Italiens Regierungsparteien stellen sich vor Börse Mailand
bl Mailand
Italiens Regierungsparteien haben die Regierung Draghi in einem mit großer parlamentarischer Mehrheit angenommenen Antrag aufgefordert, die Autonomie der Mailänder Börse nach einer Übernahme durch die französisch dominierte Mehrländerbörse Euronext zu wahren. Die Borsa Italiana sei ein „strategisches Asset“, das es zu verteidigen gelte. Die Übernahme stößt auf massive Kritik in Politik, Finanzkreisen und Öffentlichkeit. Es werden Garantien für die Wahrung der Autonomie, Investitionen und eine stärkere personelle Vertretung Italiens bei Euronext gefordert.
Die Regierung will sehr zeitnah zu dem Antrag Stellung nehmen. Wirtschaftsminister Daniele Franco hatte kürzlich erklärt, es sei „opportun, den wirtschaftlichen Interessen Italiens und der Borsa Italiana Rechnung zu tragen“. Die Sorge gilt nicht nur der Börse selbst, sondern auch ihren Tochtergesellschaften, insbesondere der Handelsplattform für Staatstitel MTS. In einem Antrag der oppositionellen Fratelli d’Italia wird die Regierung aufgefordert, die Übernahme notfalls durch ein Veto (Golden Power) zu verhindern. Mehrere Vertreter der Regierungsparteien fordern eine Verlegung des Euronext-Firmensitzes nach Mailand. Sie verweisen darauf, dass die Borsa über ein Drittel zum Euronext-Umsatz beitragen wird, im Personaltableau aber völlig unterrepräsentiert sei und keine zentralen Funktionen im Belpaese angesiedelt seien.
Ex-Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri hatte die Borsa im Oktober 2020 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Euronext zugeschustert, obwohl die Mehrländerbörse mit 4,3 Mrd. Euro deutlich weniger bot als die Schweizer Six und die Deutsche Börse, die zudem ein dezentrales Modell vorschlugen. Die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti sowie die Großbank Intesa Sanpaolo sollen Anteilseigner von Euronext werden.
Die Börsenaufsicht Consob und die Banca d’Italia müssen dem Verkauf zustimmen. Consob sieht Klärungsbedarf und fürchtet, keinen Zugang mehr zu relevanten Daten und Informationen zu haben und die Kontrolle nicht mehr sicherstellen zu können.