Jeder Vierte käme ohne Bargeld aus
Bargeld verliert an Rückhalt. Jeder vierte Bundesbürger befürwortet, dass Münzen und Scheine im Alltag verschwinden – zugunsten digitaler Zahlverfahren, zeigt eine Umfrage. Kurioses Ergebnis: Ausgerechnet junge Menschen, angeblich “Digital Natives”, blicken häufig skeptisch auf die neue Technik.jsc Frankfurt – Angesichts der zunehmenden Verbreitung mobiler Bezahllösungen würde es ein Viertel der Deutschen begrüßen, “wenn es kein Bargeld mehr gäbe”. Laut einer Umfrage der Postbank finden 26 % der Befragten die Vorstellung “gut” oder “sehr gut”, nachdem sie in der Fragestellung auf das Mobile Payment aufmerksam gemacht wurden. Mittlerweile nutzt bereits ein Drittel der Menschen diese Zahlungsdienste, sei es mit der Bank- oder Kreditkarte, sei es mit einem Mobiltelefon oder einer Armbanduhr. Die Zahl der als “Verweigerer” bezeichneten Befragten, die diese Dienste weder nutzen noch ihren Einsatz planen, rutscht hingegen innerhalb eines Jahres von 61 auf 47 % ab. Insgesamt nimmt die Geschwindigkeit der Veränderung zu (siehe Grafik). “Mobiles Bezahlen ist nicht mehr aufzuhalten”, sagt Thomas Brosch, Chief Digital Officer der Postbank.Dabei zeigt die Umfrage unter 3 126 Deutschen im März ein differenziertes Bild: Wie zu erwarten, sind es gerade jüngere Menschen, die mobil bezahlen – doch zugleich äußert die Generation, in der Umfrage klischeehaft als “Digital Natives” bezeichnet, auch öfter Sorgen über die Sicherheit. 61 % der Personen unter 40 Jahren fürchtet, dass Gerät oder Karte entwendet werden könnten. Die Gruppe der älteren Befragten kommt hier auf 49 %. Auch werden jüngere Menschen den Angaben nach seltener durch ihre Bank informiert und geben häufiger an, sich nicht mit den Möglichkeiten der Technik auszukennen. Zudem erklären junge Menschen viel öfter, dass sich mobiles Bezahlen im Bekanntenkreis noch nicht verbreitet habe. Land der Münzen und ScheineIm Gegensatz zum Ausland dominiert in Deutschland aber das Bargeld. Drei Viertel aller Transaktionen erfolgten in Münzen oder Scheinen, wie die EZB im Herbst vergangenen Jahres noch für 2017 aufschlüsselte. Damit findet sich die Bundesrepublik ungefähr auf einer Höhe mit der Schweiz. In den Niederlanden und Großbritannien und vor allem in Dänemark und Schweden läuft nur eine Minderheit der Transaktionen in bar ab. Ein Vergleich ist wegen unterschiedlicher Methoden nicht exakt, die Tendenz aber ist deutlich.Auch die Postbank hebt die Rolle des Bargelds hervor: Wesentliche Aufgabe des Instituts bleibe die Versorgung der Kunden mit Bargeld, sagte Susanne Klöß, die im Vorstand der Deutsche-Bank-Sparte DB Privat- und Firmenkundenbank für das Privatkundengeschäft der Postbank verantwortlich ist, im Mai auf dem Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung. Zwar wachse der Anteil neuer Technologien im Zahlungsverkehr, “aber viel weniger als von den meisten prognostiziert”. Auch Digitalchef Brosch sieht eine “vergleichsweise langsame” Entwicklung und eine “Verunsicherung der Bundesbürger”.Unter den mobilen Zahlungsdiensten für Smartphones dominiert mit Abstand der US-Riese Paypal. Auf Anklang stoßen aber auch die Angebote von Google und Apple, des Einzelhandel-Bonussystems Payback sowie Anwendungen bestimmter Banken. Gleichwohl halten die meisten Befragten am Bargeld fest. Denn während ein Viertel eine Welt ohne Münzen und Scheine befürwortet, stößt die Vorstellung bei allen anderen zumindest teilweise auf Ablehnung. “Gar nicht gut” finden immerhin 50 % die Vorstellung, dass Bargeld verschwindet – annähernd so viele wie im Vorjahr.