Kreditgenossen hauchen Digitaltochter Amberra erstes Leben ein
Von Silke Stoltenberg, Frankfurt
Kurz vor Jahresschluss ist es dann doch noch geglückt: Die Genossenschaftsbanken haben ihre Digitaltochter Amberra offiziell an den Start gebracht. Dies bestätigte ein Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Der „Evolutionsbeschleuniger“, der in der Gruppe digitale Ökosysteme vorantreiben soll, hat seinen Sitz in Berlin und wurde offiziell am 22. Dezember in das Handelsregister eingetragen.
Interims-Geschäftsführung
Dem Handelsregisterauszug zufolge fungieren Jörg Götze, Abteilungsleiter Vertriebsstrategie beim BVR, und René Gardenier, Gruppenleiter Finanzen beim BVR, als Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Stammkapital 25 000 Euro beträgt. Der BVR-Sprecher bestätigte Informationen der Börsen-Zeitung, dass diese nur als Interims-Geschäftsführer bis zum Start des Geschäftsbetriebs im Einsatz sind. Der Start des Geschäftsbetriebs ist für den 1. April geplant. Auch bestätigte der Sprecher die Information der Börsen-Zeitung, dass es zum offiziellen Start dann nur noch einen externen Geschäftsführer geben soll.
Auch die Mitglieder des Investmentausschusses seien durch die Gesellschafter benannt worden, so der BVR-Sprecher weiter. Dieser Ausschuss soll die zu finanzierenden Projekte bestimmen und ist zugleich auch das Kontrollgremium der neuen Tochter. Die konstituierende Sitzung des Investmentausschusses findet bereits nächsten Montag statt.
Nach Informationen der Börsen-Zeitung hat der Investmentausschuss neun Mitglieder. Neben der BVR-Präsidentin Marija Kolak sind sieben Mitglieder der Finanzgruppe ernannt worden. Auch ist ein externer Kandidat als Spezialist für Ökosysteme vorgesehen, allerdings ohne Stimmberechtigung. Vertreten sind als Gesellschafter der IT-Dienstleister Atruvia durch Vorstandssprecher Ulrich Coenen, die Primärbanken durch die Vorstände Ulrich Scheppan (Volksbank Bielefeld-Gütersloh), Joachim Erhard (VR-Bank Würzburg) und Andreas Knief (Volksbank Haselünne), das Zentralinstitut DZ Bank über ihre Tochter Schwäbisch Hall durch den Generalbevollmächtigten Mario Thaten, Vorstand Sandro Reinhardt von DG Nexolution sowie Joachim Hausner, Vorstand der Bayerischen Raiffeisen-Beteiligungs-Aktiengesellschaft, als Vertreter der derzeit finanzierenden drei genossenschaftlichen Beteiligungsholdings.
Über das Banking hinaus
Amberra soll als Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft Angebote jenseits des klassischen Bankgeschäfts für digitale Ökosysteme ersinnen und für kleinere Banken herunterskalieren. In diesen Systemen mit einem speziellen Oberthema steht die Bank in der Mitte und an der Kundenschnittstelle und bindet externe Partner außerhalb der Finanzdienstleistungsbranche ein – zum Beispiel Energieberater oder Handwerker beim Thema Bauen.
Das Vorhaben des Inkubators und Accelerators Amberra war im Juni bei der Mitgliederversammlung in Berlin beschlossen worden. Durch interne Debatten über die Kapitalisierung hatte sich der Prozess in die Länge gezogen (vgl. BZ vom 25.11.2022). Insbesondere die Frage, auf welche Weise die Primärbanken wie geplant in drei Jahren die Anteile des Interims-Gesellschafters BVR von 48 % übernehmen sollen, hatte zu Diskussionen geführt. Nun sollen hier stärker die genossenschaftlichen Beteiligungsholdings ins Boot kommen, die bereits zum Start mit 3 % dabei sind. Die Primärbanken sind Anteilseigner der Holdings, so dass die Finanzierung dann in drei Jahren nur indirekt über die Ortsbanken erfolgt. Die andere Hälfte der Anteile liegt bei den Gruppenunternehmen DZ Bank (20 %), Atruvia (20 %), DG Nexolution (6 % ) und VR-Networld (3 %). Für Aufbau und Betrieb in den ersten drei Jahren war ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag veranschlagt worden.
Dem Handelsregister zufolge soll Amberra den Geschäftsbetrieb der Genossenschaftsbanken und deren Weiterentwicklung fördern mit Blick auf Innovationen bei Produkten oder Dienstleistungen, die als ganzheitlicher Ansatz für Privatkunden (Lebenswelten) oder Unternehmenskunden (Unternehmenswelten) attraktiv sein können. Konkret soll Amberra skalierbare Lösungen identifizieren und fördern sowie Netzwerke aufbauen zu Unternehmen, die „innovative Produkte oder Dienstleistungen in banknahen oder bankfernen Lebenswelten und Unternehmenswelten anbieten oder entwickeln, von welchen die Genossenschaftsbanken durch eine vertriebliche Zusammenarbeit oder anderweitig profitieren können“.
Beteiligungsvehikel
Die Gesellschaft soll Projekte finanzieren und fördern sowie den Genossenschaftsbanken daran Beteiligungen über Investmentvehikel anbieten. Es seien keine Tätigkeiten geplant, die finanzaufsichtsrechtliche Genehmigungen etwa nach dem Kreditwesengesetz erforderten.