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"Jeder Euro zählt"

Interview mit Ali Masarwah

"Jeder Euro zählt"

Herr Masarwah, immer mehr Deutsche legen in Fonds über regelmäßige Sparpläne an. Ist das empfehlenswert?Ja, auf jeden Fall. Zum einen sind Sparpläne für viele Anleger die einzige Möglichkeit, langfristig Kapital zu bilden. Die meisten haben in jungen Jahren nun einmal keine Million Euro auf dem Konto. Und sich an den Kapitalmärkten zu engagieren, ist eine Notwendigkeit, da die gesetzliche Rente im Alter nicht ausreichen dürfte, das Lebensniveau der Anleger zu halten. Was sind die Vorteile von Sparplänen?Es ist zunächst einfach. Mit monatlichen Raten Geld zurückzulegen, kann fast jeder, 50 Euro gehen eigentlich immer. Verhaltenspsychologisch ist ein Sparplan auch von Vorteil – jeden Monat quasi automatisch Geld zurückzulegen, bringt die nötige Disziplin mit sich; im Vergleich zur Einmalanlage birgt er auch nicht die Gefahr des prozyklischen Investierens. Eine Anlage über Fonds bietet außerdem den Zugang zu einer diversifizierten Anlage. Einen großen Vorteil, insbesondere im Vergleich zu vielen Lebensversicherungen, stellt die hohe Flexibilität von Fondssparplänen dar. In Notlagen auszusetzen oder Geld zu entnehmen, ist immer möglich.Gibt es Nachteile?Über Fondssparpläne erlangt der Anleger Zugang zum Kapitalmarkt. Er ist damit auch den Risiken der Kapitalmärkte ausgesetzt. Wer in der falschen Dekade unterwegs ist, erzielt niedrigere Renditen, egal, ob er ratierlich spart oder eine Einmalanlage tätigt.Ab welchem Betrag machen Sparpläne Sinn? Je mehr Geld man entbehren kann, desto besser. Jeder Euro zählt.Wie lange sollten Sparpläne laufen?Wenn man Geld übrig hat, so lange wie möglich. Und so früh wie möglich mit dem Sparen beginnen! Ein langfristiger Horizont ist entscheidend für einen erfolgreichen Kapitalaufbau.Sind Sparpläne gut geeignet für die Anlage vermögenswirksamer Leistungen?Ja, wenn der Arbeitgeber und vielleicht noch der Staat Geld dazugibt, ist das eine lukrative Angelegenheit. Staatliche Zulagen werden nur für Aktienfonds gezahlt, dies gilt es für Zulagenberechtigte zu beachten.Welche Assetklassen eignen sich besonders gut für Sparpläne?Aktien stehen schlechthin für den langfristigen Vermögensaufbau, sie erzielen über die Jahre die höchsten Renditen. Aufgrund der niedrigen Zinsen dürfen bei Anleihen die Renditen der Vergangenheit nicht fortgeschrieben werden. Gleichwohl ist eine Diversifizierung mit Renten- oder Immobilienfonds im Portfoliokontext essenziell. Sollten Anleger bei langfristigen Sparplänen aktive Aktienfonds oder passive kostengünstige ETF bevorzugen?Bei sehr langfristigen Sparvorgängen sind niedrige Kosten entscheidend. Zudem besteht bei aktiven Fonds über die Jahre stets das Risiko, dass ein zunächst überdurchschnittlich gutes Produkt sich nicht mehr so gut entwickelt. Es gibt so etwas wie einen Fondszyklus, auch können erfolgreiche Teams ihren Arbeitgeber wechseln. Vor diesem Hintergrund hat das langfristige Sparen über passive Indexfonds viel Charme. Und es ist eine effiziente Art, systematisch die Aktienprämien zu vereinnahmen.Bei aktiven Fonds sind die Performanceunterschiede erheblich. Wie erkenne ich gute aktive Produkte?Neben der Analyse der Gründe für die in den vergangenen Jahren erzielte Performance gilt es die Erfahrung des Fondsmanagers, seine Einbettung im Team, Solidität der Fondsgesellschaft, Robustheit des Investmentansatzes zu beachten sowie die Frage, inwieweit ein Fonds Zyklen ausgesetzt ist.Welcher Aktienindex ist bei ETF-Sparplänen sinnvoll?Der MSCI World ist breit gestreut, nur enthält er zu rund 60 % US-Aktien, das sollte man wissen. Auch diversifizierte europäische Indizes wie der Stoxx Europe 600 oder der Euro Stoxx sind für Sparpläne gut geeignet.Wie wichtig sind eine breite Streuung oder das Aktiensegment?Im Portfoliokontext ist eine breite Streuung des Kapitals, auch über verschiedene Assetklassen, sehr wichtig. Davor muss der Anleger aber eine Finanzplanung machen, einen Kassensturz. Für seine Gesamtbilanz müssen auch Immobilien und Lebensversicherungen mit einbezogen werden und auch eine Analyse des Berufsrisikos des Anlegers. Ein Banker muss vermutlich mehr Bonds kaufen als ein Beamter, der eine Anstellung auf Lebenszeit sicher hat. Auf welche Kosten gilt es zu achten?Die laufenden Kosten eines Fonds sollten nicht zu hoch sein. Auch Performance Fees können den langfristigen Wertzuwachs drücken. Anleger sollten auch nicht länger bereit sein, Ausgabeaufschläge zu berappen. Das Agio ist out, es gibt viele Quellen für ausgabeaufschlägefreie Sparpläne, da lohnt sich die Recherche!Was müssen Sparer beim Ausstieg bzw. Verkauf beachten?Dieser Aspekt wird häufig zu wenig beachtet. Um Risiken zu begrenzen, ist gerade bei Aktienfonds ein Ablaufmanagement notwendig. Anleger sollten also, je nach persönlichem Portfolio, gegen Ende des Sparplans den schrittweisen Ausstieg aus Aktien planen.Ali Masarwah, Analyst bei Morningstar