Clearinghäuser

Krieg als realer Stresstest

Der vierte Stresstest in der Clearingbranche hat erneut bestätigt, dass europäische CCPs recht widerstandsfähig aufgestellt sind. Die eigentliche gute Nachricht ist aber, dass sie auch den realen Stresstest bestanden haben: die Folgen des Ukraine-Kriegs.

Krieg als realer Stresstest

Die Bedeutung sicherer Clearinghäuser für die Finanzmarktstabilität kann kaum überschätzt werden. Daher ist es gut, dass die Europäische Markt­aufsichtsbehörde ESMA ihre Analyse­methoden zur Bewertung von zentralen Gegenparteien (Central Counterparties, CCPs) Schritt für Schritt weiter verfeinert, was sich auch in den seit 2016 stattfindenden regelmäßigen Stresstests in der Branche niederschlägt. So wurden bei der aktuellen ESMA-Simulation von Extremsituationen erstmals auch operative Risiken mit Blick auf externe Dienstleister mit einbezogen.

Und auch Umwelt- und Klimarisiken wurden im Clearing­geschäft zum ersten Mal beleuchtet – wenn zunächst auch nur als begleitende Analyse, die noch nicht Bestandteil des eigentlichen Stresstests war. Doch dies wird sich in Zukunft ganz sicher ändern. Denn auch wenn übrige Finanzmarktteilnehmer – wie etwa Banken – andere, nämlich langfristige Klimarisiken zu verzeichnen haben, müssen auch die Clearinghäuser die Folgen des Klimawandels im Blick behalten, die sich in ihrem Fall typischerweise kurzfristig in den Märkten aufbauen können.

Die gute Nachricht des aktuellen vierten ESMA-Stresstests: Die verfeinerten Untersuchungsmethoden werfen zwar einige neue Fragen auf, und noch längst nicht alle Ergebnisse sind im komplett grünen Bereich. Aber insgesamt haben sich die 15 in die Untersuchung einbezogenen Clearinghäuser als widerstandsfähig erwiesen. Sie sind in der Lage, Verluste aus Preisschocks und aus Marktverwerfungen zu absorbieren. Die aufgebauten Puffer waren in den überwiegenden Fällen groß genug. Grundlegende systemische Mängel waren nicht zu erkennen.

Was aber vielleicht noch viel wichtiger ist: Die untersuchten zentralen Gegenparteien haben sich nicht nur bei den theoretischen Simulationen, die sich auf Daten im Frühjahr 2021 bezogen, als robust erwiesen, sondern auch beim sehr praktischen Stresstest, dem sie ab dem 24. Februar ausgesetzt waren: Denn der russische Einmarsch in die Ukraine hat auch zu extremen Marktbewegungen bei Instrumenten im Rohstoff- und Energiebereich geführt.

Die Aufsichtsbehörden auf EU- und auf nationaler Ebene haben die finanziellen Auswirkungen auf die CCPs genau im Auge gehabt. Doch auch hier fällt das Ergebnis der ESMA positiv aus: Allen extremen Preisen und erhöhten Marktvolatilitäten zum Trotz sind die Clearinghäuser auch in dieser sehr realen Krise widerstandsfähig geblieben. Und dies ist doch die eigentlich gute Nachricht des Tages.

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