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Kartenskandal verfolgt Ex-Bankia-Chef

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 7.10.2014 Die zwei Jahre an der Spitze der spanischen Bankia haben einen schwarzen Fleck im Lebenslauf von Rodrigo Rato hinterlassen. Der frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist in den...

Kartenskandal verfolgt Ex-Bankia-Chef

Von Thilo Schäfer, MadridDie zwei Jahre an der Spitze der spanischen Bankia haben einen schwarzen Fleck im Lebenslauf von Rodrigo Rato hinterlassen. Der frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist in den Skandal um den Missbrauch von heimlich verteilten Kreditkarten für ehemalige Vorstände und Aufsichtsräte der einstigen Pleitebank verwickelt, deren Rettung den Staat 23 Mrd. Euro gekostet hat. Insgesamt 86 Personen hatten von der ehemaligen Caja Madrid, die 2010 mit sechs weiteren Sparkassen zu Bankia fusionierte, Kreditkarten für persönliche Ausgaben bekommen, die dem Finanzamt nicht gemeldet wurden. Zwischen 2003 und 2012 gaben die Begünstigten, darunter Vertreter der drei großen politischen Parteien in Madrid – Konservative, Sozialisten und Vereinigte Linke – sowie Gewerkschafter und Arbeitgebervertreter insgesamt 15 Mill. Euro aus. Schamloser GebrauchDie schwarze Karte der Bank wurde für Restaurantbesuche, Reisen, Kleidung und Einkäufe im Supermarkt gezückt. Fast ein Drittel der 15 Mill. Euro entspricht Abhebungen am Geldautomaten. Während einige der Privilegierten – wie der Vorgänger Ratos an der Spitze von Caja Madrid, Miguel Blesa – fast eine halbe Million über die nicht deklarierte Kreditkarte abrechneten, gab es neun Personen, die gar keinen Gebrauch davon machten. Bei einigen anderen hielt sich der Konsum immerhin in Grenzen.Der Skandal hat in Spanien eine enorme Empörung ausgelöst und reiht sich ein in das Bild der politisch motivierten Misswirtschaft bei den früheren Sparkassen, deren Zusammenbruch maßgeblich die Krise des Finanzsektors in Spanien herbeigeführt hatte. Es laufen derzeit mehrere Gerichtsverfahren gegen Manager der ehemaligen Cajas de Ahorro. Die Affäre um die schwarzen Karten von Bankia hat bis Montag bereits zehn Rücktritte bewirkt, darunter ein Kabinettschef im Finanzministerium und zwei hochrangige Gewerkschaftsführer.Rato hat, wie drei andere ehemalige Vorstände von Bankia, das Geld zurückgezahlt. In seinem Fall beliefen sich die Ausgaben auf knapp 55 000 Euro. Nun wird erwogen, ob bei Ermittlungen über den Absturz der Bank auch der Kartenskandal mit einbezogen wird. Rato wurde in dem Fall Bankia bereits verhört.Als Wirtschaftsminister der konservativen Regierung von José María Aznar (1996 – 2004) verdiente sich Rato viel Anerkennung und Lob für den Beitritt Spaniens zur Währungsunion und den anschließenden Wirtschaftsboom, der letztlich jedoch die Grundlage für die Immobilienblase bildete. Nach dem Sieg der Sozialisten ging der Spanier zum IWF. Mit der Fusion und Verstaatlichung von Bankia 2010 wurde er nach Madrid zurückgeholt und übernahm den Vorsitz der Pleitebank. Doch sein Job endete im Chaos. Im Mai 2012 wurde Rato zum Rücktritt gezwungen. Der Nachfolger José Ignacio Goirigolzarri ließ den Jahresabschluss von 2011 überprüfen. Statt des von Rato ausgewiesenen Gewinns von 300 Mill. Euro stand plötzlich ein Verlust von 19 Mrd. Euro zu Buche. Das erneute Eingreifen durch den Staat löste den Rettungsschirm für Spaniens Banken aus. Das neue Management unter Goirigolzarri, ehemals CEO der Großbank BBVA, beendete den Gebrauch der Karte für die Aufsichtsräte und Vorstände.Die ruhmlose Zeit bei Bankia hat Ratos Image geschadet, aber offenbar nicht seinen beruflichen Möglichkeiten. Er arbeitet als internationaler Berater für Branchenprimus Santander sowie für Telefónica.