Kollabierte First Republic findet Nachahmer
Kollabierte First Republic findet Nachahmer
Regionale Geldhäuser wollen sich mit Private Wealth für Zukunft aufstellen – Investorenvertrauen nachhaltig angeschlagen
Das US-Geldhaus Citizens Financial eröffnet eine neue Privatbank und eifert dabei der kollabierten First Republic Bank nach. Der Fokus auf vermögende Kunden soll höhere und stabilere Einnahmen bringen. Doch Analysten zweifeln daran, dass sich das angeschlagene Investorenvertrauen so reparieren lässt.
xaw New York
Die US-Regionalbank Citizens Financial macht mit einer ungewöhnlichen Strategie auf sich aufmerksam. Denn das Institut aus Providence, Rhode Island, hat im vergangenen Monat eine neue Privatbank eröffnet – und orientiert sich dabei ausgerechnet an der kollabierten First Republic Bank. Das kalifornische Geldhaus war Anfang Mai zum prominentesten Opfer der Krise im US-Finanzsektor geworden, kurz nach dem Kollaps kam es zur Notübernahme durch Branchenprimus J.P. Morgan.
Hypothekenkredite unter Druck
First Republic waren nach den Zusammenbrüchen der Silicon Valley Bank sowie der Signature Bank im März binnen kurzer Zeit Einlagen im Volumen von 100 Mrd. Dollar abgeflossen. Den Kaliforniern wurde auch eine wohl unzureichende Absicherung gegen die rapiden Zinserhöhungen der Federal Reserve ab dem Frühjahr 2022 zum Verhängnis. Denn First Republic war auf vermögende Individuen spezialisiert: Diese lockte das Geldhaus über Jahre mit lockeren Vergabestandards für großvolumige Hypothekenkredite, die in einem restriktiven geldpolitischen Umfeld allerdings schwer an Wert verloren.
Citizens will die wohlhabende Kundengruppe ebenfalls stärker für sich erschließen – und hat bisher 35 Mill. Dollar in die Hand genommen, um ehemalige First-Republic-Mitarbeiter anzuwerben. Die neue Privatbank solle nur die guten Teile des kollabierten Instituts kopieren, darunter den bei sogenannten High Net Worth Individuals beliebten Kundenservice.
Eine starke Präsenz im Geschäft mit vermögenden Kunden ist für US-Geldhäuser so erstrebenswert, weil sich dadurch viele Quervermarktungsmöglichkeiten ergeben: Wer einen privaten Großkredit bei einer Bank aufnimmt oder als Einlagenkunde eine gute Beziehung zu dieser unterhält, wird sich beispielsweise auch zur Finanzierung seiner Firma eher an das gleiche Institut wenden – soweit die Theorie. Damit einhergehen sollen höhere und stabilere Zins- und Gebühreneinnahmen.
Großbanken preschen vor
Auch die führenden Banken des Landes begreifen dies längst als Chance. Morgan Stanley hat sich im Verlauf des vergangenen Jahrzehnts durch einen verstärkten Fokus auf die Vermögensverwaltung und Anlageberatung für reiche Kunden unabhängiger von volatilen Erträgen aus dem Investment Banking gemacht. Auch J.P. Morgan und Goldman Sachs bauen ihre Kapazitäten im Wealth Management aus.
Viele Regionalbanken hinken den Branchengrößen in dem Geschäftszweig weit hinterher, sehen nach der Krise aus dem Frühjahr aber umso mehr die Zeit gekommen, um sich für die Zukunft aufzustellen. So auch Citizens: Das Geldhaus mit seinen 1.100 Filialen im Nordosten und Mittleren Westen und einer Bilanzsumme von rund 225 Mrd. Dollar lag Ende September gemäß Fed-Daten unter den größten US-Finanzinstituten auf Platz 14.
Angeschlagenes Vertrauen
Im Verlauf der Regionalbankenkrise aus dem Frühjahr zeigte sich Citizens vergleichsweise robust und bot sogar für First Republic, nachdem diese unter Zwangsverwaltung durch den staatlichen Einlagensicherungsfonds FDIC geraten war. Doch das Investorenvertrauen ist angeschlagen: Im laufenden Jahr hat die an der New York Stock Exchange notierte Citizens-Aktie fast ein Drittel ihres Werts eingebüßt.
Bei der Zahlenvorlage zum dritten Quartal verunsicherte auch ein Gewinneinbruch um 32% gegenüber Vorjahr die Investoren. Wie andere Regionalbanken auch, ringt Citizens mit steigenden Zinsaufwendungen infolge der restriktiven Geldpolitik, während die führenden Wall-Street-Häuser es sich noch leisten können, an niedrigen Raten auf Einlagen festzuhalten. Die Belastungen für die Zinsmargen der US-Regionalbanken veranlasste die Ratingagentur Moody’s bereits im August dazu, die Kreditwürdigkeit von zehn Instituten herabzustufen, S&P Global folgte mit fünf Downgrades.
Analysten zweifeln nun daran, dass die neue Strategie bei Citizens dazu geeignet ist, das Vertrauen von Aktien- und Bondinvestoren zurückzugewinnen. Denn der Aufbau eines Wealth-Management-Geschäfts sei gerade im aktuellen Marktumfeld teuer. Dass dieses dann überhaupt funktioniere, sei fraglich, weil die Zinsniveaus noch höher ausfielen als zum Zeitpunkt des First-Republic-Kollaps.
Neue bringen Gelder mit
Citizens will auf der gewachsenen Zahl an Sparkonten aufbauen, die wohlhabendere Kunden seit dem Spin-off von der Royal Bank of Scotland 2014 eröffnet hätten. Zudem arbeitet das Institut daran, durch das Sponsoring von lokalen Sportteams und -Veranstaltungen einen Brückenkopf in New York zu etablieren. Durch die Einstellung von bisher rund 60 First-Republic-Bankern und ungefähr 100 Unterstützungskräften soll der nächste Schritt gelingen. Die neuen Kräfte hätten vor dem Start der Privatbank bereits 500 Mill. Dollar an Einlagen und Anlagegeldern mitgebracht. Großkunden will Citizens künftig mit niedrigen Zinsen locken – den Markt dabei aber nicht so weit unterbieten wie einst First Republic.