Julius Bär soll 153 Mill. sfr zahlen

Zürcher Obergericht revidiert Urteil zu DDR-Vermögen - Rückstellung

Julius Bär soll 153 Mill. sfr zahlen

dz Zürich – Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) scheint in einem seit mehr als 25 Jahre währenden Rechtsstreit mit der vormaligen UBS-Tochterbank Cantrade doch noch ans Ziel zu gelangen. Die BvS fordert von der heutigen Cantrade-Eigentümerin, der Zürcher Vermögensverwaltungsbank Julius Bär, 99 Mill. sfr. Der Betrag wurde bereits 1994 im Rahmen eines Betreibungsverfahrens eingefordert und ist deshalb seither um den Verzugszins von 5 % pro Jahr um weitere 54 Mill. sfr auf 153 Mill. sfr angewachsen. Neues UrteilDas Zürcher Obergericht hat in einem soeben bekanntgewordenen Urteil festgestellt, dass die Bank die offene Rechnung in vollem Umfang begleichen muss. Das Urteil korrigiert einen Beschluss des Gerichts vom 18. April 2018, den die höchste Instanz, das Bundesgericht, im Januar ans Obergericht zur Neubeurteilung zurückgewiesen hatte.Julius Bär bestreitet die Forderung weiterhin und wird diese erneut beim Bundesgericht anfechten. Weil das vorliegende Urteil des Obergerichtes aber keine aufschiebende Wirkung hat, stellt die Bank nun vorsorglich 153 Mill. sfr zurück. Im Fall einer weiteren Niederlage am Bundesgericht werde sie das Geld von der UBS zurückfordern. Diese habe anlässlich des Verkaufes der Bank Cantrade 2005 entsprechende Zusicherungen gemacht, teilt Julius Bär mit. Die BvS macht geltend, dass die Bank Cantrade zwischen 1989 und 1992 Geldbezüge in Höhe der Klagesumme vom Konto einer durch ehemalige DDR-Beamte gegründeten Außenhandelsgesellschaft namens “Novum” zugelassen habe, ohne die wirtschaftliche Berechtigung der Bezügerin ausreichend abzuklären.Bezügerin war die 2012 verstorbene Österreicherin Rudolfine Steindling, die in Wiener Kreisen aufgrund ihres kommunistischen Hintergrundes unter dem Beinamen “rote Fini” bekannt war. Sie war in den 1960er Jahren vom damaligen SED-Regime mit der treuhänderischen Verwaltung von Auslandvermögen der DDR betraut worden.Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung zog sie die auf westlichen Banken deponierten Gelder ab, um sie dem Zugriff des deutschen Staates zu entziehen. Zu den Knackpunkten der Geschichte gehört eine Überweisung von 67 Mill. D-Mark, die 1990 von der DDR-Außenhandelsbank auf das von Steindling betreute Novum-Konto bei Cantrade geflossen war. Die Entflechtung des umfangreichen SED-Vermögens war gerade erst eingeleitet worden. Vor diesem Hintergrund befand das Gericht, dass die Bank spätestens zum Zeitpunkt des Zahlungseinganges am 11. Juni 1990 hätte abklären sollen, ob die Vertretungsbefugnis Steindlings an dem Zürcher Kontovermögen noch gegeben war.Das Argument der Beklagten, die neue Regierung sei schon im Amt gewesen und habe die Geldflüsse selbst überwachen können, verfing bei den Richtern nicht. Die Situation in Deutschland sei in jenen Monaten des Überganges zu unübersichtlich gewesen, als dass man sich auf eine solche Kontrolle hätte verlassen können.Zwar hatten sich das BvS und die “rote Fini” im Januar 2009 auf die Rückzahlung eines Betrages von 106 Mill. Euro geeinigt, die zuvor auf einem Konto Steindlings blockiert worden waren. Doch das Gericht ließ diesen Vergleich als Begleichung der Forderung gegenüber Cantrade nicht gelten, weil sich aus prozessualen Gründen nicht mehr feststellen lasse, inwieweit die getilgten Ansprüche Cantrade oder andere Banken betrafen.