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Kapitalgedeckte Altersvorsorge braucht Riester-Standardprodukt

Börsen-Zeitung, 26.3.2020 An diesem Freitag soll es so weit sein: Die Rentenkommission "Verlässlicher Generationenvertrag" will dann ihren lang erwarteten Bericht veröffentlichen. Eingesetzt wurde die Kommission von den Koalitionspartnern, um sich...

Kapitalgedeckte Altersvorsorge braucht Riester-Standardprodukt

An diesem Freitag soll es so weit sein: Die Rentenkommission “Verlässlicher Generationenvertrag” will dann ihren lang erwarteten Bericht veröffentlichen. Eingesetzt wurde die Kommission von den Koalitionspartnern, um sich “mit den Herausforderungen der nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung und der beiden weiteren Rentensäulen ab dem Jahr 2025” zu befassen. Die Weiterentwicklung der Altersvorsorge drängt. Wird und kann die Bundesregierung die verbleibende Zeit der Legislaturperiode nutzen, um notwendige gesetzliche Weichenstellungen vorzunehmen?Handlungsbedarf resultiert vor allem aus zwei Umständen: zum einen unsere kontinuierlich steigende Lebenserwartung. Für sich genommen ein erfreulicher Umstand. Die Chancen und Herausforderungen eines immer längeren Lebens hat die Versicherungswirtschaft mit ihrer Kampagne “Du lebst sieben Jahre länger, als Du denkst” treffend aufgezeigt. Zum anderen gehen ab 2025 die Babyboomer in Rente. Dann stehen immer mehr Rentner immer weniger Beitragszahlern aus den geburtenschwachen Jahrgängen gegenüber.Jede Weiterentwicklung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente muss sich in dem “magischen” Dreieck von Renteneintrittsalter, Rentenniveau und Beitragshöhe bewegen. Ein fairer Lastenausgleich in diesem Dreieck darf das Rentenniveau nicht zu stark absenken und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber nicht über Gebühr mit Rentenbeiträgen belasten. Bleibt als dritte Stellschraube das Renteneintrittsalter, das bis 2031 bereits schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben wird. Die Bundesbank hat im Oktober vergangenen Jahres dafür plädiert, bis 2070 das Rentenalter sukzessive auf gut 69 Jahre zu erhöhen. Wir müssen eine rationale Debatte über eine akzeptable und tragfähige Balance zwischen Lebensarbeitszeit und Ruhestand führen.Eine Politik, die die Altersvorsorge zukunftssicher machen will, kann sich aber nicht allein auf die gesetzliche Rente fokussieren. Angesichts des demografischen Wandels ist eine Ergänzung durch die kapitalgedeckte betriebliche und private Altersversorgung sinnvoll und unverzichtbar: Kommende Generationen von Beitragszahlern können und müssen vor unverhältnismäßigen Beiträgen zur umlagefinanzierten Rente geschützt werden, indem die Rentenbezieher von morgen schon heute ausreichend Kapital für ihr Alter beiseitelegen. An dieser Logik ändern auch die aktuell niedrigen Zinsen nichts. Verlässlichkeit zähltJede Weiterentwicklung in der privaten und betrieblichen Altersvorsorge sollte zudem auch dem im Namen der Rentenkommission zum Ausdruck kommenden Anspruch nach Verlässlichkeit gerecht werden. Altersvorsorge lebt ganz wesentlich davon, dass die Menschen Vertrauen haben – sowohl in die gesetzliche Rente als auch die zweite und dritte Säule. Und Vertrauen lebt ganz wesentlich von Kontinuität, Transparenz und Berechenbarkeit. Schon heute ist die Altersvorsorge sehr komplex und kompliziert. Notwendig sind also keine radikalen Kurswechsel, sondern Vereinfachungen und vernünftige Verbesserungen.Alle Akteure sind sich einig, dass bezüglich der Riester-Rente dringender Handlungsbedarf besteht. Diese ist deutlich besser als ihr Ruf und mit mehr als 16,5 Millionen abgeschlossenen Verträgen zudem eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte. Deshalb lohnt es sich, diesen Pfad fortzuentwickeln – auch im Interesse der Millionen Bürger, die aus guten Gründen der seinerzeitigen Aufforderung der Bundesregierung gefolgt sind, ihre gesetzliche Rente durch eine kapitalgedeckte Komponente zu ergänzen. Riester-Rente vereinfachen Ende 2019 haben die Verbände der Finanzwirtschaft einen Fünf-Punkte-Plan zur Entwicklung eines einfacheren (Riester-)Standardprodukts vorgelegt: Erstens soll das Standardprodukt auf die Kerneigenschaften einer ergänzenden Alterssicherung mit lebenslanger Rente fokussiert werden. Damit wird es weniger komplex, verständlich, transparent und berechenbar. Zweitens soll das Zulagenverfahren durch automatisierte Meldungen der Anbieter deutlich vereinfacht werden; Zulagenkorrekturen und -rückforderungen würden dann der Vergangenheit angehören. Der dritte Punkt betrifft die staatliche Förderung. Schon heute werden im Durchschnitt für jeden eingezahlten Euro circa 50 Cent an Zulagen gezahlt. Diese Förderquote sollte für alle Kunden garantiert werden. Dies macht die Fördersystematik für die Bürger verständlicher und in ihrer Attraktivität sichtbarer. Die Förderung für Geringverdiener und Familien muss dabei erhalten bleiben. Viertens sollte die komplexe Abgrenzung der förderberechtigten Personenkreise entfallen. Stattdessen hätten alle unbeschränkt Steuerpflichtigen, inklusive der Selbstständigen, Zugang zum Standardprodukt. Und schließlich sollte, fünftens, die heutige Zusage der 100-Prozent-Garantie der Brutto-Beiträge angesichts des anhaltenden Niedrigzinses nicht vollständig aufgegeben, aber gelockert werden, um eine chancenreiche Kapitalanlage zu ermöglichen. Gesetzgebung muss starten Mit einem intensiven und konstruktiven Dialog von Politik, Verbraucherschützern und Finanzbranche könnte das Gesetzgebungsverfahren zum Standardprodukt zeitnah und noch rechtzeitig beginnen. Die Ergebnisse der Rentenkommission sollten einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Plan der Regierung zur Schaffung eines (Riester-)Standardprodukts umzusetzen, wie es vor ziemlich genau zwei Jahren bereits von den Regierungsfraktionen im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. “Eine neue Dynamik für Deutschland” versprach der Titel des Vertrags – nun ist eine gute Gelegenheit, diesem Anspruch Taten folgen zu lassen! Dr. Harald Benzing ist Hauptgeschäftsführer des Verbands öffentlicher Versicherer e.V. In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft.——-Harald BenzingDie Riester-Rente mit 16,5 Millionen Verträgen ist eine Erfolgsgeschichte. Es lohnt sich, diesen Pfad der kapitalgedeckten Vorsorge fortzuentwickeln.