Knifflige Entscheidung für die Zurich-Führung

Übernahmepoker um RSA geht in die Verlängerung

Knifflige Entscheidung für die Zurich-Führung

dz Zürich – Zurich Insurance braucht und bekommt vier Wochen mehr Zeit, um über die Chancen und Risiken der größten Übernahme seit 18 Jahren nachzudenken. Die britische Übernahmekommission hat die Frist zur Unterbreitung einer verbindlichen Kaufofferte an die Aktionäre der in London ansässigen RSA Insurance Group gestern bis zum 22. September verlängert. Der Zeitgewinn für die Ende Juli durch eine Indiskretion publik gewordenen Verhandlungen soll nach Angaben eines Zurich-Sprechers für eine sorgfältige Unternehmensbewertung genutzt werden. Die Verwaltungsräte der beiden Gesellschaften haben sich gemäß der gestrigen Mitteilung grundsätzlich auf einen Kaufpreis von 550 Pence pro Aktie beziehungsweise auf 5,6 Mrd. Pfund oder 8,3 Mrd. sfr verständigt, vorausgesetzt, die Parteien erzielen auch über “die weiteren Konditionen” der Offerte eine “zufriedenstellende Einigung”.Diese Nebenbedingungen der Transaktion haben es allerdings in sich. Der mehr als 300 Jahre alte britische Traditionskonzern, dessen ganzer Name einst Royal Insurance and Sun Alliance lautete, schiebt ein größeres Problem mit der Pensionskasse vor sich her. Laut dem aktuellen RSA-Geschäftsbericht wies die Kasse im Jahr 2012 eine Unterdeckung von 93 % bzw. von 477 Mill. Pfund auf. Zwar sei die Lücke nach Schätzungen per Ende 2014 auf 97 % geschrumpft, doch das muss noch nicht allzu viel bedeuten. Einer theoretischen Berechnung zufolge, die ebenfalls im Geschäftsbericht erwähnt wird, müsste RSA einer Versicherung 3,1 Mrd. Pfund bezahlen, damit diese die gesamten aktuellen und künftigen Verpflichtungen und Risiken der Pensionsversicherten übernehmen würde.Die Zurich macht keine Aussagen zu ihrer eigenen Einschätzung des Problems, räumt aber ein, dass die Pensionskasse Gegenstand der laufenden Gespräche sei. Einiges zu reden geben dürfte auch die Kapitalstärke der Briten. Diese mussten im vergangenen Jahr eine tiefgehende Restrukturierung über sich ergehen lassen und waren dabei zum Verkauf von Unternehmensteilen im Wert von 810 Mill. Pfund wie auch zur Aufnahme zusätzlichen Eigenkapitals von 773 Mill. Euro gezwungen. Damit erfüllt der Konzern zwar die geltenden Solvenzvorschriften, aber ob das Kapital auch reicht, um den ab Anfang 2016 geltenden verschärften europäischen Standard (Solvency II) zu erfüllen, wird sich noch weisen müssen.Schließlich und vor allem werden die Schweizer den geforderten Preis aber nur dann bezahlen wollen, wenn sie einigermaßen sicher sein können, dass der Zusammenschluss den Zurich-Aktionären ein zusätzliches Gewinnpotenzial eröffnet. Georg Marti, Versicherungsanalyst der Zürcher Kantonalbank, schätzt in einer aktuellen Studie, dass mindestens 400 Mill. Pfund nötig seien, um einen Kaufpreis von 550 Pence pro Aktie zu rechtfertigen. Der höchste Gewinn von RSA in den vergangenen fünf Jahren belief sich 2011 auf 407 Mill. Pfund. Damals aber war die Gesellschaft noch deutlich größer als heute. Ungleiches PaarZurzeit zählt RSA rund 19 000 Mitarbeiter. Nach Abschluss des Desinvestitionsprogramms werden es gemäß Geschäftsbericht noch rund 17 000 sein. Von diesen arbeiten rund 7 700 in Großbritannien und Irland, wo RSA rund 40 % der Nettoprämien erwirtschaftet. Mit 8 300 Mitarbeitern ist die Zurich auf der Insel sogar noch leicht größer als ihre potenzielle Partnerin. Gemäß einer Statistik des britischen Versicherungsverbandes wären die beiden Konzerne 2013 zusammen auf ein Bruttoprämienvolumen im Königreich von 5,5 Mrd. Pfund und auf einen kombinierten Marktanteil von rund 13 % gekommen. Auf den ersten Blick sieht dies nach einem einfachen Fall für einen knallharten Kostenmanager aus – ganz nach dem Motto: aus zwei mach eins. Doch die Realität ist komplizierter. Die Hauptstärke von RSA ist das Privatkundengeschäft, jene der Zurich gehört den Firmenkunden, es sind also kaum Überschneidungen vorhanden.