Japan hofft auf höhere Wachstumsraten
Von Andreas Hippin, LondonSeit der Wiederwahl von Shinzo Abe zum Premierminister im Dezember 2012 haben sich die Kurse am japanischen Aktienmarkt verdoppelt. Dennoch ist das Interesse ausländischer Investoren eher verhalten geblieben. Um das zu ändern, machten sich zahlreiche führende Vertreter des Finanzplatzes Japan auf den Weg zum 7. Japan Securities Summit nach London. Zumindest sie waren zuversichtlich, dass sich das Land dank der “Abenomics” genannten Wirtschaftspolitik der regierenden Liberaldemokraten auf dem Weg aus der Deflation und zurück zur alten Größe befindet. Der stark abwertende Yen und der Ölpreisverfall dürften ihren Beitrag dazu leisten. Bestimmte Teile der Wirtschaft wie der private Konsum, die Investitionstätigkeit und der Export reagierten nicht ganz so schnell auf die lockere Geldpolitik der Bank of Japan wie der Aktienmarkt, räumte Professor Motoshige Itoh vom Graduiertenkolleg der Universität Tokio ein. “Metall lässt sich schnell erhitzen, Wasser zu erhitzen dauert dagegen länger”, bemühte er einen Vergleich aus der Physik. Die Veranstaltung der Japan Securities Dealers Association (JSDA) wurde von der International Capital Market Association unterstützt. Ähnliche ErfahrungenDie Eurozone mache derzeit ähnliche Erfahrungen wie Japan in den 1990er-Jahren, sagte Masatsugu Asakawa, der im Tokioter Finanzministerium die internationalen Themen verantwortet. Die Euro-Krise zeige, dass Reformen des Sozialsystems unumgänglich seien. In Japan wird das Thema spätestens im Sommer wieder auf der Tagesordnung stehen. Denn dann will die Regierung ihre Pläne für die fiskalische Konsolidierung vorlegen. Bis 2020 soll ein Primärüberschuss erwirtschaftet werden. Aus Großbritannien hat Japan die steuerbegünstigten ISA-Sparpläne (Individual Savings Account), die in Japan Nippon ISA (NISA) heißen, und den Stewardship Code übernommen. Im vergangenen Jahr seien mehr als 8,3 Millionen NISA-Konten eröffnet worden, sagte Kazutoshi Inano, Chairman und CEO der JSDA. Der Stewardship Code ist eine Prinzipiensammlung, die vom britischen Financial Reporting Council 2010 an institutionelle Investoren ausgereicht wurde, um diese zu ermuntern, sich im Interesse ihrer Kunden für eine bessere Corporate Governance einzusetzen. Im Februar 2014 legte die japanische Financial Services Agency eine eigene Version vor.Aber auf der Konferenz ging es nicht darum, was Japan von Europa lernen kann. “Die Geschichte sagt uns bereits, dass sich Europa schlechter entwickelt hat als Japan”, sagte Jacques Cailloux, der für die Region zuständige Chefvolkswirt von Nomura. Er belegte dies mit einem Vergleich des Wachstums der Eurozone zwischen dem ersten Quartal 2008 und dem dritten Quartal 2014 mit dem Abschneiden Japans zwischen dem ersten Quartal 1997 und dem dritten Quartal 2003. Wenn sich Investoren für Abenomics interessierten, dann nicht nur aus Interesse an Japan, sondern auch mit Blick auf die Zukunftsaussichten Europas.