Kreditversicherer wollen Schutzschirm verlängern

Größere Pleiten erst nächstes Jahr erwartet - Ausgesetzte Insolvenzantragspflicht erschwert Durchblick

Kreditversicherer wollen Schutzschirm verlängern

ak Köln – Die Versicherungsbranche wird mit der Bundesregierung über eine Fortführung des Corona-Schutzschirms für Warenkreditpolicen diskutieren. Denn größere Pleiten erwartet die Assekuranz erst im nächsten Jahr. “Wir Versicherer werden uns im September mit dem Bund an einen Tisch setzen und darüber sprechen, ob wir den Schutzschirm über den Dezember hinaus verlängern wollen”, sagte Jochen Böhm, Mitglied der Geschäftsleitung Nordeuropa beim Kreditversicherer Coface, der an den Verhandlungen beteiligt ist, der Nachrichtenagentur Bloomberg. Dabei müsse auch das Volumen des Schutzschirms sowie die Höhe der abzuführenden Versicherungsprämien diskutiert werden. 30 Mrd. Euro GarantieDie bisher vereinbarte staatliche Garantie für 30 Mrd. Euro läuft eigentlich Ende des Jahres aus. Im April hatten sich Kreditversicherer und Bund über den Schutzschirm verständigt, damit die bestehenden Deckungen für Lieferantenkredite im Umfang von rund 400 Mrd. Euro auch angesichts drohender Insolvenzen in Folge der Pandemie aufrechterhalten werden konnten. Das ist nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auch gelungen, der den Schutzschirm deshalb als “vollen Erfolg” bezeichnet. Coface-Manager Böhm sagte, in vielen anderen Ländern, vor allem im Norden Europas, gelte er inzwischen als Vorbild.Die konkrete Regelung sieht so aus: Bei den ersten 5 Mrd. Euro an Schäden, die gemeldet werden, übernimmt der Bund 90 %, die Kreditversicherer tragen 10 %. Bei mehr Schäden springt der Bund zu 100 % bis zu einer Grenze von 30 Mrd. Euro ein. Darüber wären dann wieder die Kreditversicherer in der Pflicht. Das bedeutet, dass der Schadenaufwand für die Kreditversicherer aller Voraussicht nach bei 500 Mill. Euro gedeckelt wird. Dafür geben die Versicherer 65 % ihrer Beitragseinnahmen an den Bund ab. Alle vier Marktführer in der Kreditversicherung – Euler Hermes, Atradius, Coface und R+V – waren der Vereinbarung beigetreten.Der Verzicht auf einen Großteil der Prämieneinnahmen in diesem Jahr ist für die Versicherer laut Böhm allerdings eine Belastung. Hinzu komme, dass “die befürchteten extremen Schäden, die der Schirm absichert, noch nicht eingetreten sind”. Denn die größeren Insolvenzen in Folge der Pandemie erwartet der Manager erst für 2021. Insgesamt dürfte sich die Pleitewelle seiner Meinung nach über zwei Jahre hinziehen. “Der Schein trügt”Ein Problem für die Kreditversicherer ist die zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in Deutschland. Das verstelle den Blick auf das reale Geschehen, kritisiert der GDV. Die tatsächlichen Folgen der Pandemie seien dadurch für die Kreditversicherer nur schwer abzuschätzen. “Unternehmen in Schieflage müssen dies aktuell erst im Herbst bei einem Insolvenzgericht anzeigen”, sagte Ron van het Hof, Deutschland-Chef von Euler Hermes. “Deshalb sehen wir aktuell noch relativ wenige Fälle in Deutschland. Aber der Schein trügt und mit Ende dieser Regelung schlägt für viele die Stunde der Wahrheit. Verschoben ist nicht aufgehoben.”Im ersten Halbjahr dieses Jahres verzeichnen die Kreditversicherer nach Angaben des GDV ein Schadenaufkommen in etwa auf dem Niveau des Vorjahres.