Jürgen Fitschen wehrt sich

Co-Chef der Deutschen Bank weicht im Strafprozess von Mitangeklagten ab

Jürgen Fitschen wehrt sich

Im Strafprozess wegen des Vorwurfs von Falschaussagen vor Gericht im Fall Leo Kirch hat der scheidende Co-Konzernchef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, bekräftigt, sich an eine Vorstandssitzung anders zu erinnern als die vier anderen Mitangeklagten. In seiner Befragung durch die Richter griff er die Staatsanwaltschaft verbal an.sck München – Am fünften Verhandlungstag des Strafprozesses um die Deutsche Bank ging das Gericht der Frage nach, ob Co-Chef Jürgen Fitschen die Angaben der anderen Mitangeklagten gedeckt hat, um eine Schadenersatzklage des früheren Medienunternehmers Leo Kirch gegen die Bank abzuschmettern. Fitschen verneinte dies. “Ich habe es nicht für nötig gehalten, abweichende Aussagen detailliert zu besprechen”, sagte er dem Vorsitzenden Richter Peter Noll. Es habe für ihn keinen Anlass gegeben, sich mit der Rechtsabteilung des Instituts abzusprechen. “Ich brauche keine große Belehrung.” Er, so Fitschen, habe nicht darüber nachgedacht, welche Folgen seine Aussage im Zivilprozess vor dem Oberlandesgericht München haben könnte. Der Durchsuchungsbeschluss vom September 2011, auf dessen Grundlage es zu einer Razzia bei der Deutschen Bank gekommen war, sei “unangenehm und unverständlich gewesen”.Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Falschaussagen seiner Kollegen nicht verhindert zu haben, nachdem sich Widersprüche bei ihren Erinnerungen gezeigt haben. Fitschen konterte, dass die Unterschiede in den Aussagen nicht wesentlich gewesen seien. “Wir haben alle das Gleiche gesagt. Nur die Staatsanwaltschaft hat das nicht verstanden.”Im Detail geht es um eine Sitzung des Vorstands der Bank am 29. Januar 2002, auf der die Beteiligten die Lage der hoch verschuldeten Kirch-Gruppe erörtert hatten. Der Medienkonzern hatte seinerzeit ums Überleben gekämpft. Fitschen bekräftigte vor Gericht seine Aussage, dass der Vorstand vor dem Fernsehinterview des damaligen Vorstandschefs Rolf Breuer vereinbart habe, Breuer solle zunächst ein Gespräch mit Kirch führen, um herauszufinden, was dieser wolle. Konsens sei gewesen, danach das weitere Vorgehen zu klären. Nach Angaben der übrigen Angeklagten sollte dieses Gespräch aber erst dann geführt werden, wenn ein anderes Unternehmen in dieser Angelegenheit ein Mandat der Bank anstrebe. Auf diese Weise sollte ein Interessenkonflikt mit dem Kreditkunden Kirch vermieden werden. Damals galt Medienunternehmer Rupert Murdoch als Interessent an großen Teilen der Kirch-Gruppe. Für Fitschen ist diese Abweichung in den Aussagen nicht wesentlich. Entscheidend sei gewesen, dass Breuer Kirch kein Mandat andienen sollte. Kausalität verneintNur wenige Tage nach der Vorstandssitzung stellte Breuer Kirchs Kreditwürdigkeit in einem Interview mit Bloomberg-TV am 3. Februar 2002 in Frage. Vor Gericht gab Fitschen an, die juristischen Folgen, die dieses Interview mit sich brachte, anfangs nicht erkannt zu haben. Die Schwierigkeiten der Kirch-Gruppe seien in den Medien schon längst diskutiert worden. Noll entgegnete, dass es einen Unterschied mache, ob der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank sage, dass Kirch kein Geld mehr habe, oder ein Journalist dies schreibe. Fitschen erklärte, dass aus seiner Sicht keine Kausalität bestanden habe zwischen der Pleite der Kirch-Gruppe und dem Interview von Breuer. Deshalb habe er, so Fitschen, es nicht für möglich gehalten, dass ein Schadenersatzanspruch von Kirch gegenüber der Deutschen Bank bestehen könnte.Nach einem jahrelangen Schadenersatzprozess hatte die beklagte Deutsche Bank den Erben des im Juli 2011 verstorbenen Leo Kirch im vorigen Jahr 925 Mill. Euro gezahlt.Am Sonntag voriger Woche kündigten Fitschen und Co-Chef Anshu Jain ihren Rücktritt an. Neben Fitschen sitzen seine Amtsvorgänger Josef Ackermann und Breuer sowie die früheren Vorstände Clemens Börsig und Tessen von Heydebreck auf der Anklagebank. Der Strafprozess wird am Dienstag fortgesetzt.