KAGB stellt die Qualitätsfrage bei Sachwertanlagen

Erste Erfahrungen zeigen weitreichende Konsequenzen für Anleger, Fondsinitiatoren und die Verwahrstellen selbst

KAGB stellt die Qualitätsfrage bei Sachwertanlagen

“Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen”, besagt ein chinesisches Sprichwort. Das drückt auch die derzeitigen Denkrichtungen bei alternativen Fonds recht treffend aus. Während die einen Emissionshäuser sich mit der Adaption des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) schwertun, nehmen andere die Änderungen als bewussten Beitrag zur Qualitätssteigerung wahr.Eine deutlich ablehnende Haltung der Neuregelungen kam besonders eindrücklich in einem Gespräch mit einem Unternehmer aus dem Rhein-Main-Gebiet zum Ausdruck. Er plante, für ein Projekt im Bereich alternativer Energien einen geschlossenen Fonds aufzulegen. Insgesamt hatte er bereits Gelder in Höhe von 1,5 Mrd. Euro eingeworben. Keine AkzeptanzEr hatte von den Plänen der Europäischen Union (EU) in Ansätzen gelesen, die Aufgaben und Pflichten der Verwahrstellen zu erweitern, und dass diese künftig zu den Investmententscheidungen ihre Zustimmung geben müssen. Eine Veränderung, die er so nicht zu akzeptieren gewillt war. Er werde sich von einer Verwahrstelle nicht diktieren lassen, wie er das Geld zu investieren habe, schließlich sei er der Experte und wisse dies am besten. In diesem Telefonat manifestierte sich die gesamte Ablehnung eines Einzelunternehmers, die er gegenüber den gesetzlichen Neuregelungen hatte.Dieses Beispiel kann stellvertretend für viele kleinere Emissionshäuser stehen, denen es schwerfällt, die neuen Regeln zu akzeptieren und umzusetzen. Dabei drängte sich die Neuregelung nicht erst durch vereinzelte Skandale im Segment der geschlossenen Fonds geradezu auf, sondern auch, wenn man sich beispielsweise vor Augen führt, dass die Regulierung von Gastronomie-Betrieben vor Inkrafttreten des KAGB strenger war als die von Emissionshäusern, die Hunderte von Millionen Euro verwalten. Die Regulierung des grauen Kapitalmarktes durch das KAGB, die eine starke Qualitätsmarke für alternative Investmentfonds schafft, war überfällig.Ein Großteil der deutschen Fondsinitiatoren hatte sich bereits unter dem Schlagwort “Mittelverwendungskontrolle” freiwillig vor dem KAGB einer Regulierung unterworfen. Nur spricht und schreibt kaum jemand darüber. Dominiert wird die Wahrnehmung vielmehr durch Skandale wie zuletzt bei der S & K-Gruppe. Diese Einzelfälle waren und sind prägend für das Bild der Branche.Mit dem KAGB sind solche Auswüchse nahezu ausgeschlossen und die Grundlagen, das Anlegervertrauen zurückzugewinnen, sind gelegt. Dabei geht es unter anderem um verschärfte Eigenkapitalanforderungen an die Fondsinitiatoren oder um die persönliche Eignung von Geschäftsführern. Einer der wichtigsten Bestandteile aber sind die erweiterten Pflichten der Verwahrstelle. Demnach muss der Fondsinitiator künftig bei jedem Erwerb eines Anlageobjekts der Verwahrstelle Unterlagen wie Verträge, Gutachten oder Registerauszüge zur Prüfung liefern.Der Verwahrstelle obliegt auch das Cash Monitoring, bei dem die Verfügungen bei Fondskonten kontrolliert werden. Darüber hinaus muss sie prüfen, ob die Eigentumssituation bei einem Vermögenswert vor und nach dem An- beziehungsweise Verkauf akzeptabel ist und ob sich die vertragliche Situation nachteilig für die Anleger auswirkt. Weitere Aufgaben sind beispielsweise die Prüfung, ob Nebenabsprachen getroffen wurden, Aspekte existieren, die den Fonds dauerhaft belasten, und ob die Gestaltungsstruktur des Investmentvehikels üblich ist.Auch muss der Verkehrswert der Anlageobjekte, in die ein Fonds investiert, regelmäßig festgestellt werden. Dabei fällt es der Verwahrstelle zu, zu prüfen, ob der Bewertungsrhythmus der Sachwerte eingehalten wird und das Bewertungsverfahren zulässig sowie marktüblich ist. Mit dem KAGB können Emissionshäuser auch erstmalig selbst den Gutachter stellen. Hier obliegt es der Verwahrstelle, die Kompetenz des Gutachters zu beurteilen. Diese Kontrollfunktion existierte zwar auch bereits in ähnlicher Form bei der erwähnten Mittelverwendungskontrolle. Sie war jedoch nicht nur freiwillig, sondern in der Regel war es eine dem Unternehmen nahestehende Person wie beispielsweise der Treuhänder des Emissionshauses, der die Transaktionen prüfte. Interessenkonflikte waren dabei nicht ausgeschlossen. Zudem galt dies meist nur in der ersten Ankaufphase, also in den ersten ein bis zwei Jahren.Für die Verwahrstellen ist das KAGB eine Herausforderung. Denn für eine gründliche Analyse sind Erfahrung, Kompetenz sowie Zeit erforderlich. