Kein Problem mit Rückvergütung an Low-Cost-Broker
mic München
Die Bayerische Börse verteidigt die Rückvergütungen von Marketmakern an Low-Cost- oder Neobroker, wie sie zum Geschäftsmodell auch ihres Handelsplatzes Gettex gehören. Vorstand Andreas Schmidt kennt den Vorwurf, dies führe zu höheren Kosten für den Auftraggeber einer Order. Doch hält er dagegen: „Dies stimmt im deutschen Markt nicht.“ Sein Vorstandskollege Robert Ertl begründet dies mit dem starken Wettbewerb hierzulande auch dann, wenn das Börsenhandelssystem Xetra geschlossen sei: „Wenn der Marketmaker versuchen würde, die Kunden über den Tisch zu ziehen, würden die überhöhten Preise sofort registriert werden, und er würde den Orderflow an andere Handelsplätze verlieren.“
Ausgangspunkt der Debatte ist die Analyse der europäischen Wertpapieraufsicht ESMA, dass die als Payment for Order Flow bekannten Rückvergütungen ein Interessenkonflikt zum Anspruch des Broker-Kunden auf einen bestmöglichen Service beim Wertpapierhandel sein könnten. Eine Kompatibilität mit Mifid II – die Finanzmarktrichtlinie schreibt ein Agieren der Broker im besten Interesse ihrer Kunden vor – sei „in den meisten Fällen“ unwahrscheinlich (vgl. BZ vom 14. Juli). Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kündigte daraufhin Anfang September eine Prüfung an, ob Unternehmen die Anforderungen einhielten. Dabei stehe auch die Werbung im Fokus, erklärte die Aufsicht.
Sie blickt dabei auch auf die Vereinigten Staaten. Der US-Neobroker Robinhood hatte Ende Juni eine Strafzahlung von 70 Mill. Dollar der US-Finanzaufsicht Finra akzeptiert, unter anderem weil den Kunden der Handel von riskanten Optionen erlaubt wurde, obwohl es für diese „nicht angemessen“ gewesen sei. Zuvor musste die Online-Plattform 34 Mill. Dollar an Anleger zurückzahlen, weil sie zum Nachteil ihrer Kunden Modalitäten mit dem Marketmaker vereinbart hatte.
Die US-Börsenaufsicht SEC hat nun darüber hinaus angekündigt, das Payment for Order Flow zu verbieten oder zumindest stark zu regulieren. Robinhood verkauft den Orderflow an große Wall-Street-Adressen und lenkt ihn damit an nur einen OTC-Handelsplatz. In anderen Ländern wie Großbritannien, Australien oder Kanada ist die Praxis bereits verboten.
„Das stimmt einfach nicht“
Gettex dagegen sei ein regulierter Handelsplatz, betont Schmidt. Der entscheidende Punkt aus seiner Sicht ist die Behauptung der Rückvergütungskritiker, dass sich der Marketmaker dann einen breiteren Spread erlaube – also eine höhere Spanne zwischen den Quotes auf der Geld- und Briefseite –, wenn der Hauptmarkt (also in Deutschland Xetra) geschlossen sei.
Schmidt hält dagegen: „Das stimmt einfach nicht.“ Denn hierzulande gebe es auch Wettbewerb, wenn der Hauptmarkt nicht geöffnet sei. Beispielsweise seien dann andere Börsenplätze und die Handelsüberwachungsstellen weiter aktiv. Außerdem könne nicht von verdeckten Provisionszahlungen die Rede sein. Neobroker führten in der Regel direkt auf ihrer Website auf, wie viel Geld der Broker vom Marketmaker pro Orderausführung erhalte. Dies sei transparenter als bei manch anderen angebotenen Finanzprodukten.
Ein weiterer Vorwurf an die neuen Broker: Die Anleger würden mit Gimmicks zum Traden verleitet. Das Stichwort laute Gamification. Ertl dagegen ist sich sicher: „In Deutschland ist dies komplett anders.“ Hierzulande verfolgten Neobroker eine Strategie, die fast das Gegenteil von Gamification sei. Sie versuchten mit Standardprodukten wie Sparplänen, ihren Kunden beim langfristigen Vermögensaufbau zu helfen.