Italiens Zahlungsriese Nexi übernimmt Sia

Mit dem Zusammenschluss entsteht ein in Europa führender Konzern mit einem Börsenwert von 15 Mrd. Euro

Italiens Zahlungsriese Nexi übernimmt Sia

Der italienische Zahlungsdienstleister Nexi übernimmt das ebenfalls italienische IT-Unternehmen Sia. Damit entsteht ein europäischer Champion im Bereich der digitalen Zahlungssysteme. Das neue Unternehmen wird zu den größten Börsenwerten Italiens gehören. Auch die Förderbank CDP steht hinter dem Projekt.bl Mailand – Der börsennotierte Zahlungsdienstleister Nexi und das IT-Unternehmen Sia wollen miteinander fusionieren. Eine gemeinsame Absichtserklärung haben beide Konzerne und wesentliche Anteilseigner bereits unterzeichnet, wie die Unternehmen am Montag mitteilten. Damit entsteht nach Angaben der beiden Gesellschaften Europas führendes Unternehmen bei digitalen Zahlungssystemen mit 120 Millionen elektronischen Karten und 21 Milliarden digitalen Transaktionen pro Jahr. Die Aktie der börsennotierten Nexi stieg kurz nach Handelsstart in der Spitze um annähernd 8 % auf 18,19 Euro, ehe der Wert im Tagesverlauf etwas abfiel.Gerüchte über eine etwaige Fusion treiben das Papier seit Monaten. Die Marktkapitalisierung der früheren Cartasi, die als Nexi erst seit April 2019 an der Mailänder Börse notiert ist und mit 9 Euro startete, hat sich seit dem Börsengang auf mehr als 10 Mrd. Euro ungefähr verdoppelt – das fusionierte Unternehmen wird gemessen an aktuellen Marktpreisen mehr als 15 Mrd. Euro auf die Waage bringen und zu den zehn größten Börsenwerten in Italien zählen, wie beide Unternehmen mitteilten.Eine endgültige Vereinbarung zur Fusion wird für den Monat Dezember angestrebt. Formal sollen die Sia-Anteilseigner, die 30 % des Kapitals der neuen Gesellschaft kontrollieren werden, 1,5761 Nexi-Aktien für jedes Sia-Papier erhalten. Auf die Sia-Anteilseigner kommt im Rahmen der Fusion eine Kapitalerhöhung zu. Unterstützung aus RomDer Zusammenschluss ist von der italienischen Regierung stark gefördert worden. Die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP), die direkt oder indirekt etwa 83 % von Sia kontrolliert, wird künftig mit 25 % größter Einzelaktionär an der neuen Gesellschaft sein. Sie entwickelt sich immer mehr zum verlängerten Arm der Regierung, etwa bei der Börse Mailand, der Infrastrukturgesellschaft Atlantia und bisher schon bei der Post, dem Energieversorger Enel und vielen anderen Unternehmen.Vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden wird ein neuer Konzern mit einem Umsatz von 1,8 Mrd. Euro, einem bereinigten Bruttobetriebsergebnis (Ebitda) von 1 Mrd. Euro und einem operativen Cash-flow von 800 Mill. Euro entstehen. Größte Einzelaktionäre nach der CDP werden mit 23 % die Holding Mercury, hinter der die Private-Equity-Gesellschaften Bain, Advent und Clessidra stehen, sowie die italienische Großbank Intesa Sanpaolo sein. Der Streubesitz wird bei 40 % liegen. CEO soll der bisherige Nexi-Chef Paolo Bertoluzzo werden. Sia-Chef Nicola Cordone soll nach der Realisierung des Vorhabens ausscheiden. Im Verwaltungsrat sollen die Sia-Vertreter 5 oder 6 der 13 Sitze erhalten.Der neue Konzern erwartet Synergien von 150 Mill. Euro, davon 100 Mill. Euro durch Kosteneinsparungen. Das Unternehmen wird in 50 Ländern aktiv sein. Nexi hat im März und April wegen der Coronakrise eine Umsatzdelle erlitten. Doch zuletzt erholten sich die Kartenumsätze. Außerdem wurden Kostensenkungen erzielt. Positive Impulse erwarten Beobachter durch die von Rom geplanten Steuersenkungen für digitale Zahlungen und die Deckelung des Limits für Bargeldzahlungen. Damit will die Regierung die Steuerflucht begrenzen.Während Nexi eng mit Intesa Sanpaolo verbandelt ist, die mit 10,2 % auch ein großer Einzelaktionär ist, steht Sia traditionell der anderen italienischen Großbank Unicredit näher. Von ihr übernahm Sia 2016 die Kreditabwicklungssparte Ubis mit 240 Mitarbeitern. Zu den Anteilseignern von Sia, deren Wert mit 4,6 Mrd. Euro angegeben wird, gehört mit einem Anteil von 2,58 % auch die Deutsche Bank.Analysten von Mediobanca Securities sehen in dem Zusammenschluss eine industrielle Logik. Er sei der beste Weg, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können und einen Champion zu schaffen, der über eine stabile finanzielle Infrastruktur verfügt. Die meisten Analysten hatten Nexi deshalb auf “Übergewichten” gesetzt. Das Geschäftsmodell von Zahlungsdienstleistern sieht vor, als Mittler zwischen Händler und Kunden zu garantieren, dass bei elektronischen Zahlungen das Geld auch tatsächlich fließt. Für die Übernahme des Ausfallrisikos erhält der Zahlungsdienst entweder Gebühren je Transaktion oder eine Miete für das sogenannte POS-Gerät.