Kreditwirtschaft fordert nationale Bankenabgabe zurück
Institute fordern Bankenabgabe zurück
Mittel sollen bei Transformationsfinanzierung helfen – Anträge auf Rückerstattung bis Anfang April – Gesetzgebung stockt
Nachdem der europäische Bankenrettungsfonds SRF aufgebaut ist, gibt es keine Verwendung mehr für die bis 2014 gezahlte nationale Bankenabgabe. Die Kreditinstitute stellen Anträge auf Rückerstattung bei der BaFin. Anfang April läuft dafür die Frist ab. Die Pläne der Ampel, die Mittel auf den deutschen Rettungsfonds Soffin zu übertragen, stocken.
Von Angela Wefers, Berlin
Die deutschen Banken und Sparkassen wollen ihren Anspruch auf Rückzahlung der Altmittel der nationalen Bankenabgabe von rund 2,3 Mrd. Euro wahren. Zahlreiche Institute stellen deshalb bis Anfang April Anträge bei der Finanzaufsicht BaFin auf Aufhebung der Bescheide und Rückerstattung der Mittel. Dies erfuhr die Börsen-Zeitung aus Finanzkreisen. Die Ampel-Koalition plant indessen die Übertragung dieser Altmittel auf den Bankenrettungsfonds Soffin. Sie will damit Schulden des Soffin aus der Finanzkrise kompensieren. Beim erforderlichen Gesetzgebungsverfahren hakt es jedoch.
Haftungsfrage für Banken
„Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) spricht sich dafür aus, die Altmittel an die ursprünglichen Beitragszahler zurückzuzahlen“, teilte die Interessengemeinschaft der Branchenverbände der Banken und Sparkassen auf Anfrage mit. Dieses Vorgehen sei aus rechtlicher Sicht angezeigt. Die Institute müssten die Anträge stellen, da sonst allein wegen des Fristablaufs Ansprüche verfallen würden und daraus rechtliche Risiken entstehen könnten. Für die Vorstände der Institute handelt es sich um eine Haftungsfrage, hieß es in Finanzkreisen. Die Führungsebene ist gesetzlich verpflichtet, Ansprüche zum Wohl des Unternehmens geltend zu machen.
Bescheide von der BaFin
Von 2011 bis 2014 hatte die deutsche Kreditwirtschaft insgesamt 2,3 Mrd. Euro Bankenabgabe in den deutschen Restrukturierungsfonds gezahlt. Die Bescheide kamen von der BaFin. Eingeführt wurde die Bankenabgabe nach der Finanzkrise 2008/2009. Die Branche sollte selbst für künftige Fälle vorsorgen, um nicht wieder den Steuerzahler zu beanspruchen.
Von 2015 an floss die Bankenabgabe in den Europäischen Bankenrettungsfonds SRF (Single Resolution Fund). In der Aufbauphase blieb die schon gezahlte nationale Bankenabgabe im Restrukturierungsfonds als Sicherheit stehen – für den Fall einer neuen Finanzkrise. Die größten Zahler waren die mehr als 180 Groß- und Regionalbanken mit 1,16 Mrd. Euro bis 2014. Die Landesbanken zahlten 784 Mill. Euro in dieser Zeit.
Der europäische SRF ist mit 78 Mrd. Euro jetzt so gefüllt, dass weitere Zahlungen vorerst nicht anstehen und die Aufbauphase abgeschlossen ist. Das Sicherheitspolster wird nicht mehr benötigt. Der Verwendungszweck der als Sonderabgabe von den Banken und Sparkassen erhobenen Mittel ist damit zum 31.12.2023 entfallen. Somit muss der Gesetzgeber rechtlich alsbald über eine Verwendung entscheiden.
Erhoben wird die Bankenabgabe in einem Verwaltungsverfahren. Nur die BaFin als Verwaltungsstelle kann die Bescheide aufheben, um die Rückerstattung zu ermöglichen. Die Kreditinstitute müssen innerhalb von drei Monaten nach dem Wegfall des Verwendungszwecks handeln, um die Frist zu wahren. Präzise läuft diese am 2. April aus, um die Anträge auf Aufhebung der Bescheide zu stellen.
Rückzahlung von Schulden
Die Ampel-Koalition will die 2,3 Mrd. Euro indessen einbehalten und auf den Soffin übertragen. Dort sank der nicht gedeckte Fehlbetrag Ende 2022 auf 21,5 Mrd. Euro. Bund und Länder sind nach der Endabrechnung in der Pflicht. Nach monatelangem Ringen war Anfang Januar der Referentenentwurf zu einem Restrukturierungsfonds-Übertragungsgesetz aus dem Haus von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bekannt geworden. Das Ministerium hatte ihn in die Ressortabstimmung gegeben.
