Julius Bär überrascht mit interner CEO-Wahl
dz – Der neue Chef von Julius Bär ist auf dem Schweizer Finanzplatz eine weitgehend unbekannte Größe. Der 48-jährige Schweizer Philipp Rickenbacher sitzt zwar schon seit drei Jahren in der 13-köpfigen Geschäftsleitung der Zürcher Vermögensverwaltungsbank, doch auf der Rechnung hatte ihn mindestens außerhalb des Unternehmens kaum jemand.Das ist verständlich, denn für eine Favoritenrolle sind seine aktuellen Zuständigkeiten für das Geschäft mit externen Vermögensverwaltern und die Wertschriftenverwahrung (Global Custody) schlicht nicht bedeutend genug. Die besseren Chancen hatten Beobachter dem Europa-Chef Yves Robert-Charrue eingeräumt.Jüngst gab es aber auch heftige Spekulationen über eine spektakuläre Besetzung der CEO-Position durch einen externen Kandidaten. Im Vordergrund stand zuletzt der Name Iqbal Khan. Der Spitzenmanager war vergangene Woche überraschend aus der Credit Suisse ausgeschieden, um eine neue Aufgabe außerhalb der Bank anzunehmen. Viele Investoren spekulierten, der frühere Chef des internationalen Vermögensverwaltungsgeschäftes der Großbank könnte die Leitung von Julius Bär übernehmen. Khan genoss in Investorenkreisen einen guten Ruf, zumal er in seiner Abteilung für gute Zahlen gesorgt hatte. Bär-Aktie im MinusDementsprechend enttäuscht reagierte gestern die Börse, als die Anleger Khan von ihrer Liste streichen mussten. Die Julius-Bär-Aktien verloren gegen 5 % ihres Wertes und notierten zum Ende des Tages nur noch knapp über der Marke von 43 sfr.Doch bei Lichte betrachtet, wäre Khan für Julius Bär auch kaum der richtige Mann gewesen. Seit dem Abgang des früheren Chefs Boris Collardi im Herbst 2017 verfolgt die Bank eine “Fokussierungsstrategie”, wie es der Branchenexperte Andreas Venditti von der Bank Vontobel ausdrückt. Unter Collardis Nachfolger Bernhard Hodler hat Julius Bär die Aktivitäten in den Niederlanden abgetreten, die im Zusammenhang mit einer Bestechungsaffäre um den venezolanischen Erdölkonzern PDVSA in die Schlagzeilen geratene Niederlassung in Panama geschlossen und die (schon von Collardi angestoßene) kritische Durchleuchtung der gesamten bestehenden Kundschaft durchgeführt.Vergangene Woche wurde zudem bekannt, dass der Verwaltungsrat ab sofort keine Neugeschäfte mit Risikokunden aus besonders korruptionsgefährdeten Ländern mehr zulassen will. In den ersten vier Monaten des Jahres vermochte Julius Bär die eigenen Erwartungen in ein jährliches Neugeldwachstum von 4 bis 6 % nicht zu erfüllen. Dementsprechend tief sind die Erwartungen für die am 22. Juli zu veröffentlichenden Halbjahreszahlen.Doch der an der Eidgenössischen Technischen Hochschule zum Biologen ausgebildete Rickenbacher bringe auch mit seiner siebenjährigen Erfahrung als McKinsey-Berater genau jene “konzeptionellen Fähigkeiten” mit, die nötig seien, damit die Bank den besonderen Herausforderungen dieser Zeit gerecht werden könne, erklärte ein Sprecher die Wahl. Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher spricht in der Medienmitteilung von “säkularen Veränderungen in der Vermögensverwaltungsbranche”. Darunter sind nicht zuletzt die massiv gestiegenen Anforderungen bezüglich der Qualität der Kundschaft wie auch der massive Investitionsbedarf in Datenmanagement, Technologie und Kommunikation zu verstehen.Rickenbacher ist seit 15 Jahren für Julius Bär tätig. Mit seiner Wahl setzte der Verwaltungsrat ein Zeichen, dass er an der bisherigen Fokussierungsstrategie festhalten will.