IT-Projekt der Bausparkassen holpert
Im Tagesgeschäft sind die Bausparkassen BHW, Schwäbisch Hall und Wüstenrot Konkurrenten. Sinkende Erträge im Niedrigzinsumfeld und die Digitalisierung haben jedoch dazu geführt, dass die drei Häuser gemeinsam an einem IT-Kernbanksystem arbeiten. Das Projekt kommt allerdings langsamer voran als ursprünglich geplant.Von Isabel Gomez, StuttgartSeit dem Frühjahr 2017 arbeiten die Bausparkassen BHW, Schwäbisch Hall und Wüstenrot gemeinsam an einem IT-Kernbanksystem für das Bauspargeschäft. Dienstleister ist das IT-Haus IBS (Innovative Banking Solutions), das gemeinsam mit den Bausparkassen eine “SAP-basierte Software für das Kernbankgeschäft dieser Institute” entwickelt, aufgeteilt in zwei Module für den Spar- und Kreditbereich. Das Spar-Modul wird federführend von der Postbank-Tochter BHW vorangetrieben, während die genossenschaftliche Schwäbisch Hall die Entwicklung des Kredit-Moduls verantwortet.Laut Schwäbisch Hall sollten die grundlegenden IT-Lösungen für beide Bereiche zum Jahreswechsel 2018/19 fertig sein (vgl. BZ vom 25.11.2017). Dieses Ziel wurde jedoch verfehlt. Wie die Börsen-Zeitung von Insidern erfuhr, droht dem Projekt eine Verzögerung von bis zu zwei Jahren. Demnach rechneten die Bausparkassen zunächst damit, bis 2021 sowohl die Entwicklung und Implementierung abgeschlossen sowie Kundendaten und Bestände auf das neue System migriert zu haben. Dabei sei allerdings der Umfang des Vorhabens unterschätzt worden, heißt es weiter.Die Software IBS-Bass (IBS Building Association Standard Solution), die aus dem Projekt entsteht, wird dringend benötigt. Bisher arbeiten die drei beteiligten Bausparkassen auf über Jahrzehnte gewachsenen IT-Infrastrukturen. Eine Standardsoftware mit vorkonfigurierten Prozessen über den Lebenszyklus eines Bausparvertrages hinweg, wie IBS die geplante Software beschreibt, soll zu mehr Effizienz und geringeren Kosten führen. Bei Wüstenrot soll das System früheren Aussagen zufolge dazu beitragen, die IT-Kosten um bis zu 30 % zu senken.Bei der Entwicklung setzt IBS Vorstandschef Markus Rhein zufolge auf die Kernbankenlösung SAP for Banking. Sie werde durch eigene Lösungen, etwa für die Prozesssteuerung, sowie um zusätzliche Funktionen für das Bauspargeschäft, etwa zur Abbildung von Bauspartarifen oder Zuteilungsplänen, erweitert. Die Software-Lösungen für Bausparkassen bietet IBS auch über Lizenzen am Markt an. Im per 31. März beendeten Geschäftsjahr 2016/17 habe der Lizenzverkauf einer Softwarelösung für Bausparkassen wesentlich zu einer Gewinnsteigerung von 2,5 Mill. Euro auf 4,7 Mill. Euro beigetragen, schreibt das Unternehmen in seinem Jahresabschluss.IBS wollte sich auf Anfrage nicht konkret zu den Zeitverzögerungen äußern. Auch nicht zu den finanziellen Folgen einer Verzögerung für die Beteiligten. Die Produktentwicklung sei auf die Zeitpläne in den individuellen Einführungsprojekten der beteiligten Bausparkassen ausgerichtet, so Rhein. Die Bausparkassen selbst geben dazu unterschiedliche Zeitpläne an. So soll der Teil für das außerkollektive Kreditgeschäft bei Schwäbisch Hall nun im ersten Halbjahr 2019 produktiv gehen, wie die Bausparkasse und IBS bestätigten. BHW rechnet damit, die von ihr verantwortete Software zum Jahreswechsel 2019/20 einführen zu können. Damit befinde man sich innerhalb des selbst gesetzten Zeitrahmens. IBS spricht indes davon, dass 2020 in einem der Institute die Produktivsetzung der Funktionen zur Abwicklung der Sparphase eines Bausparvertrages erfolgen soll.Erst nach 2020, so IBS, folgten die Produktivsetzungen, in denen Spar- und Kreditphase des kollektiven Bauspargeschäfts behandelt würden. Dass bis 2021 alle drei beteiligten Bausparkassen auf dem neuen System arbeiten, ist damit unrealistisch. Wüstenrot zufolge liegt der Fertigstellungsgrad der Standardlösung bei circa 50 %, wobei das System dann noch von den drei Partnern “auf die Hausspezifika hin konfiguriert und integriert werden muss”. Diese Integrations- und Migrationsprojekte würden die Bausparkassen sicherlich noch einige Jahre beschäftigen, so Schwäbisch Hall.Keine der drei Bausparkassen war bisher in ein ähnlich umfangreiches IT-Projekt involviert. Und auch IBS investiert für das Großprojekt in Produkte und Personal. Im Geschäftsjahr 2015/16 steckte IBS rund 1 Mill. Euro in die Weiterentwicklung bestehender und neuer Produkte. Ein maßgeblicher Anteil sei davon auf die Bausparlösung entfallen. Im Folgejahr verdoppelte sich der Aufwand. Während IBS 2014/15 noch 60 Angestellte hatte, waren es zwei Jahre später 76. Die Personalkosten erhöhten sich laut der Bilanzen um knapp 1 Mill. Euro auf 5,8 Mill. Euro. Im jüngsten Jahresabschluss schlägt der IBS-Vorstand vor, den Gewinn “zur Absicherung etwaiger Risiken der Liquidität im Zusammenhang mit einem großen Entwicklungsprojekt im Umfeld Bausparen auf neue Rechnung vorzutragen”.