"Keine Zukunft außerhalb der EU"

Dombret kann sich Euro-Handel und -Clearing in London nach Brexit "nicht vorstellen"

"Keine Zukunft außerhalb der EU"

Handel und Clearing in Euro haben in London nach dem Brexit keine Zukunft, hat Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret klargemacht. Deutsche Börse und LSE sollen die Governance des geplanten Fusionsgebildes überdenken.bn Frankfurt – Die Bundesbank macht nach dem Brexit-Votum Druck, in Euro denominierten Handel von London nach Kontinentaleuropa zu verlagern. Finanzinstitute müssten sich auf ein Szenario einstellen, “in welchem Euro-denominierter Handel und Clearing keine Zukunft außerhalb der EU haben dürften”, erklärte Andreas Dombret, Mitglied im Vorstand der Bundesbank, am Mittwoch auf einer Veranstaltung des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität. Aufsichtsbehörden müssten sehr viel toleranter sein, falls dieses Geschäft weiterhin nicht nur außerhalb der Eurozone, sondern außerhalb der EU ausgeführt werden dürfe. “Offen gestanden, dies ist ein Ausmaß von Toleranz, das ich mir weder vorstellen noch unterstützen kann”, erklärte Dombret.Zugleich forderte er die Deutsche Börse und die London Stock Exchange (LSE) auf, im Zuge ihres geplanten Zusammenschlusses eine Governance-Struktur zu finden, welche “alle vernünftigen Interessen ausbalanciert – auch auf Kosten von Synergien”, erklärte Dombret, ohne konkreter zu werden. Darüber hinaus sei er der Überzeugung, dass Euro-Clearing “auf mittlere Sicht nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher in London stattfinden kann – Frankfurt wäre eine angemessenere Alternative”. Dombret zufolge hat das Referendum das ökonomische Kalkül hinter einer solchen Fusion allerdings bestätigt. Nach einem britischen EU-Austritt würden Brücken zwischen Volkswirtschaften wichtiger denn je. Die geplante Fusion habe das Potenzial, eine solche Brücke zu werden.Auch andauernde Volatilität im Zuge des überraschenden Brexit-Votums sollte nicht als Entschuldigung dienen, die Säulen der Finanzstabilität zu umgehen, die in der EU gerade errichtet worden seien, erklärte er mit Blick auf die Debatte um Staatshilfen für Banken in Italien. Das Problem der notleidenden Kredite italienischer Banken müsse gelöst werden, sagte Ignazio Angeloni, Vertreter der EZB im obersten Aufsichtsgremium der europäischen Bankenaufsicht, auf derselben Veranstaltung. Dies sei aber über Nacht nicht möglich, sondern brauche Zeit. Verhandlungen über Hilfen für Italiens Banken seien dabei allein Sache der italienischen Regierung und der EU-Kommission.Sollte Großbritannien infolge der Verhandlungen nach dem Brexit einen einfachen Drittstaaten-Status erhalten, müssen sich britische Banken laut Dombret nicht nur um Banklizenzen für Niederlassungen in der EU bemühen. Als Basis der Aufsicht wäre auch Betriebskapital erforderlich: “Zumindest kann ich das mit Blick auf Deutschland feststellen”, sagte er. Dies allerdings ist “keine kostenneutrale Angelegenheit”, wie Martin Hellmich, Professor für Financial Risk Management an der Frankfurt School of Finance & Management, am Mittwoch vor Journalisten festhielt. Mit einer Banklizenz sei ein Institut “in vollem Maße allen aufsichtsrechtlichen Anforderungen ausgesetzt” und müsse etwa ein eigenes Risikomanagement und Compliance unterhalten. Da der überwiegende Teil der wichtigen Kunden ohnehin in Kontinentaleuropa ihren Sitz habe, könnte nun etwa unter US-Banken der Drang zunehmen, dorthin zu gehen, wo die Kunden sitzen, um die Kosten zweier Banklizenzen mit entsprechenden Overhead-Kosten zu vermeiden, sagt er.Für Hellmich ist aber noch nicht ausgemacht, dass Frankfurt einen Aufschwung nehmen wird, da sich Dublin, Paris oder auch Luxemburg ebenfalls um Ansiedlung Londoner Aktivitäten bemühen. Für Frankfurt spreche die Nähe zu wichtigen Kunden. Zudem biete die Stadt relativ günstigen Gewerberaum, während diese Kosten in Paris beinahe so hoch seien wie in London. Dublin hingegen lockt Hellmich zufolge mit einem arbeitgeberfreundlicheren Arbeitsrecht und ist auch kulturell London ähnlicher. Letztlich dürften Entscheidungen über Verlagerungen davon abhängen, welcher Aspekt für eine Bank jeweils im Vordergrund stehe. “Frankfurt, Dublin Paris und Luxemburg werden alle ihre Gewinne mitnehmen”, prophezeite Hellmich.