KfW steuert Beteiligungen ohne Rendite-Maßstab
Wie hoch sollte die Rendite von Wagniskapitalfonds sein, um einen öffentlichen Investor im staatlichen Auftrag für das Risiko zu entschädigen? Die KfW knüpft diese Frage bisher an keine konkrete Zielrendite und verweist auf ihren Förderauftrag. Ein Resümee sei auch nach vielen Jahren kaum möglich.jsc Leipzig – Die Wagniskapital-Tochter der Förderbank KfW lässt sich vorerst nicht an Renditezielen messen. Eine Investition in Fonds für Technologiefirmen erfordere eine Perspektive von zehn bis zwölf Jahren und könne somit erst spät bewertet werden, sagte Alexander Thees, Geschäftsführer der im Oktober gestarteten KfW Capital, in einer Diskussionsrunde der KfW Bankengruppe in Leipzig. Die Wagniskapital-Tochter, die in etliche Fonds investiert, wird dabei zunächst offenbar wenig Gewinn einfahren. “Anfangs verlieren Fonds per Definition Geld”, sagte Thees. Ein Resümee sei erst spät möglich. “Die Frage ist, wann wir die Rendite messen. Wir sind ja nicht nach zehn oder zwölf Jahren am Ende, sondern streben einen nachhaltigen Zustand an.”Zwar sei es langfristig das Ziel, Rückflüsse aus den Engagements zu generieren, um dann aus eigener Kraft heraus in weitere Vehikel zu investieren, sagte KfW-Vorstandsmitglied Ingrid Hengster, die auch Aufsichtsratschefin der KfW Capital ist. Die Renditeziele der Tochter bleiben gleichwohl vage. Die Gesellschaft wolle eine positive Rendite erzielen und orientiere sich am Markt, eine Zielrendite im engeren Sinn gebe es jedoch nicht, sagte Thees, der die KfW Capital in Frankfurt gemeinsam mit dem Geschäftsführerkollegen Jörg Goschin anführt. Förderbank füllt LückeFür die Förderbank ist das Engagement im Wagniskapitalsegment heikel: Einerseits attestiert sie dem Markt eine Unterfinanzierung durch private Investoren. Nach Angaben von Oktober beträgt die Lücke in Deutschland 500 Mill. bis 600 Mill. Euro im Jahr. Gerade in der Wachstumsphase nach der Startfinanzierung fehlt demnach häufig das Geld. Tritt die KfW als Investorin ein, hat dies eine Signalwirkung für private Investoren, wie die Überlegung lautet. Die Beteiligung an Unternehmen ergibt sich somit aus dem Förderauftrag der Bank.Andererseits birgt die Rolle als privater Investor für eine politisch geprägte Institution die Gefahr von Fehlinvestitionen. Die annähernd milliardenschwere Beteiligung des KfW-Konzerns am Stromnetzbetreiber 50Hertz vor gut einem Jahr, mit der die Bundesregierung eine Investition eines chinesischen Staatskonzerns verhinderte, zeigt die Nähe einer Bank zur Politik, auch wenn die ungewöhnliche Transaktion kein Beispiel einer typischen Wagniskapitalfinanzierung darstellt. Für die Bank war es früher schwierig, sich als öffentlicher Eigner aus jungen Firmen im Zweifel zurückzuziehen, wie Hengster andeutete: Die Rolle als öffentlicher Akteur könne sich als “Bumerang” erweisen. Aus Sicht der KfW muss vermieden werden, dass private Investoren die Förderbank nur bei zweifelhaften Vorhaben um Unterstützung bitten, um die besonders chancenreichen Firmen alleine zu finanzieren.Seit Hengsters Amtsantritt im April 2014 hat die KfW daher ihr Engagement in Wagniskapital nicht bloß ausgeweitet, sondern zugleich die Organisation verändert. Das Engagement wird in Vehikeln jenseits der Konzernstruktur getätigt. Auch sollen private Investoren jeweils eine wesentliche Rolle spielen. Seit Oktober 2018 bündelt die KfW Capital das Geschäft. Die Tochter ist nicht in typische Analyseprozesse analog zur Kreditvergabe eingebunden und residiert in Frankfurt etwa 100 Meter von der Konzernzentrale am Palmengarten entfernt. Im Oktober hatte die KfW auch erklärt, binnen zehn Jahren rund 2 Mrd. Euro aus Eigenmitteln bereitzustellen, während etwa ein Vierfaches der Summe von privaten Investoren stammen solle, insgesamt also ungefähr 10 Mrd. Euro. Bis 2020 soll das investierte Vermögen pro Jahr auf 200 Mill. Euro steigen. Für das laufende Jahr hat die Bank 155 Mill. Euro angepeilt, in der ersten Hälfte kamen 77 Mill. Euro zusammen. Auch faule Äpfel im KorbEine Bilanz zieht die Gesellschaft bis heute nicht. Denn selbst für ältere Engagements bis zurück in die Zeit vor der Finanzkrise ist laut Thees noch kein Resümee möglich, weil etliche Beteiligungen bis heute liefen. “Signifikante” Verluste habe es schon gegeben, während zugleich vielversprechende Adressen weiter zu den Beteiligungen zählten.Wie chancenreich, aber zugleich riskant Beteiligungen sind, illustriert eine Auswahl von Vorzeigeunternehmen in Sachsen, die in der zurückliegenden Woche von der KfW präsentiert wurden. Denn egal, ob junge Firmen wie die C-Lecta Enzyme falten, wie Rhebo Steuerungsnetze von Kraftwerken überwachen, wie Sunfire Gas und Treibstoff mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen wollen oder wie Cloud & Heat Abwärme von Serverzentren nutzen – stets ringen die Unternehmen um Finanzierungsrunden, müssen lange Strecken bis zur Gewinnschwelle überwinden und stehen vor Markthürden. “Es ist so unglaublich normal, dass Firmen am Abgrund stehen”, sagt Arne Morteani vom Wagniskapitalfondshaus ETF Partners, das auch für die KfW Capital arbeitet.Kontrolle über die Firmen übt die KfW Capital weniger direkt, sondern über Fondsvehikel aus. Bisher habe man keine schlechten Erfahrungen mit Fonds gemacht, sagte Hengster. Es bleibe aber grundsätzlich eine Option, als Investor den Austausch des Fondsmanagements anzuregen. Zumindest die Fondsleitung muss sich wohl an der Rendite messen. – Personen Seite 12