Iosco verschärft die Gangart

Nichtmitglieder verlieren Einfluss - Cyberkriminalität birgt systemische Risiken

Iosco verschärft die Gangart

gbe Luxemburg – Der Vorstand der internationalen Wertpapieraufsichtsbehörde Iosco sieht sich bei dem Versuch, die Risiken auf den globalen Finanzmärkten zu reduzieren, weiterhin großen Herausforderungen gegenüber. Wie Iosco-Vorstand Greg Medcraft gestern auf der Jahrestagung der Aufseher in Luxemburg sagte, sei es problematisch, dass es nach wie vor keine weltweit einheitlichen Spielregeln für die Finanzmärkte gebe. Daher erhöht die Behörde den Druck auf diejenigen Aufsichtsbehörden, die die Iosco-Regeln noch nicht übernommen haben. Die Vorschriften sind im sogenannten Multilateral Memorandum of Understanding zusammengefasst, das bereits 2002 in Kraft getreten ist. Bislang konnten aber auch Regulierungsbehörden, die es nicht unterzeichnet hatten, Einfluss auf Iosco-Entscheidungen nehmen oder gar Posten bei der Behörde besetzen.Das solle nun beendet werden. “So lange einige Regulierer das Memorandum nicht unterzeichnen, bieten sie potenziell einen sicheren Hafen für Akteure, die sich nicht regelkonform verhalten, und schaffen so Lücken im globalen Regelwerk”, hieß es gestern. Die Iosco halte an ihrem Ziel fest, weltweit einheitliche Spielregeln für die Finanzmärkte aufzustellen. Nur so könnte die Marktintegrität sichergestellt und für Investorenvertrauen gesorgt werden.Künftig dürfen die Nichtunterzeichner keine Kandidaten mehr für Iosco-Positionen aufstellen, im kommenden März sollen zudem alle Iosco-Führungskräfte aus nichtunterzeichnenden Jurisdiktionen zurücktreten. Zweischneidiges SchwertWeitere Risiken für die Stabilität der globalen Finanzmärkte bergen Medcraft zufolge Finanzinnovationen und Internetkriminalität. Letztere hätte das Potenzial, das nächste “Black Swan Event” auszulösen – also ein unvorhergesehenes Ereignis, das massive Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft hätte. Die Iosco werde daher künftig verstärkt nach Möglichkeiten suchen, wie sich Finanzindustrie und Regulierer gegen die virtuelle Gefahr wappnen können. Dabei gelte es zunächst zu ermitteln, wie genau Internetattacken und andere Straftaten das Finanzsystem überhaupt treffen können und welcher Schaden entstehen könnte, sagte Medcraft.Finanzinnovationen hingegen böten Chancen für die Wirtschaft, sofern sie vernünftig – und möglichst einheitlich – reguliert würden. Das gelte sowohl für technische Neuerungen als auch für neue Produkte. Da die Kapitalmärkte immer wichtiger für das Wirtschaftswachstum seien, so Medcraft, seien auch Innovationen grundsätzlich eine gute Sache.Der Iosco sei allerdings vor allem daran gelegen, die langfristige Finanzierung von Investments zu gewährleisten – nicht zuletzt, um kleinere und mittelgroße Unternehmen zu unterstützen. Aber auch im Bereich der Unternehmensanleihen und der Verbriefungen sei ein langfristiges Engagement der Anleger wichtig für stabile Finanzmärkte. Unbekannte KapitalströmeDas sei derzeit gut an den Schwellenländern abzulesen, sagte Medcrafts Stellvertreter Ranjit Ajit Singh. Der Malaysier verwies auf die Probleme, die massive Mittelabflüsse aus den sogenannten Emerging Markets seit Mitte Mai verursacht haben. Seit 2009 seien 4 Bill. Dollar in die Schwellenländer geflossen, 40 % davon aber kurzfristig ausgerichtet gewesen, sagte Singh. Diese Kenntnis habe man aber erst im Nachhinein gehabt, und das sei ein Problem: “Wir wissen nicht genug über die globalen Kapitalflüsse.” Zwar würden die Daten auf nationaler Ebene gesammelt, noch fehle aber eine internationale Aggregation der Zahlen. Das Research-Department der Iosco soll diese Lücke in den kommenden Jahren füllen. Das schaffe mehr Markttransparenz und die “sorge für Investorenvertrauen”, so Singh – das wiederum erforderlich sei, um Anleger dazu zu bringen, langfristig zu investieren. Er ermahnte die Staaten aber gleichzeitig dazu, an ihren Reformbemühungen festzuhalten.Die Bedeutung der Schwellenländer innerhalb der Iosco wird künftig durch zwei zusätzliche Sitze im Board gestärkt, die durch Vertreter der Emerging Markets besetzt werden sollen. Damit sitzen fortan 34 Mitglieder in dem Gremium. “Wir halten diese Struktur für optimal”, sagte Medcraft. Auf diese Weise seien 80 % der weltweiten Märkte repräsentiert und gleichzeitig die nationale Balance gewährleistet.Weitere Bereiche, in denen die Iosco Handlungsbedarf sieht, sind die Verbesserung der Berichtsqualität. Es gebe nach wie vor Staaten, in denen Investoren den Testaten von Wirtschaftsprüfern nicht trauen würden, monierte Medcraft. Auch gelte es, Standards für die Überwachung von Crowd Funding zu entwickeln. Für islamische Finanzprodukte sei bereits ein Leitfaden erstellt worden.