Kein Vorbeikommen an den Emerging Markets

Schwellenländer stehen stark und stabil da

Kein Vorbeikommen an den Emerging Markets

So stabil wie derzeit war das globale Wirtschaftsumfeld selten: Erstmals entwickelt sich die gesamte Weltwirtschaft deutlich positiv. Viele Volkswirtschaften wachsen und der globale Einkaufsmanagerindex deutet auf einen anhaltenden Aufschwung hin. Entsprechend positiv fallen die Prognosen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) aus. Schwellenländer profitieren von der Lage besonders.Sie werden gestützt von internen und externen Entwicklungen: Bedeutendster Treiber ist ihr Rohstoffreichtum. Durch das Anziehen der Produktion in entwickelten Volkswirtschaften steigt die Nachfrage der Industrie nach verschiedenen Metallen und Grundprodukten. Beispielsweise kurbelt der Trend zu Elektrofahrzeugen, der von vielen Regierungen gefördert wird, die Produktion von Autobatterien an, wodurch der Bedarf an Kupfer, Nickel, Zink und Lithium zunimmt. Erhöhte RohstoffpreiseAuch im Zuge von Infrastrukturmaßnahmen werden weltweit mehr Rohstoffe benötigt. Entsprechend sind bereits auf breiter Front die Rohstoffpreise gestiegen. Intern erweist sich die demografische Aufstellung vieler Schwellenländer als förderlich für die Wirtschaft, denn die dortigen “Millennials”, also die Geburtenjahrgänge zwischen 1980 und 1990, wachsen zu zahlungskräftigen Konsumenten heran. In den Schwellenländern selbst steigt zudem der Verbrauch an konventionellen Rohstoffen wie Kohle, Erdöl und Gas. Viele Regierungen haben wichtige Strukturreformen in Gang gesetzt, das steigert die zukünftigen Wachstumschancen.Die Schwellenländer stehen somit insgesamt stark und stabil da. Das gilt auch auf Unternehmensebene: Die Verschuldung von Firmen aus den Schwellenländern ist derzeit wesentlich geringer als die ihrer Mitbewerber aus den Industrieländern. In letzteren sind die Risikoprämien von Anleihen deutlich zurückgegangen, und sie reagieren empfindlich auf Zinsänderungen. In den Schwellenländern nimmt der Verschuldungsgrad dagegen ab, und die Märkte sind für den neuen Anlagezyklus gut aufgestellt. Unternehmensanleihen aus den Emerging Markets weisen nach wie vor attraktive Risikoprämien auf. Besonders lohnend ist in dieser Hinsicht der Blick nach Lateinamerika und Afrika.In Brasilien ist der größte Lieferkettenmanager Júlio Simóes Logistica (JSL) gut positioniert. Mit der Marke Movida hat JSL 2013 mit 2 400 Fahrzeugen den Markt für Fahrzeugvermietung betreten und seither seine Flotte um mehr als den Faktor 25 ausgebaut – auf nunmehr 65 000 Vermietungsfahrzeuge.Die Unternehmensführung schätzte die wirtschaftliche Rezession richtig ein, sodass JSL weiter stabile Erträge und im jüngsten Wirtschaftszyklus neue Kundenabschlüsse erzielen konnte. Damit ist das Unternehmen in der Lage, freie Cash-flows zu generieren und über die nächsten Jahre seine Kreditqualität zu verbessern. Das Management fokussiert sich jetzt darauf, die Profitabilität und den Geschäftswert durch die Verbesserung betrieblicher Kennzahlen zu erhöhen, etwa mittels gesteigerter Effizienzgewinne und Fahrzeugverkäufe. Darüber hinaus ist dank der nach der Rezession immer besser werdenden makroökonomischen Bedingungen in Brasilien ein Schub für das zyklische Logistikgeschäft zu erwarten. Die Rückkehr zu einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dürfte sich für JSL 2017 in einen Volumenzuwachs und bessere Margen übersetzen.Eine zweite interessante Chance eröffnet sich in Argentinien. