KfW-Chef beherrscht Knigge für Bankvorstände
Von Jan Schrader, Frankfurt
Benimm-Regeln gibt es für jeden Berufsstand – und KfW-Chef Stefan Wintels lebt vor, wie CEOs stilsicher öffentlich auftreten. Ein Dickschiff wie die staatliche Förderbank mit 551 Mrd. Euro Bilanzsumme, 7700 Beschäftigten zur Jahreswende und einer engen Anbindung an den Berliner Politikbetrieb lässt sich nicht nach Belieben steuern. Eine positive Grundhaltung, warme Worte an alle Beteiligten, eine klare Skizze zur grundsätzlichen Rolle der Institution und gelebte Glaubwürdigkeit gehören zur Schule der Konzernführung.
Und so legt Wintels los. Als Chef der KfW habe er „seine Berufung gefunden“, sagt der langjährige Citigroup-Manager am Mittwochabend vor Journalisten in Frankfurt, er habe Unterstützung „von allen Stakeholdern“ erfahren. Mit seinem Vorgänger Günther Bräunig habe er, als beide im Oktober als Co-Vorstandsvorsitzende die Kreditanstalt führten, eine geordnete Staffelstabübergabe vollzogen – ein wichtiges Signal an die Beschäftigten. Wintels zeigt sich demütig: An der Spitze einer Institution wie der KfW sei jeder neue Chef gut beraten, erst einmal zuzuhören. Mittlerweile habe er über 500 Gespräche mit diversen Beteiligten geführt. „Ich bin aus meiner Sicht angekommen“, sagt er nach 292 Tagen im Amt.
Auch vermag es Wintels, eine Agenda der Förderbank zu zeichnen, ohne sich auf Details festzulegen. Die deutsche Gesellschaft stehe vor einem „Jahrzehnt der Entscheidung“. Neben Klimaschutz und digitalem Wandel zählt er nun die Resilienz der deutschen Wirtschaft hinzu, seitdem am 24. Februar die russische Armee über die Ukraine herfiel und die Folgen auch in der globalen Wirtschaft deutlich zu sehen sind. Den Angriffskrieg Russlands habe auch er nicht für möglich gehalten. „Der Begriff der Zeitenwende ist gut gewählt“, sagt er zur Wortwahl von Bundeskanzler Olaf Scholz.
Zur Politik pflegen KfW-Funktionäre ein kompliziertes Verhältnis: Der politisch besetzte Verwaltungsrat gibt die Richtung vor, zugleich legt die Kreditanstalt auf solides Bankgeschäft und ordnungspolitische Prinzipien Wert. So lobt Wintels den Austausch mit den Gesprächspartnern in Berlin und nimmt sie vor dem Vorwurf fehlgeleiteter politischer Interessen in der Förderpolitik in Schutz. Zugleich mahnt er: Die KfW müsse das Prinzip der Subsidiarität beachten und nicht alle Risiken übernehmen. Rhetorisch knüpft er damit an seine Vorgänger Bräunig und Ulrich Schröder an, die ebenfalls zuweilen dem Eindruck einer übermächtigen KfW entgegentraten und Grenzen skizzierten. Lobende Worte für offene Finanzmärkte und privates Kapital fand Wintels ebenfalls.
Mut zur kleinen Tat
Auch sieht sich der Vorstandsvorsitzende in einer Vorbildfunktion. Den KfW-Mitarbeitenden verlange er viel ab, räumt er ein. Weite Teile der Belegschaft wolle er auf eine „agile“ Arbeitsweise trimmen. Die sechsköpfige Führung der KfW wolle dabei absehbar aber selbst in einem großen Raum statt in Einzelbüros arbeiten, wie er betont. Gefragt nach seinem persönlichem Engagement, erklärt der vierfache Familienvater, dass er auf Flugreisen falls möglich verzichte oder zuweilen mit dem Fahrrad zur Arbeit komme. Kleine Taten, die man nicht kleinreden oder lächerlich machen sollte, sagt er. Einen „Purpose“, einen tieferen gesellschaftlichen Sinn also, schreibt er als Stärke der Kreditanstalt zu.
Doch an Problemen kann kein Konzernchef vorbeireden. Die IT sei eine Daueraufgabe, über die der Vorstand andauernd spreche, sagt Wintels. Gerade hier sieht er einen „War for Talent“, einen Kampf um kluge Köpfe also. Die Aufsicht verlange noch immer einen Kapitalzuschlag wegen verschiedener Mängel, räumt er ein. Apropos Aufsicht: Über sie verliert Wintels kein schlechtes Wort. Gute Bankmanagerschule also.