LSE/REFINITIV

Katapult

Anders als es die Marktreaktion mit dem Kurssprung der LSE-Aktie vermuten lässt, ist nicht der Londoner Börsenbetreiber der klare Gewinner des Refinitiv-Deals, sondern die Private-Equity-Gesellschaft Blackstone. Deren Kapitaleinsatz bei dem im...

Katapult

Anders als es die Marktreaktion mit dem Kurssprung der LSE-Aktie vermuten lässt, ist nicht der Londoner Börsenbetreiber der klare Gewinner des Refinitiv-Deals, sondern die Private-Equity-Gesellschaft Blackstone. Deren Kapitaleinsatz bei dem im vorigen Jahr als größtem Leveraged Buy-out seit der Finanzkrise gefeierten Carve-out des Finanzdaten- und Terminalgeschäfts von Thomson Reuters dürfte mit einem Gewinn von gut 100 % belohnt werden. Blackstone ist es gelungen, einen gegenüber Wettbewerbern wie Bloomberg ins Hintertreffen geratenen und in weiten Teilen als Restrukturierungsfall angesehenen Datenanbieter aufzuhübschen und – beladen mit 12 Mrd. Dollar Schulden – für 12 Mrd. Pfund in LSE-Aktien zu vergolden. Blackstone hatte vergangenes Jahr zusammen mit anderen Investoren 4 Mrd. Dollar für 55 % an Refinitiv gezahlt, die restlichen 45 % blieben bei Thomson Reuters. Wenn der Deal durchgeht, wird Blackstone 22 % an dem neuen Unternehmen halten, was einem Wert von gut 8 Mrd. Dollar entspräche, Thomson Reuters 15 % im Wert von knapp 6 Mrd. Dollar.Für die LSE ist diese größte Akquisition der Unternehmensgeschichte Risiko und Chance zugleich. Aus einem Marktbetreiber wird ein Finanzdatenanbieter, der mit einer großen finanziellen Hypothek von 13,5 Mrd. Dollar Schulden an den Start geht. Die neue LSE wird auf Jahre mit sich selbst und einem ambitionierten Kostensparprogramm beschäftigt sein. Doch dank ihrer zuletzt stark gestiegenen Akquisitionswährung LSE-Aktie katapultiert sie sich in eine neue geschäftliche Ausrichtung und Dimension. Ob die Landung glückt und das Datengeschäft in der digitalen Welt so stabil und margenstark bleibt wie bisher, darf mit Blick auf die disruptive Finanzbranche in Frage gestellt werden. Aber es ist jene strategische Richtung, in die alle Börsenbetreiber zielen.Auch die Deutsche Börse. Sie wollte ja einen Teil von Refinitiv erwerben, nämlich das Devisenhandelsgeschäft FXall. Daraus wird nun nichts. Börse-Chef Theodor Weimer muss erkennen, dass der deutsche Marktbetreiber für Blackstone nur der Spatz in der Hand war, der nun von der fetten Taube verdrängt wurde. Das ist für die Deutsche Börse ein herber Rückschlag, weil FXall eine sehr passende Ergänzung zur Handelsplattform 360 T gewesen wäre. Aber die Konsolidierung in der Branche wird neue Gelegenheiten eröffnen. Und manchmal sind ja die bei Übernahmen im kartellrechtlichen Genehmigungsprozess abfallenden Brösel auch für Spatzen ein gefundenes Fressen.