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Japans Notenbankchef Kuroda beginnt schwierige zweite Amtszeit

Von Martin Fritz, Tokio Börsen-Zeitung, 10.4.2018 Als erster Gouverneur der Bank of Japan seit 1961 hat Haruhiko Kuroda am Montag eine zweite Amtszeit begonnen. Darum beneidet in Japan den 73-jährigen ehemaligen Chef der Asiatischen...

Japans Notenbankchef Kuroda beginnt schwierige zweite Amtszeit

Von Martin Fritz, TokioAls erster Gouverneur der Bank of Japan seit 1961 hat Haruhiko Kuroda am Montag eine zweite Amtszeit begonnen. Darum beneidet in Japan den 73-jährigen ehemaligen Chef der Asiatischen Entwicklungsbank jedoch fast niemand, weil sein Inflationsziel von 2 % heute so unerreichbar scheint wie am Anfang seiner ersten Amtszeit im April 2013. Damals hatte Kuroda versprochen, mit einer “quantitativen und qualitativen Lockerung der Geldpolitik” die Deflation in Japan binnen zwei Jahren komplett zu überwinden.Zwar hat Japans Volkswirtschaft seitdem die längste Wachstumsstrecke seit dem Zweiten Weltkrieg absolviert. Die Arbeitslosenrate liegt nahe der Vollbeschäftigung, die Unternehmen erzielen Rekordgewinne, die Kapitalrendite nähert sich einem Allzeithoch und die Aktienkurse haben sich, gemessen am Leitindex Nikkei 225, verdoppelt. Zudem ist fast die Hälfte der Staatsanleihen in die Bilanz der Notenbank gewandert. Auch die Geldsumme hat Kuroda durch seine Wertpapierkäufe wie versprochen mehr als verdoppelt. Selbst die Deflation scheint überwunden: Im Februar stieg die Inflationsrate (ohne frische Lebensmittel) auf +1,0 % zum Vorjahr. Aber die angestrebte Preisrate von 2 % liegt unverändert in weiter Ferne. Laut dem jüngsten Tankan-Bericht der Notenbank gehen die Unternehmen lediglich von einer Preisrate von 1,1 % in drei und auch fünf Jahren aus. Kuroda erklärt dies damit, dass die deflationäre Mentalität tief in den Japanern verankert sei. Nun wartet er darauf, dass der enorme Mangel an Arbeitskräften zu höheren Löhnen führt und dadurch eine Inflationsspirale in Gang setzt. Doch aufgrund der mehrfachen Verschiebung des Inflationsziels auf nun Frühjahr 2019 hat Kuroda am Finanzmarkt stark an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Viele Analysten rechnen inzwischen damit, dass sich Kuroda mit einer Rate von 1 % zufriedengeben könnte. In Erwartung dieser Bewegung spekulieren viele Investoren auf einen stärkeren Yen, falls die Notenbank ihre Zielrendite für die 10-jährige Staatsanleihen erhöht. Anders als während seiner ersten Amtszeit muss Kuroda daher über den Ausstieg sprechen und die Erwartungen der Finanzwelt moderieren. In der vergangenen Woche erklärte Kuroda im Parlament, dass die Notenbank intern bereits über einen Ausstieg diskutiere. Aber ihre Reaktion hänge von den Preisen, der Wirtschaft und den Märkten ab, betonte der Gouverneur. Die Nennung von Einzelheiten sei unangebracht, da sie verwirrend und vorzeitig sei. Zugleich unterstrich er, dass die Inflationsrate noch weit von ihrer Zielrate entfernt sei und der Stimulus daher beibehalten werde. Lockern oder anziehen?Die Diskussion in Japan konzentriert sich unterdessen auf die Frage, ob Kuroda gegen den Willen der Regierung die geldpolitischen Zügel lockern oder anziehen könnte. Die auflagenstärkste Zeitung Yomiuri sprach von einem Test der Unabhängigkeit der Notenbank, die vor zwanzig Jahren im April 1998 gesetzlich verankert wurde. Die Zweifel werden dadurch geschürt, dass Premierminister Shinzo Abe als Folge möglicher Vetternwirtschaft sein Amt verlieren könnte. Dann geriete Kuroda unter politischen Druck, seine Geldpolitik an den Nachfolger anzupassen.