Keine Atempause für Credit-Suisse-Chef Thiam
Von Daniel Zulauf, ZürichDer im September aufgeflogene Beschattungsversuch des zur UBS übergelaufenen Spitzenmanagers Iqbal Khan hat der Reputation der Credit Suisse vor allem in der Schweiz mächtig geschadet. Aus Mitarbeiterkreisen ist zu vernehmen, dass sich die Angestellten in den 120 Filialen im Land über Wochen hinweg den bissigen Kommentaren und besorgten Fragen vieler aufgebrachter Kunden ausgesetzt sahen.Anlässlich der Veröffentlichung der Geschäftszahlen des dritten Quartals zog Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam am Mittwoch ein erstes Fazit aus der Affäre: Es sei vielleicht schwer zu glauben, aber die “Medienkampagne” habe keinen Einfluss auf die Kunden gezeigt, sagte der CEO unter Verweis auf die täglichen Rückmeldungen von der Verkaufsfront. Auf die Frage eines Journalisten, was er mit dem Begriff “Medienkampagne” meine, sagte Thiam, die “Fütterung” der Journalisten mit Einzelheiten der Khan-Affäre sei in einer “organisierten Weise gezielt und mit strategischem Kalkül” durchgeführt worden.Die naheliegende Nachfrage, welchen Zweck diese mutmaßliche Kampagne denn gehabt haben könnte, wurde in der Medienkonferenz aber nicht diskutiert. Klar ist, dass Thiam durch die Affäre stark in die Kritik geraten war. Gestern sagte er jedoch, er habe einen Rücktritt nie in Betracht gezogen. Er wiederholte seine früher geäußerte Beteuerung, Khans Beschattung weder selbst in Auftrag gegeben zu haben noch über diese Informiert gewesen zu sein.Khans Beschattung sei in der besten Absicht geschehen, die Interessen der Bank zu schützen, betonte Thiam. Weil das Vorgehen der Verantwortlichen aber “unangemessen” gewesen sei, hätten Chief Operating Officer Pierre Olivier Bouée und dessen Sicherheitschef Remo Boccali den Hut genommen. Die Aufarbeitung der Affäre ist noch nicht beendet. Bei der Zürcher Bezirksanwaltschaft liegt eine Strafanzeige Khans gegen seine Beschatter.Ob der Diskussion über die Khan-Affäre gingen die Fragen zum Geschäftsverlauf fast gänzlich unter. Hier konnte Thiam Positives vermelden. Die Bank hat im dritten Quartal bei einem im Vorjahresvergleich um 9 % gesteigerten Ertrag und mit 1 % weniger Betriebskosten eine Verdoppelung des Gewinns auf 881 Mill. sfr erreicht. Allerdings wurde die gute Leistung durch einen Sondergewinn in Höhe von 327 Mill. sfr aus dem im Juni angekündigten Verkauf der Fondsplattform Investlab an die spanische Allfunds kräftig aufpoliert.Ohne diesen wären die Erträge im dritten Quartal sowohl im Schweizer Geschäft als auch in Asien rückläufig gewesen. Stattdessen wies die “Swiss Unviversal Bank” eine Zunahme des Nettoertrages um 6 % sowie eine Verbesserung des Vorsteuergewinns im Vorjahresvergleich um 19 % auf 607 Mill. sfr aus. Die Asien-Division erreichte bei einem ausgewiesenen Ertragsplus von 9 % sogar eine Erhöhung des Vorsteuergewinns um 56 % auf 281 Mill. sfr. Auch das bis Ende Juni von Iqbal Khan geleitete internationale Vermögensverwaltungsgeschäft profitierte vom Ausstieg der Credit Suisse aus dem B2B-Fondsgeschäft. Die Division zog aus einem um 15 % höheren Ertrag nahezu 50 % mehr Profit. Mit einem Vorsteuergewinn von 428 Mill. sfr ist “International Wealth Management” die zweitstärkste Division.Einen starken Einbruch zeigt das Geschäft mit Fusions- und Übernahmeberatungen und Kapitalmarktfinanzierungen. Hier schrieb die Credit Suisse sogar einen kleinen Vorsteuerverlust von 15 Mill. sfr, nachdem schon das zweite Quartal nur knapp in den schwarzen Zahlen geblieben war. Ein hervorragendes Quartal glückte der Handelsdivision, die mit einem Vorsteuergewinn von 269 Mill. sfr einen wesentlichen Beitrag zum Ergebnis beisteuerte. Aktie unter BuchwertWeil Ergebnisse im Handel unberechenbar sind, werden sie von den Anlegern wenig beachtet. Das erklärt mitunter, weshalb die Credit-Suisse-Aktien trotz des guten Zwischenberichtes fast 3 % an Wert einbüßten. Mit einem Kurs von 12,30 sfr notieren die Titel klar unter ihrem materiellen Buchwert von 16,24 sfr. – Wertberichtigt Seite 8