Japanische NEC kauft Avaloq

Warburg Pincus und der Gründer trennen sich vom Schweizer IT-Anbieter für knapp 2 Mrd. Euro

Japanische NEC kauft Avaloq

Der Schweizer Banken-IT-Anbieter Avaloq geht an den japanischen IT-Konzern NEC. Umgerechnet fast 2 Mrd. Euro bekommen die Inhaber, Gründer Francisco Fernandez und Mitarbeiter sowie der Finanzinvestor Warburg Pincus. NEC setzt damit auf die verstärkte Digitalisierung von Finanzdienstleistungen.mf/fir Tokio/Frankfurt – Die japanische IT-Gruppe NEC erwirbt für 2,05 Mrd. sfr (1,9 Mrd. Euro) alle Aktien von Avaloq. Der Schweizer Bank-IT-Dienstleister gehört zu 45 % der Beteiligungsgesellschaft Warburg Pincus, die vor drei Jahren 300 Mill. sfr für einen Anteil von 35 % bezahlte. Den Rest besitzen der Gründer Francisco Fernandez sowie Mitarbeiter. Die Übernahme soll bis April 2021 abgeschlossen sein, teilten die Schweizer am Montag mit.NEC-Chef Takashi Niino erklärte die Transaktion mit der Hoffnung auf Synergien. Zum einen wollen die Japaner, die in den 1980er-Jahren der weltgrößte Hersteller von Prozessorchips waren, ihre Verkaufskanäle in Europa für Avaloq einsetzen. Vor anderthalb Jahren hatte NEC die dänische IT-Gruppe KMD für 8 Mrd. dkr (1,1 Mrd. Euro) und davor die britische Northgate Public Services für 475 Mill. Pfund erworben. KI und BlockchainZum anderen will NEC laut Niino ihre Technologien für Blockchain, künstliche Intelligenz (KI) und Gesichtserkennung in die Schweizer Software integrieren und etwa den Datenschutz von Avaloq-Klienten verbessern.Der Aktienkurs von NEC stieg um 2,5 % auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise. Die Gruppe konzentriert sich bei ihrer jüngsten Restrukturierung mit dem Abbau von 3 000 Arbeitsplätzen auf den Vertrieb von Software. Dabei setzen die Japaner auch auf eine verstärkte Digitalisierung von Dienstleistungen im Bankensektor. “Wir erwarten langfristiges Wachstum auf diesem Feld”, erklärte Niino. Finanzvorstand Takayuki Morita begründete den hohen Kaufpreis, der dem rund 20-fachen Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen entspricht, mit der erwarteten Ebitda-Wachstumsrate von 15 % von Avaloq.Die Schweizer Gruppe hatte im Vorjahr bei einem Umsatzplus von 6,4 % auf 609 Mill. sfr aufgrund von Investitionen in Datenzentren einen Verlust von 29,8 Mill. sfr geschrieben. Die New Yorker Private-Equity-Gesellschaft Warburg Pincus hält 45 % an Avaloq, der Rest verteilt sich auf den Verwaltungsratspräsidenten und Gründer Francisco Fernandez sowie auf Mitarbeiter.Die Akquisition werde nicht zu einem Personalabbau bei den rund 2 000 Mitarbeitern führen, hieß es. Avaloq werde künftig als eigenständige Einheit mit Hauptsitz in der Schweiz agieren. “NEC hat sich in die Marke eingekauft. Diese Marke setzt sich fort”, sagte Avaloq-Vorstandsvorsitzender Jürg Hunziker am Montag in einer Pressekonferenz anlässlich der Übernahme. Die Gesellschaft versucht seit Jahren, in Deutschland verstärkt Fuß zu fassen, machte zuletzt aber von der von Pannen gekennzeichneten Umstellung des Kernbankensystems der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apo-Bank) von sich reden. Über das verlängerte Pfingstwochenende stellte die Apo vom IT-Dienstleister der Genossenschaftsgruppe, Fiducia & GAD IT, auf den Schweizer Anbieter Avaloq um, was mit allerlei Problemen verbunden war.Die in Tokio ansässige NEC verfügt den Angaben zufolge über knapp 113 000 Mitarbeiter und Niederlassungen in mehr als 50 Ländern und stößt mit der Akquisition in den Finanzmarkt in Europa vor. Gut 150 Banken und Vermögensverwalter in 30 Ländern verwenden die cloudbasierte Software der Schweizer, darunter Deutsche Bank, Nord/LB, BBVA, HSBC und Barclays, “Durch die Übernahme von Avaloq erwirbt NEC profundes Fachwissen im digitalen Finanzbereich und erschließt dieses Segment weltweit”, heißt es in der Mitteilung. Umgekehrt will Avaloq über NEC neue Märkte erschließen. Zudem wolle Avaloq als Anbieter von digitalen Lösungen für Vermögensverwalter dazu beitragen, derlei Dienstleistungen auch auf “zahlungskräftige Massenanleger” auszudehnen. “Damit eröffnet sich für Privatbanken und Vermögensverwalter weltweit ein hochattraktives Segment neuer Kunden.” Forschung in HeidelbergNEC ist auch mit Forschungszentren in Deutschland präsent, so etwa in Heidelberg. Dort arbeitet die 1997 gegründete NEC Laboratories Europe GmbH nach eigenen Angaben an Entwicklungen in künstlicher Intelligenz, Blockchain-Technologie, Cybersicherheit und Internet der Dinge, um die Technologien für die Geschäftsbereiche und die rund 300 Tochtergesellschaften von NEC nutzbar zu machen.