NEGATIVZINSEN

Kabarett statt Kabinett

Mit der Nummer können Olaf Scholz (SPD) und Markus Söder (CSU) auftreten. Nicht im Kabinett, sondern im Kabarett. Das Publikum würde sich vor Lachen krümmen. Der Bundesfinanzminister und Bayerns Ministerpräsident prüfen beziehungsweise fordern ein...

Kabarett statt Kabinett

Mit der Nummer können Olaf Scholz (SPD) und Markus Söder (CSU) auftreten. Nicht im Kabinett, sondern im Kabarett. Das Publikum würde sich vor Lachen krümmen. Der Bundesfinanzminister und Bayerns Ministerpräsident prüfen beziehungsweise fordern ein gesetzliches Verbot von Negativzinsen, zumindest für Einlagen bis zu 100 000 Euro. Prüft und fordert wer? Sie haben richtig gelesen: die Profiteure der Negativzinsen und Negativrenditen.”Sparen muss belohnt und darf nicht bestraft werden”, sagt der CSU-Chef. Das unterschreiben wir sofort. Aber bitte auch für Bundes- und Bayernanleihen! Der Staat als Hauptnutznießer der Niedrigzinspolitik der EZB hat allein in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt 368 Mrd. Euro an Schuldzinsen eingespart, während den deutschen Sparern von 2012 – da ging es mit dem Nullzins los – bis 2019 ziemlich genau 300 Mrd. Euro vorenthalten wurden. “Aus Sicht der Sparer wirkt die Niedrigzinspolitik de facto wie eine gigantische Kapitalertragsteuer, die potenzielle Zinserträge der Privaten in staatliche Ersparnisse transformiert, die dann in der Konsequenz wiederum die schwarze Null ermöglichen”, konstatiert der hessisch-thüringische Sparkassenpräsident Gerhard Grandke, ein Parteifreund des Bundesfinanzministers.Dieser Tage lagen erstmals alle Bundespapiere auch am Primärmarkt im negativen Renditebereich. Für Anleihen des Freistaats zahlen Anleger ebenfalls auf der gesamten Laufzeitkurve drauf. Und nun Negativzinsen (der Banken) verbieten? Darauf können nur Politiker kommen. Doch die Realsatire geht noch weiter. Während Söder fordert und Scholz prüft, gibt es das Verbot längst. Das sagen nicht nur Verbraucherschützer. “Das deutsche Zivilrecht kennt keinen Negativzins”, räumt Baden-Württembergs Sparkassenpräsident Peter Schneider ein, der jedoch zugleich eine Klarstellung durch den Gesetzgeber fordert, um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Eben wegen dieser Zweifel gibt es ja “Verwahrentgelte”, “Guthabengebühren” und ähnliche Kreationen, aber die fielen dann sicher unter ein Scholz-Söder’sches Verbot.Marktwirtschaft? Papperlapapp. Staatsdirigismus läuft doch auch bei den Mieten prima. Und die geschundenen Banken und Sparkassen, die man bei absehbarer weiterer Verschärfung der Geldpolitik mit solchen Eingriffen noch näher an den Rand des Abgrunds triebe? Brauchen wir nicht mehr. Einlagen verwaltet künftig die EZB direkt und bucht gleich den erhöhten Negativzins ab. Verboten? Die EZB lässt sich nichts verbieten.