Kreditversicherer sehen "deutlich mehr Schäden"

Im laufenden Jahr Zahlungen von 1,1 Mrd. Euro erwartet - Thomas-Cook-Pleite sticht als größter Fall hervor

Kreditversicherer sehen "deutlich mehr Schäden"

Die deutliche Konjunkturabschwächung fordert bei den Kreditversicherern ihren Tribut: Die Schäden dürften 2019 um 60 % nach oben schießen. Größter Schaden ist die Thomas-Cook-Pleite mit 110 Mill. Euro. Die Branche will diese Maximalsumme durch ein mehrstufiges System ersetzen.tl Frankfurt – Die deutschen Kreditversicherer leiden unter der sich eintrübenden Konjunktur. Für das laufende Jahr wird mit Leistungen für Schäden von 1,112 Mrd. Euro gerechnet. Das wäre im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von 60 %. Diese und die weiteren Zahlen für 2019, die der Vorsitzende der Kommission Kreditversicherung im Versicherungsverband GDV, Thomas Langen, in einem Pressegespräch präsentierte, sind allerdings nicht endgültig, sondern basieren auf einer Hochrechnung auf Basis der ersten drei Quartale.Aufgrund von “deutlich mehr und deutlich höheren Schäden als in den vergangenen Jahren”, wie Langen ausführte, verschlechtert sich die Schaden-Kosten-Quote bei den Kreditversicherern auf 93 (i.V. 70) %, das heißt, nach Abzug von Schadenzahlungen und Kosten bleibt aus dem reinen Versicherungsgeschäft ein deutlich geschrumpfter Ertrag. Größter Schaden war im laufenden Jahr der Reiseveranstalter Thomas Cook mit 110 Mill. Euro. Diese gesetzlich vorgegebene Maximalsumme dürfte allerdings nicht ausreichen, um alle Schäden zu begleichen. Das Bundesjustizministerium wird daher mit Reiseveranstaltern und Assekuranz Gespräche über eine Reform führen. Die Branche will vorschlagen, den bisherigen Deckel durch ein mehrstufiges System zu ersetzen. Wie das konkret aussehen soll, ließ Langen aber auch auf Nachfrage offen. “In dem ersten Gespräch im Bundesjustizministerium am kommenden Montag wollen wir die Details vorstellen.” Es sei für die Versicherer schwer, zu erkennen, wo der Maximalbedarf liege, da man weder die Höhe der Vorauszahlungen noch die Zahl der Reisenden, die jeweils unterwegs sind, kenne. Anregungen der BrancheWeitere “Anregungen” für die Gespräche sind laut Langen mögliche Änderungen an Zeitpunkt und Umfang der Vorauszahlungen der Kunden, die sich ja unmittelbar auf die Absicherungshöhe auswirken. Der Manager, der im Hauptberuf das Geschäft des niederländischen Kreditversicherers Atradius in Deutschland, Mittel- und Osteuropa verantwortet, regte an, sich die Konzepte anderer Länder anzusehen und verwies auf das Beispiel Österreich, wo Anzahlungen zeitlich gestaffelt und nur in einer bestimmten Maximalhöhe geleistet werden dürfen.Schließlich sollten die Versicherer nicht gezwungen werden, im Schadenfall zum “Ersatz-Reiseveranstalter” zu werden. Die Reiseveranstalter sollten einen Notfall-Mechanismus schaffen, der dann Unterkünfte, Flüge und Transfers organisiert. Die Versicherer würden dann ausschließlich für die finanziellen Schäden aufkommen.In der Kautionsversicherung, neben der Warenkredit-/Delkredere-Versicherung und der Vertrauensschadenversicherung (VSV) eine der drei Sparten der Kreditversicherung, schießen die Schäden insbesondere durch Thomas Cook 2019 voraussichtlich um 150 % auf 475 Mill. Euro in die Höhe. Die Beitragseinnahmen dürften bei 680 Mill. Euro (+7 %) liegen.Aber auch in der mit Beiträgen von 817 Mill. Euro wichtigsten Sparte, der Warenkreditversicherung, dürften die Schadenzahlungen zunehmen – um 16 % auf 421 Mill. Euro. Deutsche Unternehmen hätten im laufenden Jahr “auf breiter Front mehr Zahlungsausfälle und Zahlungsverzögerungen erlitten als in den Vorjahren.” Denn zur Sicherung ihrer Umsätze gingen immer mehr Unternehmen dazu über, statt auf Vorkasse auf Rechnung zu liefern oder die Zahlungsziele zu verlängern. “Im Ergebnis tragen die Unternehmen damit deutlich höhere Forderungsrisiken als in den vergangenen Jahren.”Langen sprach nicht nur von einem Wendepunkt seiner Branche, sondern er sieht auch eine Trendwende in der Entwicklung der Insolvenzen. Diese dürften in Deutschland zwar im laufenden Jahr bei 19 300 stagnieren, im kommenden Jahr aber um 2 % auf 19 700 steigen, erstmals seit 2009. Zweitgrößter Schadenfall für die Kreditversicherer war in diesem Jahr das Windenergieunternehmen Senvion mit 82 Mill. Euro, gefolgt vom Automobilzulieferer Eisenmann mit 42 Mill. Euro. Kräftiger AnstiegIn der Vertrauensschadenversicherung, die Schäden durch kriminelle Vertrauenspersonen abdeckt (z. B. Fake-President-Fälle, aber auch durch Hackerangriffe), legten die Leistungen der Versicherer um 50 % auf 216 Mill. Euro zu – bei Beitragseinnahmen von 281 Mill. Euro (+1 %).Besonderen Wert legte Langen auf den Hinweis, dass die Kreditversicherer ihre Deckungssummen weiter erhöht hätten auf fast 500 Mrd. Euro (430 Mrd. Euro in der Warenkreditversicherung, 65 Mrd. Euro in der Kautionsversicherung, entsprechend einem Plus von 1,5 % bzw. 5 %). “Wir stehen zu unseren Zusagen und stehen auch in schwieriger werdenden Zeiten an der Seite unserer Kunden”, unterstrich Langen.