Keine Angst vor Zombie-Firmen

Zeb: Im deutschen Firmenkundengeschäft drohen Banken bei Zinswende kaum Probleme - Sorge um Lockerung der Kreditstandards

Keine Angst vor Zombie-Firmen

Das Beratungshaus Zeb gibt in der Debatte um Zombie-Unternehmen zumindest fürs deutsche Firmenkundengeschäft Entwarnung. Das Risiko, dass eine Zinswende reihenweise Schuldner aus der Bahn werfen wird, ist demnach gering. Probleme drohen allerdings mit der Lockerung der Kreditvergabestandards.Von Bernd Neubacher, FrankfurtEin Gespenst geht um in Europa: Zombie-Unternehmen. Jahrelang hat die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Passivseite der Bankbilanzen entlastet und deren Kreditvergabe stimuliert. Was aber wird passieren, wenn die Zinswende kommt? In derselben Art, wie sich manche Zombie-Bank nur dank der ultralockeren EZB-Geldpolitik über Wasser halten kann, gibt es, so die Befürchtung, inzwischen auch Zombie-Unternehmen: Sie sind eigentlich nicht überlebensfähig; dies wird aber erst offenbar, wenn die Zinsen steigen, sie sich nicht mehr ultragünstig refinanzieren können und höhere Kapitalkosten sie aus der Kurve tragen werden. Dies wäre nicht nur ein Problem für die Unternehmen, sondern auch für die sie finanzierenden Banken, heißt es. Mit den Zinsen für Unternehmenskredite ist infolge der Geldpolitik die Zahl der Firmeninsolvenzen sukzessive gesunken. 2018 hat sie sich auf rund 19 300 reduziert, das ist die niedrigste Zahl seit knapp 20 Jahren.Entwarnung in der Debatte um Zombie-Unternehmen gibt nun, zumindest fürs Firmenkundengeschäft in Deutschland, das Beratungshaus Zeb. Von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um eine Einschätzung gebeten, hat die Gesellschaft zum Thema eine Studie erarbeitet, die der Börsen-Zeitung vorliegt.Demnach besteht für die Banken zwar ordentlich Fallhöhe, da die Bewertungsergebnisse auf ein historisch niedriges Niveau gesunken sind und der Anteil fauler Forderungen am Kreditbestand in Deutschland mit 2,2 % um rund 40 % unter dem 20-jährigen Durchschnitt liegt, wie erläutert wird. Das Risiko eines Unternehmens, zahlungsunfähig zu werden, hänge allerdings nicht nur von den Zinsen und der Konjunktur ab, sondern auch von der Widerstandskraft eines Schuldners. Und im langfristigen Vergleich haben die deutschen Unternehmen ihre Eigenkapitalausstattung deutlich zu Lasten von Bankkrediten verbessert. Insbesondere die schlechtesten 25 % der Unternehmen seien heute deutlich robuster als vor 20 Jahren, stellt Zeb fest. Drei Viertel der deutschen Unternehmen hätten eine Eigenkapitalquote von über 11,9 %. Reduziert wird das Risiko eines Liquiditätsengpasses demnach zudem durch den Umstand, dass Mittelständler zunehmend Liquiditätsmanagement-Systeme nutzen. Allein zwischen 2015 und 2018 hat sich der Anteil solcher Firmen von 36 % auf 55 % erhöht, wie es in der Studie heißt. “Eigene Excel-Lösungen” seien nahezu komplett verschwunden. Wichtiger noch: 2017 entfiel Zeb zufolge gerade einmal 1 % des Aufwands deutscher Unternehmen auf Zinskosten, wobei knapp drei Viertel der Unternehmensfinanzierung eine Zinsbindung von fünf Jahren und länger aufwies. In einer solchen Konstellation verändert selbst ein Zinsanstieg um 200 Basispunkte die durchschnittliche Umsatzsteuerrendite der Unternehmen auf Siebenjahressicht nur geringfügig in der ersten Nachkommastelle, wie Zeb festhält. Vielmehr seien die wirtschaftliche Entwicklung und die Beschäftigungslage wesentliche Determinanten von Kreditausfällen bei Firmenkunden. Selbst in einem pessimistischen Konjunkturszenario aber, mit einer deutlich steigenden Arbeitslosigkeit und einem Einbruch von Export und Konsum, nähere sich der Anteil fauler Kredite im Forderungsbestand mit bis zu 3 % seinem langfristigen Mittelwert an, heißt es. “Das Risiko der Entstehung von Zombie-Unternehmen ist bundesweit eher als gering einzuschätzen”, resümiert Zeb-Partner Christian Schiele denn auch das Ergebnis der Studie – was erklärt, woher der Firmenkundenfokus deutscher Banken rührt. Sehr ehrgeizige ZieleJe mehr Banken in das Segment drängen, um so schwerer fällt es den Akteuren, ihre oft sehr ehrgeizigen Wachstumsziele zu erreichen. Schiele: “Allerdings beobachten wir, dass sich der Wettbewerb im Firmenkundengeschäft derzeit signifikant verschärft. So nehmen wir die Tendenz wahr, dass Banken Kreditvergabestandards senken, um Marktanteile zu gewinnen. Dies birgt Gefahren.”Das Risikoprofil des Firmenkundengeschäfts verändert sich zudem deutlich, werden Banken jenseits deutscher Landesgrenzen aktiv. Dort kann neben einer extrem günstigen Refinanzierung ein schwer handhabbares Insolvenzrecht sehr wohl Zombie-Firmen entstehen lassen. Bei Zeb schätzt man in dieser Hinsicht insbesondere Italien und Griechenland als stark gefährdet ein. In Spanien sei dieses Risiko geringer, aber ebenfalls hoch, heißt es.Somit tun Banken und Anleger gut daran, entsprechende Engagements im Unternehmenssektor im Auge zu behalten, auch wenn sich die Zinswende mit der jüngsten Sitzung des EZB-Rats nochmals verschoben hat. Die Deutsche Bank wies in ihrem jüngsten Zwischenbericht per Ende September für Griechenland ein Netto-Exposure von nur 3 Mill. Euro aus, für Italien und Spanien dagegen rund 7,5 Mrd. bzw. 12,2 Mrd. Euro. In der Commerzbank entfällt auf Italien und Spanien ein Netto-Exposure von jeweils rund 3 Mrd. Euro. Das Engagement in Hellas dagegen fällt wie im Falle der Deutschen Bank nicht ins Gewicht.