Juli bis Dezember
JULI16 deutsche Finanzinstitute verpflichten sich, ihre Kredit- und Anlageportfolios nach den Zielen des Pariser Klimaabkommens auszurichten. Messmethoden sollen dafür bis Ende 2022 stehen. Wiederum 16 Institute, diesmal Großbanken Europas, starten die Zahlungsinitiative “European Payment Initiative” (EPI), die auf einen einheitlichen Rahmen für Zahlungsarten per Karte, digitaler Wallet, In-Store-Käufe, Online, Peer-to-Peer-Zahlungen und Barabhebungen zielt. Lemonade feiert am 2. Juli mit einem Kurssprung von 72 % ein fulminantes Debüt an der Wall Street, womit das Versicherungs-Start-up mit 2,75 Mrd. Dollar bewertet wird. Die Commerzbank will mehr als die Hälfte ihrer 1 000 Filialen schließen und knapp 10 000 von 32 800 Stellen streichen, wie verlautet. Die Deutsche Bank entscheidet sich bei der Auswahl eines Cloud-Anbieters für Google. Auch die Sparkassengruppe geht in die Cloud: Finanz Informatik und deren Tochter FI-TS arbeiten dafür mit Google zusammen. Die Commerzbank fährt dagegen zweigleisig und nutzt sowohl das Angebot von Google als auch von Microsoft. Die Ratingagentur S&P rechnet weltweit mit riesigen Kreditausfällen von 2,1 Bill. Dollar, davon allein 2020 rund 1,3 Bill. Dollar. Der Anleihehandel rettet J.P. Morgan Chase und Citigroup, doch inklusive Wells Fargo stellen die drei US-Banken im zweiten Quartal insgesamt 28 Mrd. Dollar für notleidende Kredite zurück. Goldman Sachs einigt sich am 24. Juli mit der Regierung von Malaysia auf einen außergerichtlichen Vergleich von bis zu 3,9 Mrd. Dollar wegen der Verwicklung in den Skandalfonds 1MDB. Dafür wird Goldman im Oktober auch noch zu einer Strafzahlung von mehr als 2,9 Mrd. Dollar an das US-Justizministerium und andere internationale Behörden verdonnert.AUGUSTDie nach zwei Dekaden komplett überarbeitete Ausbildungsverordnung für Bankkaufleute tritt zum 1. August in Kraft. Die Preise für Gewerbeimmobilien in Deutschland sind laut Verband deutscher Pfandbriefbanken im zweiten Quartal im Vergleich zum Startquartal um 0,3 % gefallen und damit erstmals seit Anfang 2012. Das Bundesfinanzministerium legt am 11. August seinen Gesetzentwurf zur Einführung von elektronischen Wertpapieren vor. Die Schäden von 5 Mrd. bis 10 Mrd. Dollar durch die verheerende Explosion im Hafen von Beirut am 4. August sind nur zu 30 % gedeckt, wie der libanesische Versichererverband schätzt. Das würde für die weltweite Assekuranz 1,5 bis 3 Mrd. Dollar bedeuten. Weltweit stiegen die Schäden aus Naturkatastrophen laut Swiss Re im ersten Halbjahr auf 75 (54) Mrd. Dollar. Die Commerzbank zieht angekündigte Filialschließungen zeitlich vor und öffnet 200 wegen der Coronakrise geschlossene Filialen nicht mehr. Von den danach noch 800 Filialen sind derzeit nur 460 offen. Weil Großanleger in der Coronakrise auf Geld angewiesen waren, verzeichneten Spezialfonds für institutionelle Investoren im zweiten Quartal laut BVI nur noch einen Absatz von netto 605 Mill. Euro, nachdem im Startquartal mit Zuflüssen von 32,7 Mrd. Euro noch der stärkste Jahresauftakt seit 2015 erreicht worden war.SEPTEMBERUnion Investment wird am 