Kostenanstieg durchkreuzt Gewinnerwartung
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Im vergangenen Geschäftsjahr hat die Deutsche Bank dank höherer Erträge bei rückläufiger Risikovorsorge das beste Nettoergebnis seit zehn Jahren eingefahren sowie den Ertrag und das Vorsteuerergebnis in jeder ihrer vier operativen Sparten verbessert. Wie der Konzern mitteilte, habe sich das Vorsteuerergebnis auf 3,390 Mrd. Euro gut verdreifacht, während die Erträge um 6% auf 25,41 Mrd. stiegen (siehe Tabelle). Vorstandschef Christian Sewing verwies in einer digitalen Medienkonferenz am Donnerstag darauf, dass der Konzern damit sein Ende 2019 für 2022 ausgegebenes Ziel von 24,5 Mrd. Euro bereits jetzt übertroffen habe. Analysten hatten im Konsens Erträge von nur 25,166 Mrd. Euro erwartet. Zugleich hatten sie mit 3,459 Mrd. Euro brutto indes knapp 70 Mill. Euro mehr Gewinn prognostiziert.
Wie am Donnerstag publik wurde, lag das Vorsteuerergebnis im Schlussquartal mit 82 Mill. Euro 53% unter dem Vorjahres- und sogar 83% unter dem Vorquartalswert. Zur Enttäuschung der Ergebniserwartung trug ein überraschend strammer Anstieg des Verwaltungsaufwands um 11% auf 5,564 Mrd. Euro bei. Das lag knapp 300 Mill. über der Konsensprognose. Der Konzern erklärte den Anstieg nicht zuletzt mit einem performanceabhängigen Anstieg der variablen Vergütung. Der Personalaufwand legte binnen Jahresfrist um ein Zehntel zu.
Wie sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet hatte, will die Bank ihren Bonus-Pool für 2021 um rund 15% auf über 2 Mrd. Euro ausweiten, den höchsten Stand seit vier Jahren. Für Teile der Investmentbank seien dabei überdurchschnittliche Erhöhungen vorgesehen, hatte Bloomberg unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen gemeldet. Für das Schlussviertel 2021 weist die Investmentbank einen binnen Jahresfrist um 30% gestiegenen Personalaufwand von 612 Mill. Euro aus.
In einer Telefonkonferenz waren Sewing und Finanzvorstand James von Moltke am Donnerstag bemüht, den Eindruck zu zerstreuen, mit diesem Kostenanstieg gehe eine Aufstockung des Bonus-Pools der Sparte im selben Umfang einher. Die Bilanzierung variabler Vergütung sei sehr komplex, erklärte von Moltke.
Während die Erträge der Sparte im Sales & Trading von Festverzinslichen und Währungen im Kielwasser einer branchenweiten Beruhigung mit rund 1,2 Mrd. Euro um 14 % hinter dem Vorjahreswert zurückblieben, zogen die Einnahmen im florierenden Emissions- und Beratungsgeschäft um 29% auf 612 Mill. Euro an. In der Folge erhöhten sich die Erträge der Paradesparte gegenüber dem Schlussquartal 2020 um 1 %, während der Vorsteuergewinn um 47% auf 319 Mill. Euro einbrach. Analysten hatten 407 Mill. Euro auf dem Zettel gehabt.
Mit der bonussaisonbedingten Ergebnisschwäche des Investment Bankings im Schlussquartal verbesserte sich unterdessen der Ergebnismix im Konzern: Hatte die Investmentbank vor Jahresfrist brutto noch rund das Vierfache etwa der Unternehmensbank verdient, so liegt dieser Faktor im Schlussquartal bei nurmehr 1,4.
Das Kreditgeschäft zieht an
Im Zuge fortfallender Einmalkosten, nachlassenden Gegenwinds infolge Niedrigzinsen sowie eines regen Kreditgeschäfts kletterte der Vorsteuergewinn der Unternehmensbank gegenüber dem Schlussquartal 2020 um 50% auf 228 Mill. Euro. Die Erträge legten derweil um 10% auf 1,352 Mrd. zu. Wie es in der Bank heißt, dürfte dieses Ertragsniveau als künftige Richtschnur dienen. Vor allem mit den Aktivitäten in Asien zeigt man sich zufrieden. Dabei seien durchaus Tendenzen einer Deglobalisierung zu beobachten. Die Lieferketten würden regionaler. Die Aktivitäten in der Handelsfinanzierung hätten deshalb aber nicht abgenommen, sondern fänden stattdessen nunmehr verstärkt innerhalb der einzelnen Handelsblöcke statt.
