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KfW übt sich als Wagniskapitalgeber

Hengster: An der Finanzierung soll es nicht scheitern - Hohe Hürden in Deutschland

KfW übt sich als Wagniskapitalgeber

Die Politik träumt davon, die Bundesrepublik für Wagniskapital zu öffnen. Die Förderbank KfW tritt nun als Investor auf. Gemeinsam mit Branchenvertretern wirbt sie für ihr Engagement, sagt aber wenig zu den Risiken des Geschäfts.Von Jan Schrader, Nesselwang im AllgäuEigentlich wäre jetzt ein günstiger Zeitpunkt, einen höheren Betrag in das Unternehmen zu investieren, sagt Geschäftsführer Hugo de Wit. Nach jahrelanger Forschungsarbeit beliefert die Cellca aus Laupheim bei Ulm mittlerweile weltweit rund 50 Pharmafirmen. Die junge Biotechnologiefirma bietet Zellen an, die in einem eigens entwickelten Medium gedeihen. Mit dem biologischen Bausatz lassen Pharmahersteller gezielt bestimmte Proteine von den Zellen produzieren. Mit frischem Geld könnte sich die 30 Mitarbeiter zählende Cellca weiterentwickeln, sagt de Wit. Sein Traum sei die Marktführerschaft in dem Segment. Klare BotschaftDie Botschaft, die der studierte Bioprozesstechniker vermitteln soll, ist klar: Geldgeber müssen her, um erfolgsversprechende Technologieunternehmen nach dem schwierigen Start zum Durchbruch zu verhelfen. Und so sitzt de Wit bei einem Arbeits- und Gesprächsessen der KfW im Brauerei-Gasthof eines kleinen Ortes im Allgäu auch mit Investorenvertretern am Tisch, die lobende Worte für das Vorhaben der Förderbank finden: 400 Mill. Euro will die von Bund und Ländern getragene Bank binnen fünf Jahren lockermachen, um junge Technologieunternehmen in der Wachstumsphase mit Eigenkapital zu unterstützen. Geld fließt in VC-FondsDas Geld fließt in Fonds für Wagniskapital (Venture Capital, VC) in Deutschland und Europa und soll maximal ein Fünftel der investierten Mittel ausmachen. Den Rest sollen nach Plänen der Förderbank andere Investoren beisteuern, so dass insgesamt rund 2 Mrd. Euro zusammenkommen. Mangelndes Kapital könne bislang für junge Firmen ein Hindernis für den Durchbruch sein. “An der Finanzierung soll es nicht scheitern”, sagt Ingrid Hengster, die als Vorstandsmitglied der KfW das Fördergeschäft im Inland verantwortet.Geld ist freilich auch aus Sicht der Betreiber von Wagniskapitalfonds bislang zu wenig da. Die jungen Technologiefirmen können demnach mitunter nur “hier mal eine Millionen, da mal eine Million” einsammeln, anstatt auf einen Schlag auch mal einen zweistelligen Millionenbetrag als Eigenkapitalspritze zu erhalten, sagt Ingo Potthof, Geschäftsführer und Managing Partner der Unternehmertum-Fonds Management, die sich aus der Technischen Universität München heraus entwickelt hat. Holger Reithinger, General Partner von Forbion Capital Partners, sieht die jungen Firmen vor einem Kapitalengpass und schreibt daher der Förderbank eine wichtige Rolle zu. Mit dem namhaften Geldgeber im Rücken sei es leichter, weitere Investoren für Wagniskapital an Land zu ziehen, sagt er. Die KfW hat bereits Mittel für den Forbion-Fonds “FCF III” zugesagt, der bereits im Herbst 2014 auf 92 Mill. Euro kam und bis zur endgültigen geplanten Schließung im Oktober weitere Mittel einsammelt.Mit ihrem Engagement übt sich die Förderbank in neuer Rolle. Zwar hatte sie bereits in der Vergangenheit in Wagniskapital investiert, das Engagement aber wegen der Finanzkrise auf Eis gelegt. Auch fördert die am Palmengarten in Frankfurt ansässige Förderbank junge Start-ups seit vielen Jahren bereits in der sehr frühen Phase. Noch ganz am Anfang befindet sich aber auch die KfW mit ihrem Engagement, ist sie doch überwiegend im Kreditgeschäft aktiv. Anstatt allein junge Unternehmen für Wagniskapital auszuwählen, legt sie Geld daher in ausgewählten Fonds an und verlässt sich somit auch auf die Expertise im Markt. Auf lange SichtDie KfW investiere auf lange Sicht, ein Ergebnis sei erst nach mehreren Jahren sichtbar, sagt Hengster. Renditen im hohen einstelligen Prozentbereich hält sie für machbar, doch stehe für die KfW der Förderauftrag im Mittelpunkt.Die Frage, ob das Geschäft zu riskant für eine mit der Garantie des Bundes ausgestattete Förderbank ist, beantwortet Hengster allerdings nicht – und verweist stattdessen auf den Berliner Koalitionsvertrag von Union und SPD. “Wir werden Deutschland als Investitionsstandort für Wagniskapital international attraktiv machen”, schreiben die Koalitionäre dort. Bewährte Instrumente der Gründerunterstützung, so heißt es einige Sätze zuvor, wolle man “in Zusammenarbeit mit der KfW weiterentwickeln”.Am Tisch in Nesselwang hofft man nun ähnlich wie in Berlin auf ein besseres Investitionsklima in dem Segment: Von Erfolgen werde zu selten gesprochen, heißt es nun, die öffentliche Meinung zu außerbörslichen Investitionen sei nicht gut. Als Positivbeispiel für Risikokultur und Investoren-Netzwerke wird dabei das Silicon Valley in den USA genannt.Doch die geringe Verbreitung von Wagniskapital ist offenbar nicht nur eine Frage der Kultur: Deutsche Investoren sehen sich durch Anlagevorgaben eingeschränkt, sagt Albrecht Deißner, der als Direktor der KfW Mittelstandsbank für Beteiligungsfinanzierung verantwortlich ist. Auch steht der Branche aus Sicht der Förderbank im Weg, dass Börsengänge hierzulande selten sind und es für Investoren somit nicht leicht ist, ein zuvor mit Millionen gepäppeltes Unternehmen an der Börse zu versilbern. “Die Exit-Möglichkeiten mittels IPO sind nach wie vor unter ihrem Potenzial”, schreibt die KfW. Kräfte gebundenDabei ist nicht nur Geld eine knappe Ressource, wie Cellca-Geschäftsführer de Wit deutlich macht. Das alltägliche Geschäft binde bereits viele Kräfte. Nach Investoren für weitreichende Expansionspläne habe er sich noch gar nicht umgesehen.