Neben der Übertragung der Mittel auf den Soffin soll die Bankenabgabe künftig steuerlich als Betriebsausgabe abzugsfähig sein. Dies entspricht der Praxis in den meisten europäischen Ländern, war aber in Deutschland gegenteilig geregelt. Die Bankenabgabe sollte in ungeminderter Höhe auf risikoärmere Geschäftsmodelle hinwirken, begründete das Finanzministerium damals das Abzugsverbot. Bei steuerlicher Abzugsfähigkeit wäre dieser Effekt zum Teil neutralisiert worden.
Die Gesetzgebung stockt derzeit. In der Finanzbranche wird vermutet, dass sich der Dissens innerhalb der Ampel an der steuerlichen Abzugsfähigkeit entzündet hat. Die Kreditwirtschaft hatte zwar stets auf die Abzugsfähigkeit gedrungen, weil Sonderabgaben auch sonst steuersystematisch grundsätzlich als Betriebsausgabe gewertet werden.
Erfolge bei der Risikoreduzierung
Nun dürfte die Branche von dem aufgehobenen Abzugsverbot faktisch aber ohnehin nicht mehr profitieren: Da der europäische SRF sogar über Plan gefüllt ist, geht das Ministerium laut Referentenentwurf davon aus, dass keine weiteren Abgaben erhoben werden und auch keine steuerlichen Mindereinnahmen zu erwarten sind. „Durch die nunmehr geänderten europäischen Rahmenbedingungen bedarf es des Abzugsverbots zur Beibehaltung der Lenkungswirkung allerdings künftig nicht mehr“, heißt es wörtlich.
Verwiesen wird auf die mittlerweile verbesserte Abwicklungsfähigkeit von Kreditinstituten, Erfolge bei der Risikoreduzierung, die verbindlichen Mindestanforderungen an das Eigenkapital, besondere Verbindlichkeiten zur Verlustabsorption und Rekapitalisierung sowie die Vorgabe für deutsche Institute, abwicklungsfähig zu sein.
Rechtsrisiko bei Sonderabgaben
Der Verwendung der Mittel sind enge rechtliche Grenzen gesetzt. Da es sich um eine Sonderabgabe handelt, müssen die Einnahmen „gruppennützig“ verwendet werden. Sie müssen derjenigen Gruppe zugutekommen, die sie aufgebracht hat. Der Bund darf sie nicht etwa für seinen Haushalt einkassieren. Das Bundesfinanzministerium hatte dazu eigens ein Rechtsgutachten bei den Heidelberger Forschern für Finanz- und Steuerrecht, Anđela Milutinović und Ekkehart Reimer, eingeholt, das im März 2022 öffentlich wurde.
Eine Rückzahlung wäre dem Ministerium zufolge eine gruppennützige Verwendung. Die parlamentarische Finanzstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) hatte im Frühjahr 2023 gegenüber dem Finanzausschuss des Bundestags Sympathie des Ministeriums für die Rückerstattung der Mittel gezeigt: Dies könne die Banken bei der Finanzierung der Transformation der deutschen Wirtschaft unterstützen. Im Referentenentwurf wird nun allerdings eine Rückführung der Mittel als problematisch nach europäischem Beihilferecht eingestuft. Die Überführung in den Soffin war auch eine der schon früh diskutierten Möglichkeiten. Die Heidelberger Rechtsgutachter hatten dies zwar als möglich eingestuft, aber auf rechtliche Risiken verwiesen: Es würden damit höchstrichterlich ungeklärte Fragen zum Sonderabgabenrecht aufgeworfen.
Deutsche KreditwirtschaftZu bedauern ist, dass von der Bundesregierung das Angebot, mittels rückerstatteter Altmittel einen Transformationsfonds zu errichten, nicht angenommen wurde.
Die Kreditwirtschaft hatte lang mit dem Bund über einen Finanzierungstopf verhandelt. „Zu bedauern ist, dass von der Bundesregierung das Angebot, mittels rückerstatteter Altmittel einen Transformationsfonds zu errichten, nicht angenommen wurde“, teilte die DK mit und erinnert an die Finanzierungsaufgabe der Branche. Rückerstattete Mittel könnten Banken und Sparkassen zur Finanzierung der digitalen und nachhaltigen Transformation einsetzen. Angesichts der enormen Investitionssummen, die in den nächsten Jahren in der deutschen Wirtschaft erforderlich seien, wäre dies ein wichtiger Beitrag zur Transformationsfinanzierung ohne Einsatz zusätzlicher Haushaltsmittel, argumentiert die DK.