John Cryan verschärft den Ton
John Cryan redet als neuer starker Mann bei der Deutschen Bank Klartext: Die Zeit des Durchwurschtelns ist vorbei, es kommt zu empfindlichen Einschnitten in die Struktur des Instituts, was reichlich Arbeitsplätze kosten dürfte. Zudem wird die Bilanzsteuerung intensiviert.bg Frankfurt – Co-Vorstandschef John Cryan hat die Belegschaft der Deutschen Bank mit Veröffentlichung der Quartalszahlen auf harte Einschnitte eingestellt. In einer E-Mail wendete er sich an die 98 000 Beschäftigten und kündigte “eine Reihe wichtiger Veränderungen” noch für dieses Jahr an. “Veränderungen können belastend sein, aber den Status quo beizubehalten ist keine Option”, schreibt Cryan. Auf diesem Niveau seien die Kosten “einfach inakzeptabel”, legte Cryan bei früherer Kritik nach. Dies sei “ein verschwenderischer Umgang mit unseren hart verdienten Erträgen”, heißt es in Anspielung auf das 17-prozentige Ertragsplus im zweiten Quartal.Damit stimmt Cryan auch den Kapitalmarkt auf den Abbau Tausender Stellen ein. Die Aussicht auf ein reinigendes Gewitter mit Umsetzung der Strategie 2020 sowie erkennbare operative Fortschritte ließen die Deutsche-Bank-Aktie um 5,3 % auf 31,85 Euro klettern. Damit wurde ein Dreimonatshoch markiert. Analysten rechnen damit, dass bereits im zweiten Halbjahr hoher Aufwand für die Restrukturierung verbucht wird. Details zur Strategie wird Cryan im Oktober vorstellen, so dass im vierten Quartal mit Präzisierung der Maßnahmen Rückstellungen vorzunehmen wären.Angesichts des von Cryan verschärften Tons dürfte einiges an kurzfristigen Belastungen zusammenkommen. Bekannt ist, dass im Privatkundengeschäft rund 200 Filialen geschlossen sowie die verbliebenen Außenstellen modernisiert werden sollen. Außerdem wird sich der Konzern aus einigen Auslandmärkten zurückziehen, während gleichzeitig zum Beispiel ein erhöhter personeller Aufwand für den Aufbau einer Holding Company in den USA betrieben wird. Auch im zweiten Quartal fielen höhere Personalkosten an.Das wurmt Cryan, der die Herausforderungen deutlich benennt: “Inakzeptabel hohe Kosten, anhaltend hohe Belastungen aus Rechtsstreitigkeiten, zu bilanzintensive Geschäfte und insgesamt eine Rendite für unsere Aktionäre, die zu niedrig ist.” Diese Themen müsse der Konzern nun angehen, das sei auch “keine Frage der Strategie”, polterte der Brite. Die Strategie 2020 baue auf den Stärken der Deutschen Bank auf, und daran halte man fest.Allerdings müsse die Bank bei der Umsetzung effizienter werden. “Wir müssen alle Länder, Geschäftsfelder, Produkte und Geschäftsbeziehungen, die ökonomisch nicht vertretbar sind, kritisch betrachten.” Die Reduktion der Bilanzsumme soll bewerkstelligt werden, “indem wir die vielen Aktiva mit geringen Erträgen abbauen”. Angepeilt wird allein im Investment Banking ein Abbauvolumen, das die Bilanz netto um 130 bis 150 Mrd. Euro entlasten soll. Im zweiten Quartal wurde das Derivatevolumen bereits um 54 Mrd. Euro eingedampft, allerdings kam dies vor allem durch Zinsbewegungen sowie durch Auslaufen von Positionen zustande und nicht durch aktiven Abbau. Weiteres Deleveraging soll durch den Verkauf der Postbank erfolgen, was die Bilanzsumme um 140 Mrd. Euro verkürzen würde. “Indem wir unsere Bilanz besser managen, können wir Wachstumskapazitäten freisetzen”, sagt Cryan.Um bei der Leverage Ratio das mittelfristige Ziel von 5 % (3,6 % zur Jahresmitte) zu erreichen, müsste parallel das dafür maßgebliche Kapital über einbehaltene Gewinne gestärkt werden, wäre das Leverage Exposure doch immer noch 100 Mrd. Euro zu hoch. Mit einer harten Kernkapitalquote von 11,4 % steht die Deutsche Bank zur Jahresmitte gut da, obwohl auf Geheiß der EZB-Bankenaufsicht zum Halbjahr bereits 1,2 Mrd. Euro für Dividendenabgrenzung und AT1-Kupons reserviert wurden. Die Aufsicht hat festgelegt, dass Banken sich nicht mehr an ihren individuellen Ausschüttungsplänen orientieren, sondern den Durchschnitt ihrer Ausschüttungsquote der vergangenen drei Jahre zeitnah abgrenzen müssen – und bei der Deutschen Bank wurden 89 % des Überschusses ausgekehrt.Erheblicher Gegenwind für die Kapitalquote ergibt sich aus verschärften regulatorischen Vorschriften. CFO Marcus Schenck rechnet mit einem Abschmelzen des anrechenbaren Kapitals um 1,5 bis 2 Mrd. Euro. Bislang stehen hier 47,4 Mrd. Euro zu Buche. Da saisonal ein schwächeres zweites Halbjahr sowie Rückstellungen für den Umbau plus zusätzliche Kosten aus Rechtsstreiten und außerdem wieder steigende Risikoaktiva (siehe Grafik) drohen, könnte die Kernkapitalquote unter 11 % fallen.Dass die Deutsche Bank angesichts der vielen belastenden Sonderfaktoren hinter ihren eigenen Möglichkeiten zurückbleibt, bringt Cryan auf die Palme. Auch das mehr als verdreifachte Quartalsergebnis von 818 Mill. Euro liege “nicht annähernd da, wo wir sein sollten”. Schließlich sei die Deutsche Bank “ein Institut ersten Ranges”, und die Konzernführung fühle sich “verpflichtet sicherzustellen, dass unser Finanzergebnis diese grundlegenden Stärken widerspiegelt”.