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 550 Mrd. US-Dollar im Jahr 2016 ist das Land eine der größten Volkswirtschaften Lateinamerikas. Aktuell setzt die Regierung strukturelle Reformen um, die eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung fördern sollen. Die Rückkehr des Landes an die Kapitalmärkte erlaubt wieder öffentliche Anleiheemissionen zu attraktiven Bewertungen, zum Beispiel Kommunalschuldverschreibungen. Auch das Vertrauen der Anleger kehrt zurück, allein 2016 konnte Argentinien 40 Mrd. US-Dollar einsammeln.Ein besonderer Blick lohnt sich auf Tierra del Fuego, die zweitkleinste Provinz Argentiniens: Sie hat im April 2017 Anleihen in Einheiten von 1 000 US-Dollar emittiert, mit einer durchschnittlichen Duration von sechs Jahren und einer Rendite von 9,25 %. Diese sind zusätzlich garantiert durch Förderabgaben der Öl- und Gasproduktion der Region, welche das Vierfache der Zinskosten decken. 2016 wurden Erträge in Höhe von 73,1 Mill. US-Dollar erwirtschaftet, Tendenz steigend.Die erwarteten Umsatzzuwächse senken die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls und stärken die öffentlichen Finanzen. Wie attraktiv Anleihen aus Tierra del Fuego sind, zeigt sich durch die Tatsache, dass die Region bessere Einnahmen als die in puncto Entwicklungsgrad und Möglichkeiten vergleichbare Provinz Chubut vorweisen kann: Die garantierte Rendite liegt um 1,5 % höher. Die ungewöhnlich kleinen Stückelungseinheiten sichern eine hohe Nachfrage, weil sie auch für Kleinanleger interessant sind. Die Provinz hat nach Buenos Aires bereits das zweithöchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, und die Anleiheemissionen werden dafür genutzt, die Infrastruktur als Sonderhandelszone auszubauen – zugleich ein Indiz für noch höhere Anleiheattraktivität in der Zukunft.Gemessen an den gestiegenen Rohstoffpreisen haben viele Unternehmen noch immer recht niedrige Ratings. Es ist anzunehmen, dass die Ratingagenturen viele der in den Jahren 2014 und 2016 herabgestuften Unternehmen bald wieder besser bewerten. Für gegen den Strom schwimmende Anleger heißt dies, dass die geringeren Risikoprämien möglicherweise zusätzliche Kapitalgewinne einbringen. Weil mit der weltweiten Konjunkturerholung die Kreditrisiken und tatsächlichen Zahlungsausfälle im Allgemeinen zurückgehen, deuten auch weitere technische Faktoren auf das Potenzial von HighYield-Unternehmensanleihen hin.Trotz der zunehmenden Zahl neu emittierter Anleihen herrscht am Markt nach wie vor eine vorsichtige Haltung. Nicht alle Unternehmen sind in der Lage, neue Anleihen zu emittieren. Anleger prüfen ihre Anlageideen und -pläne. Weil ein großer Teil der Hochzinsanleihen der Schwellenländer gewöhnlich eine Laufzeit von fünf bis sieben Jahren hat, erreichen viele Anleihen, die in den Jahren 2012 und 2013 emittiert worden sind, in den kommenden zwei Jahren ihre Fälligkeit. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass einige Unternehmen ihre Anleihen kündigen oder zurückkaufen werden, bevor diese auslaufen, und stattdessen Anleihen mit längeren Laufzeiten in Umlauf bringen werden. Im High-Yield-Segment der Schwellenländer lassen sich somit zusätzliche attraktive Renditen generieren.Ferner ist damit zu rechnen, dass neue Unternehmen das Anlageuniversum in den Emerging Markets bereichern werden. Die Summe der ausstehenden Unternehmensanleihen beträgt derzeit 1,94 Bill. US-Dollar. 2017 soll das Neuemissionsvolumen auf über 400 Mrd. US-Dollar steigen. Am attraktivsten ist der Credit Spread bei Anleihen mit “B”- und “BB”-Rating, sowohl gegenüber Industrieländern als auch gegenüber anderen Segmenten der Schwellenländer.Wenn diese positiven Entwicklungen eine neue Hausse nach sich ziehen, könnten die Emerging Markets erst am Anfang dieser Phase stehen. Im weiteren Verlauf dürfte sich das Tempo beschleunigen. Die Chance auf solide positive Renditen hält somit an – vor allem dank der attraktiven Bewertung vieler Unternehmensanleihen im High-Yield-Segment.—Cornel Bruhin, Fondsmanager des MainFirst Emerging Markets Corporate Bond Fund Balanced