Kritik an Clearing-Regulierung
Ein Arbeitspapier des House of Finance übt Kritik an der Art und Weise der Regulierung von zentralen Gegenparteien, also von Clearing-Häusern. Diese sei “sehr fragmentiert” und “ignoriere” wichtige Aspekte, nämlich dass es eine Konsolidierung unter zentralen Gegenparteien geben kann und dass diese im Wettbewerb zueinander stehen, mit Tendenz zur Monopolbildung.dm Frankfurt – Die Autoren Jan Pieter Krahnen und Loriana Pelizzon vom House of Finance der Uni Frankfurt halten es für nötig, dass die Clearing-Häuser künftig von einer europäischen Aufsicht und nicht mehr von nationalen Aufsehern überwacht werden. Damit könne am besten die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) oder der einheitliche Bankenaufsichtsmechanismus (SSM) beauftragt werden. Der SSM eigne sich besonders, weil er bereits “tiefe Kenntnisse” über die Risiken von Banken und Broker-Dealern habe. Diese seien vornehmlich unter den großen Gegenparteien der zentralen Kontrahenten vertreten, damit würde sich eine doppelte Datenerfassung erübrigen. In extremen Marktszenarien könne die bestehende Regulierung signifikante Extremrisiken nach sich ziehen, weil die Anforderungen an von den Clearing-Kunden zu leistende Sicherheitsmargen zu stark gelockert worden sein könnten. Der “uneingeschränkte” Wettbewerb zwischen zentralen Kontrahenten könne zu einem “schlechten” Gleichgewicht mit steigendem systemischen Risiko führen.Der europäische CCP-Markt sei zwar ausgeprägt national strukturiert. Eine nationale Aufsicht sei jedoch nicht mehr vertretbar, da das Risiko einer Vereinnahmung der Regulierungsbehörden bestehe. Die Kosten einer laxen Aufsicht würden nämlich alle Länder in Form einer Externalität tragen. Auf die laufende Fusion von Deutsche Börse und London Stock Exchange (LSE) übersetzt wäre es somit angezeigt, dass das kombinierte Clearing-Geschäft den Sitz in der Europäischen Union haben und von einer einheitlichen europäischen Aufsicht überwacht werden müsste.Die Verfasser argumentieren, dass es in “korrelierten Schocks” auf die Vermögenswerte von vielen oder allen Kunden des Clearing-Hauses zu einer Abwärtsspirale des Wertes der hinterlegten Sicherheiten kommen könne. Damit würde sich letztlich auch der Wert des Eigenkapitals der Clearing-Kunden verringern, was wiederum sogenannte Haircuts – Sicherheitsabschläge – durch das Clearing-Haus auf die Margenreserven anderer Kunden “illusorisch” mache. Räuberischer ProzessZwar erkennen die Autoren an, dass durch Größenvorteile im Betrieb von CCP deren Risiken und Kosten stark gesenkt werden können. Andererseits liefere dies zugleich ein Argument für eine Konsolidierung, was im Extrem zu einem Monopolbetrieb führen könne, der ein ultimatives Insolvenz- und ein Systemrisiko für den gesamten Finanzsektor darstelle. Solange es keinen Monopolbetreiber gebe, werde es Wettbewerb geben, der die Stabilität des gesamten Finanzsystems untergraben könne, weil er zu einem “räuberischen Prozess in der Berechnung von Sicherheitsmargen” führe. Damit gemeint ist die Verringerung der Anforderungen an die zu stellenden Sicherheitsmargen der Clearing-Kunden zwecks Ausbaus von Marktanteilen. Krahnen und Pelizzon sehen hier die Überwachung durch eine zentrale Aufsicht angezeigt, die sich nicht von den nationalen Interessen vereinnahmen lässt. Im Rahmen der Ausarbeitung eines Sanierungs- und Abwicklungsregimes, die die EU-Kommission vorantreibt, sei es nicht getan, die entsprechende Richtlinie für den Bankensektor zu kopieren, die auf höhere Kapitalpuffer oder Gläubigerbeteiligung (Bail-in) setzt.Zentrale Gegenparteien wie die CCP der Derivatebörse Eurex (Deutsche Börse) treten zwischen zwei Parteien, die sich etwa gegen Zinsänderungsrisiken absichern. Sie bündeln also bilaterale Risiken unterschiedlichster Partner. Mit der Diversifikation verringern sich die Risiken beim Ausfall einer Gegenpartei. Hinzu kommen eine Reihe Kapitalpuffer und Sicherheiten. Ein Kunde profitiert von einem minimierten Erfüllungsrisiko und kann durch das Aufrechnen verschiedener Transaktionen auch mit weniger Kapitaleinsatz auskommen.