3. September von einem Insiderskandal erschüttert. Ein Fondsmanager soll durch illegale Insidergeschäfte mehr als 9 Mill. Euro Gewinn erzielt haben. Jane Fraser wird erste Vorstandschefin einer großen US-Bank und löst im Februar 2021 Michael Corbat an der Spitze der Citigroup ab. Die BaFin will nach dem Kurssturz der Grenke-Aktien “umfassend” ermitteln, nachdem Viceroy Research schwere Vorwürfe gegen Grenke, darunter den unrealistischer Firmenwerte, erhoben hat. Die BaFin wittert Marktmanipulation und Insiderhandel. Mit weiteren Anschuldigungen und hohen Short-Positionen beschwört Viceroy Research eine Vertrauenskrise um den Leasingspezialisten herauf, der Ende Oktober auf die Attacken mit einem Strategieschwenk reagiert. Der Zahlungsdienstleister Klarna holt sich frisches Geld und verdoppelt damit seine Bewertung innerhalb eines Jahres auf 10 Mrd. Euro; es wird teuerstes Fintech in Europa. Die EU-Kommission legt am 24. September ihre Digital-Finance-Strategie vor, die digitalen Innovationen im Finanzsektor den Weg ebnen soll. Italiens Banken taxieren ihre Kreditausfallrisiken auf 160 Mrd. Euro.OKTOBERDie EU-Kommission regt zur Bewältigung des erwarteten Anstiegs notleidender Kredite ein Netzwerk nationaler Bad Banks an. Die Bundesbank hält den Finanzsektor dank reichlicher Kapitalpolster für steigende Kreditausfälle gerüstet. EZB-Direktor Fabio Panetta warnt vor einer zunehmenden Abhängigkeit von nichteuropäischen Anbietern im digitalen Zahlungsverkehr mit Blick auf den Besitz kritischer Daten oder den Kampf gegen Geldwäsche und Steuerflucht.NOVEMBERDie Commerzbank schließt am 2. November die Übernahme der Comdirect ab, die als Marke erhalten bleibt. Die Coronakrise spaltet die Immobilienmärkte: Häuser werden immer teurer, Einzelhandelsobjekte setzen ihre Talfahrt fort. Wenn Ende 2020 die Übergangsfrist nach dem britischen EU-Austritt endet, dürften Banken eine Bilanzsumme von 675 Mrd. Euro an den Finanzplatz Deutschland übertragen haben, wie die Bundesbank erwartet. Aufseher rechnen im Weiteren mit insgesamt 1 Bill. Euro. Allein J.P. Morgan verlagert 200 Mrd. Dollar Vermögenswerte zur Frankfurter Tochter und könnte dann gemessen am Bilanzvolumen zum sechstgrößten Institut in Deutschland aufsteigen. Am 10. November schaffen Chinas Finanzaufseher ein neues Regulierungsumfeld und erwirken so in letzter Minute einen Stopp des mit 34,5 Mrd. Dollar weltgrößten Börsengangs von Ant Group. Die Aktienerstemission hätte eine Marktkapitalisierung von 315 Mrd. Dollar bedeutet. Gründer Jack Ma hatte Ende Oktober eine Brandrede über Sinn und Unsinn der Regulierung von Fintechs gehalten.DEZEMBERDie DZ Bank entscheidet sich angesichts ausufernder Verluste bei der unter der Schifffahrtskrise leidenden DVB, diese aufs Mutterhaus zu verschmelzen. Die EZB lässt am 15. Dezember Dividendenzahlungen von Banken eingeschränkt zu. Als Konsequenz aus dem Milliardenbetrug bei Wirecard beschließt der Bund einen Gesetzentwurf, um komplexe Firmenkonstrukte stärker zu kontrollieren. Die Commerzbank stellt am 28. Dezember 610 Mill. Euro für Stellenabbau zurück. Zusammengestellt von Karin Böhmert.