Kreditwirtschaft stellt EU-Sparerschutz infrage

Gutachten hält gewählte Rechtsbasis für unzulässig

Kreditwirtschaft stellt EU-Sparerschutz infrage

fed Brüssel – Deutschlands Banken und Sparkassen kontern mit einem eigenen Gutachten die Rechtsposition der EU in Sachen Einlagensicherung. Die EU-Kommission hatte sich vorigen Herbst bei ihrem Vorschlag für eine EU-Verordnung zur schrittweisen Vergemeinschaftung der Einlagensicherung (EDIS) auf den Binnenmarktartikel (Art. 114 EU-Grundvertrag) gestützt. Gesetzesvorschläge, die sich auf diesen Artikel gründen, benötigen, um verabschiedet zu werden, lediglich eine qualifizierte Mehrheit der EU-Regierungen, also etwa zwei Drittel der Stimmen im Rat. Der Juristische Dienst des Rats hatte kürzlich die Berufung auf Art. 114 als zulässig bewertet.Das Rechtsgutachten, das die Deutsche Kreditwirtschaft beim Bonner Juristen Matthias Herdegen in Auftrag gegeben hat, hält diese Rechtsbasis für unzulässig. Bedingung, sich auf Art. 114 zu beziehen, sei, dass die vorgeschlagene EU-Verordnung auf eine Angleichung von Rechtsvorschriften zielt. Zugleich müsse die Maßnahme der Beseitigung von Hürden im Binnenmarkt oder von Wettbewerbsverzerrungen dienen, die durch unterschiedliche Regelungen von Land zu Land ausgelöst werden. “Diese Bedingungen verfehlt der EDIS-Vorschlag in mehrfacher Hinsicht”, heißt es im Gutachten.Der Vorschlag ziele auf eine “Vergemeinschaftung von Deckungskapital und eine zentralisierte Erhebung und Verwaltung von Sicherungsmitteln durch eine unabhängige EU-Behörde”. Die Sorge um Sparguthaben in bestimmten EU-Staaten habe weniger mit den landesspezifischen Regeln der Einlagensicherung zu tun, vielmehr mit “risikoanfälligen Strukturen und der unzureichenden Schuldentragfähigkeit der jeweiligen Mitgliedstaaten”.Schließlich bezweifelt das Gutachten die Rechtmäßigkeit der Sammlung von Beiträgen der Banken in einem europäischen Topf unter Verwaltung der EU-Abwicklungsbehörde. Schließlich handele es sich ja nicht um Verwaltungsgebühren als Gegenleistung für eine administrative Dienstleistung, sondern um großvolumige Transfers. Um jedoch die Abgabenhoheit an eine EU-Agentur zu übertragen, die in beachtlichem Umfang finanzielle Beiträge von Kreditinstituten sammele, bedürfe es einer Änderung des EU-Grundvertrags – oder mindestens einer einstimmigen Zustimmung aller EU-Staaten nach Art. 352. Die Kreditwirtschaft hat ihr Gutachten gestern in Brüssel vorgestellt – absichtsvoll in englischer Sprache, weil es sich insbesondere an die Vertreter der EU-Institutionen und anderer EU-Länder richtet. Schließlich müssen die Verbände kaum mehr jemand in Deutschland überzeugen – in Brüssel jedoch noch fast alle Gesprächspartner. Sparkassen und Volksbanken haben deutlich gemacht, dass sie eine gemeinsame Einlagensicherung kategorisch ablehnen. Deutschlands Privatbanken zeigen sich zwar solidarisch. Einzelne Bankvorstände haben indes signalisiert, dass sie eine Europäisierung nicht prinzipiell ablehnen, sondern nur unter den gegebenen Bedingungen.