Generell schätzt man die weiteren Perspektiven in der Sparte als vorteilhaft ein. So würden nach einer Phase der Investitionszurückhaltung wieder vermehrt auch Projektfinanzierungen angegangen. Überhaupt habe das Kreditgeschäft stärker angezogen als erwartet, und sein Volumen liege inzwischen höher als Ende 2019 vor der Pandemie.
Während die Sparte Assetmanagement für das Schlussquartal Erträge auf Rekordniveau meldete (siehe Bericht auf dieser Seite), mauserte sich im vierten Quartal die Privatbank des Konzerns zum einnahmestärksten Geschäftsfeld. Mit 2,040 Mrd. Euro nahm das Segment 4% mehr ein als vor Jahresfrist sowie 120 Mill. Euro mehr als die Investmentbank. Dank eines Nettoneugeschäfts von 7 Mrd. Euro zog der Zinsüberschuss binnen Jahresfrist um 14% an. Brutto steht nach einem negativen Ergebnis-Swing von 66 Mill. Euro gleichwohl ein Minus von 51 Mill. Euro zu Buche. Darin schlugen sich neben rückläufigen Einnahmen aus Abwicklungsaktivitäten bei Sal. Oppenheim ein um 12% erhöhter Verwaltungsaufwand und Restrukturierungskosten ebenso nieder wie der Fortfall eines günstigen Basiseffekts aus der Bilanzierung von Pensionsverbindlichkeiten vor Jahresfrist.
Deutsche Bank | ||||
Kennzahlen nach IFRS | ||||
4. Quartal | Gesamtjahr | |||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 | 2021 | 2020 |
Zinsüberschuss | 2923 | 2565 | 11155 | 11526 |
Risikovorsorge im Kreditgeschäft | 254 | 251 | 515 | 1792 |
Zinsüberschuss nach Risikovorsorge | 2669 | 2313 | 10640 | 9734 |
Provisionsüberschuss | 2987 | 2459 | 10934 | 9424 |
Ergebnis aus Fair-Value-Bewertung finanzieller Vermögenswerte/Verpflichtungen | 55 | 516 | 3045 | 2465 |
Ergebnis aus Fair-Value-Bewertung über die sonstige erfolgsneutrale Eigenkapitalveränderung | 48 | 86 | 237 | 323 |
Ergebnis aus zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanzierten finanziellen Assets | –4 | –15 | 1 | 311 |
Ergebnis aus nach der Equity-Methode bilanzierten Anlagen | 42 | 38 | 98 | 120 |
sonstige Erträge | –151 | – 196 | – 58 | – 141 |
Nettoerträge insgesamt | 5900 | 5453 | 25410 | 24028 |
Personalaufwand | 2715 | 2475 | 10418 | 10471 |
Sachaufwand und sonstiger Aufwand | 2693 | 2449 | 10821 | 10259 |
Wertminderungen auf Geschäfts- oder Firmenwert und sonst. immaterielle Assets | 2 | – | 5 | – |
Restrukturierungsaufwand | 154 | 103 | 261 | 485 |
Verwaltungsaufwand | 5564 | 21505 | 5027 | 21216 |
Ergebnis vor Steuern | 82 | 175 | 3390 | 1021 |
Steuern (Minus: Gutschrift) | – 234 | – 14 | 880 | 397 |
Nettoergebnis | 315 | 189 | 2510 | 624 |
Minderheitsanteile | 52 | 42 | 144 | 31 |
Den Deutsche-Bank-Aktionären und Ergänzungskapital zurechenbares Konzernergebnis | 263 | 147 | 2365 | 495 |
Ergebnis je Aktie (verwässert, Euro) | 0,12 | 0,93 | 0,07 | 0,07 |
Durchschnittliche materielle Eigenkapital-rendite nach Steuern (%) | 1,1 | 3,8 | 0,4 | 0,2 |
Aufwand-Ertrag-Relation (%) | 94,3 | 92,2 | 84,6 | 88,3 |
Nettozinsmarge (%) | 1,2 | 1,1 | 1,2 | 1,1 |
Bilanzsumme (Mrd. Euro) | 1324 | 1324 | 1325 | 1325 |
Harte Kernkapitalquote (CET1, fully loaded), in Prozent zum Periodenende | 13,2 | 13,2 | 13,6 | 13,6 |
Leverage Ratio (%) | 4,9 | 4,9 | 4,7 | 4,7 |
Mitarbeiter (Vollzeitäquivalent) | 82969 | 82969 | 84659 | 84659 |
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