Digital Lending Association

Kreditplattformen-Verband zieht es nach Europa

Die in Berlin ansässige Digital Lending Association stellt sich inhaltlich und geografisch breiter auf. Der einstige Verband deutscher Kreditplattformen hat sich umbenannt, um zu unterstreichen, dass er das volle Spektrum der digitalen Fremdfinanzierung abdeckt.

Kreditplattformen-Verband zieht es nach Europa

Kreditplattformen-Verband zieht es nach Europa

Umbenennung in "Digital Lending Association" als Schritt zur Internationalisierung – Zinswende erschwert Finanzierung

Die Digital Lending Association stellt sich inhaltlich und geografisch breiter auf, wie die Verbandsführung berich­tet. Der einstige Verband deutscher Kreditplattformen hat sich umbenannt, um zu unterstreichen, dass er das volle Spektrum der digitalen Fremdfinanzierung abdeckt und in Europa unterwegs ist. In einzelnen Mitgliedsunternehmen wird derweil das Wachstum gebremst, denn potenzielle Geldgeber haben infolge des Zinsanstiegs mehr Auswahl bei den Anlagen.

fir Frankfurt
Von Tobias Fischer, Frankfurt

Den ersten Schritt nach Europa hat der „Verband deutscher Kreditplattformen“ zur Jahresmitte mit seiner Umbenennung in „Digital Lending Association“ genommen. Der neue Name soll einer wachsenden Vielfalt Ausdruck verleihen. Seit der Gründung im Sommer 2019 in Berlin durch die Online-Kreditmarktplätze Auxmoney, Creditshelf und Kapilendo und Funding Circle, die für Investitionen in vorrangige Darlehen stehen, ist mittlerweile das komplette Spektrum der digitalen Fremdfinanzierung im Verband vertreten, inklusive Investoren und Dienstleistern.

„Wir erleben diese bunte Mischung, von Unternehmen, die zum Ökosystem gehören, als sehr positiv“, sagt Verbandsgeschäftsführer Constantin Fabricius im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „So wollen wir weiter wachsen.“ Und zwar in Europa. Von der Europäisierung des Verbandes zeugten auch die Mitgliedschaften von Iwoca als Vertreter aus Großbritannien, Estateguru aus Estland und Loanboox aus der Schweiz.

Volle Wertschöpfungskette

Die aktuell 27 Mitglieder bildeten alle Instrumente auf der Fremdfinanzierungsseite ab, ob Senior Loan, Schuldscheine oder Spielarten des Factoring. Passend hinzu kämen Unternehmen, die darüber hinaus in der Wertschöpfungskette eine Rolle spielen. ID Now, Authada oder BSS etwa, die sich am einen Ende mit Kundenidentifizierung und Geldwäsche beschäftigen. Und am anderen Ende der Wertschöpfungskette befänden sich die Vertreter des Forderungsmanagements, HMCS etwa oder Loancos.

Klar abgrenzen will sich der Verband vom reinen Maklergeschäft, wie Fabricius sagt. "Das ist nicht unser Business.“ Das gelte auch für Buy now, pay later, also die Möglichkeit, im Onlinehandel jetzt zu kaufen und später zu bezahlen. „Nur weil etwas digital daherkommt, ist es nicht unbedingt Digital Lending", sagt der Geschäftsführer. Das nämlich bedeute, institutionelles oder privates Kapital digital dorthin zu bringen, wo entsprechende Finanzierungen gebraucht werden.

