachten. Nachdem die People’s Bank of China zusätzlich zu den im Dezember 2015 veröffentlichten Green Bond Guidelines im Februar 2016 auch die Liberalisierung des heimischen Bondmarkts ankündigte, ist das Emissionsvolumen dort erheblich gestiegen. Investoren in der PflichtImmer mehr werden auch Investoren direkt in die Pflicht genommen. In Frankreich müssen institutionelle Anleger ab diesem Jahr über die Klimaverträglichkeit ihrer Finanzanlagen und ihre Klimastrategien berichten. Schweden ist mit staatlichen Empfehlungen besonders aktiv und die Aufsichtsbehörde der englischen Zentralbank warnt vor potenziellen Haftpflichtrisiken für Verwaltungsräte im Finanz- und Versicherungssektor. Auf dem kommenden G 20-Gipfel in Hamburg will Angela Merkel zudem die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und die Finanzierung der Energiewende zu einem zentralen Thema machen.War Klimawandel lange das Aktionsfeld von Umweltschützern, sollten sich jetzt auch Anleger für die Entwicklungen in diesem Marktsegment interessieren – und zwar nicht nur aus Imagegründen. Mindestens genauso wichtig ist es, dass der Klimawandel neben ökologischen und sozialen erhebliche finanzielle Risiken birgt. Anleger sollten sich also mit Begriffen wie der Kohlenstoffblase oder Stranded Assets vertraut machen, entsprechende Parameter in ihre Modelle einfließen lassen und ihre Anlagestrategie von Klimarisiken befreien.—Frédéric Samama, Deputy Global Head of Institutional and Sovereign Clients bei Amundi, Paris—Gottfried Hörich, General Manager bei Amundi Deutschland, Frankfurt am Main