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an die juristische Beratung, sofern eine Verwahrstelle diesen Pflichten gründlich und korrekt nachkommt. Da sie haftbar gemacht werden kann, trägt sie ein nicht unerhebliches Risiko. Daher werden sich Verwahrstellen ihre Kunden künftig genau aussuchen müssen und dienen folglich auch dem Fondsinitiator als Bestätigung für dessen Qualität.Zwei Typen von Emissionshäusern kristallisieren sich in der Praxis heraus. Die einen haben Depotbanken auch zuvor nicht als Kontrollinstanz wahrgenommen und sehen diese auch jetzt eher als Hemmnis. Da Emissionshäuser durch das Gesetz aber an die Verwahrstellen-Einschätzung gebunden sind, halten diese nach einem kostengünstigen Anbieter Ausschau, welcher geneigt ist, der Einschätzung des Emissionshauses grundsätzlich zu folgen. Ein Vorgehen, das nicht unverständlich ist. Denn unter den Emissionshäusern befinden sich patriarchisch geführte Mittelständler, für die die eigene Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit an oberster Stelle steht. Eine Gesetzesregelung ändert ad hoc nicht das Naturell von Menschen. “Discount-Verwahrer”Die anderen dagegen wollen die Vorgaben der Regulierung möglichst kompetent umsetzen. Diese Emissionshäuser sehen in der Verwahrstelle einen Sparringspartner und eine objektive Instanz, um Fehler zu vermeiden und die eigene Qualität zu steigern. Entsprechend entwickeln sich auch zwei Kategorien von Verwahrstellen: qualitativ hochwertige Dienstleister, die dem “Manufaktur-Prinzip” folgend ihren Kunden einen entsprechenden Service bieten, und “Discount-Verwahrer”, die ihre Dienstleistung zu einem möglichst niedrigen Preis offerieren. Abstriche beim ServiceBei Letzteren müssen Emissionshäuser dann allerdings auch Abstriche beim Service in Kauf nehmen – mitunter mit fatalen Folgen. Man stelle sich vor, ein Emissionshaus will ein Immobilien-Portfolio kaufen, der Notartermin aber muss zwingend Freitagabend um 21.00 Uhr stattfinden. Es kann passieren, dass die “Discount-Verwahrstelle” zu diesem Termin kurzfristig keine Person stellen kann, die inhaltlich Stellung bezieht. Der Notartermin platzt, der Deal kommt drei Tage später zustande – zu deutlich schlechteren Konditionen.Der Einsatz für den Kunden spiegelt also die Kosten der Verwahrstelle wider. Die Emissionshäuser des zweiten Typs zeichnen sich durch professionelles Vorgehen bei ihren Investmententscheidungen aus. Sie begreifen die Verwahrstelle als Experten für die neue Regulierung. Als erste Rückmeldung aus der Praxis kann hier berichtet werden, dass diese Emissionshäuser überwiegend die neuen Regelungen des KAGB begrüßen. Sie sind es auch, die bereits mehrheitlich seit jeher freiwillige Überprüfungen bei der Mittelverwendung zugelassen haben.Allerdings, auch das ist klar, kann weder das neue Gesetz noch die Verwahrstelle Investoren das Investmentrisiko selbst nehmen. Emissionshäusern jedoch bietet das aktuelle Umfeld der anhaltenden Niedrigzinspolitik eine Chance. Denn es macht die Beimischung von Sachwert-Investments in einem Portfolio unverzichtbar. Für die Branche besteht nun die Herausforderung, der Öffentlichkeit und den Investoren zu verdeutlichen, dass Sachwert-Investments reguliert sind. Die Branche selbst ist gefordert, Überzeugungsarbeit zu leisten.Die verschärften Regularien zeigen in der Praxis bereits auch Wirkung. So haben erste Emissionshäuser für neue regulierte Fonds bereits den Markt verlassen. Diese Emittenten konnten das Know-how noch nicht aufbauen. Für sie war die Weiterführung des Geschäftsbetriebs unter dem Gesichtspunkt Aufwand und Ertrag nicht mehr möglich. De facto ist durch das KAGB ein neues Finanzprodukt entstanden, bei dem mit einer qualitativ hochwertigen Verwahrstelle als Garant für Seriosität geworben werden kann. Dass dabei die Kosten für diesen Service über die Fonds an die Anleger weitergegeben werden, sollte nicht unter den Teppich gekehrt werden. Denn es ist der Preis für ein Plus an Sicherheit. Investoren sollten die Verwahrstelle daher bewusst als Gütesiegel verstehen.—Ludger Wibbeke, Leiter Real Assets bei Hauck & Aufhäuser Asset Servicing