Crosslend-CEO Hinz ergänzt: „Man muss ganz genau hinschauen, wie Digitalisierung begriffen wird. Wenn eine Bank ihre Faxe einscannt und als PDF ablegt, handelt es sich dann um eine Digitalisierungsplattform? Das hat man bei Vermittlern wie Smava oder Check24 teilweise auch. Der Kreditnehmer bekommt dann mitunter einen Vertrag über 85 Seiten in Papierform zum Unterschreiben zugeschickt. Das ist nicht so, wie wir das verstehen.“

Kapitalmarktunion als Ziel

Auf dem Weg zur Vollendung eines EU-Binnenmarktes für Kapital möchten die Verbandsmitglieder ein Wörtchen mitreden. Man wolle als gleichberechtigter Partner am Tisch sitzen, wenn es um die Fortschreibung der Kapitalmarktunion geht, verdeutlicht Fabricius, denn Fintech-Kreditgeber seien eine unverzichtbare Ergänzung zur bankbasierten Finanzierung. „Hier kommen wir voran“, konstatiert er. „Denn klar ist: Der Green Deal wird nicht allein mit den Banken zu schaffen sein. Da wird es andere Partner brauchen, und wir wollen unseren Teil dazu beitragen.“

Abgrenzung von Bankenregulierung

Selbstbewusst gibt sich im Gespräch auch Auxmoney-Chef Philipp Kriependorf, der zu den Gründervätern des Verbandes gehört und mit den Chefs von Creditshelf, Tim Thabe, und von Crosslend, Marco Hinz, den dreiköpfigen Verbandsvorstand bildet: „Wir wollen dafür sorgen, dass Digital Lending ein eigenständiger und wichtiger Teil des Finanzierungsökosystems in Europa ist.“ Dazu gehört laut Fabricius, „dass wir unsere eigene Regulierung bekommen und so zusätzlich deutlich wird: Das machen die Banken, und das machen wir“.

Seiner Beobachtung nach setzen sich immer mehr Unternehmen der Branche in der EU "einer anstrengenden Regulierung" aus, die von der wachsenden Professionalisierung künde. "Insbesondere bemühen sich viele um eine europäische Mifid-Lizenz, statt sich mit der Schwarmfinanzierungsverordnung aufzuhalten“, sagt Fabricius.

Hinz bezeichnet den Schritt nach Europa als folgerichtig, um Flagge zu zeigen, sei doch in Brüssel die maßgebliche Gesetzgebung. „Wir stehen einer Industrie gegenüber, die deutlich mehr Gehör findet und Firepower hat“, sagt er mit Blick auf klassische Banken.

Die Folgen der geldpolitischen Wende der EZB gehen an den meisten Kreditplattformen nicht spurlos vorbei. Das Geld sitzt bei institutionellen In­vestoren wie Versicherern, Pensi­onskassen, Banken und Family Offices, die Kapital in die Kreditplattformen einbringen, nicht mehr so locker, schließlich gibt es mit der Rückkehr des Zinses wieder Alternativen. Zudem sind die Refinanzierungskosten gestiegen. „Die Zinswende spüren wir“, bekundet Kriependorf. „Die Auswirkungen sind aber unterschiedlich, nicht nur negativ oder nur positiv.“ Die 2007 gegründete Auxmoney hatte einst private Kreditnehmer mit privaten Geldgebern zusammengebracht, hat sich mittlerweile aber auf institutionelle Anleger verlegt.

Markt in Bewegung

„Die Investoren haben jetzt Alternativen“, sagt Creditshelf-CEO Thabe: „Der Markt ist in Bewegung gekommen und bietet nicht nur mehr Zinsen, sondern auch Opportunitäten. Kapital einzuwerben ist deshalb nicht leichter geworden.“ Zugleich ist Thabe zufolge mehr Kreditnachfrage zu höheren Konditionen zu bemerken. „Es hat sich etwas in den alternativen Finanzierungsbereich verschoben, weil sich in unserer Wahrnehmung die Banken etwas zurückgezogen haben.“

Das Geschäft von Creditshelf fiel zuletzt deutlich ab, seit der Refinanzierungspartner Amsterdam Trade Bank insolvent geworden war und die Funding-Zusage von Creditshelf-Großaktionär Rolf Elgeti auf sich warten lässt.

Gelder flossen bislang über dessen Bankhaus Obotritia, das Anfang des Monats das Aus verkündete und als Gründe den angespannten Immobilienmarkt im Zuge der Zinswende und strengere Vorgaben der Bankenaufsicht ins Feld führte. 

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