Kritik an Verkauf der Borsa Italiana wächst

Parlament diskutiert über Zuschlag an Euronext

Kritik an Verkauf der Borsa Italiana wächst

bl Mailand – Zwei Monate nach dem Zuschlag für die Mehrländerbörse rückt die Übernahme der Borsa Italiana durch Euronext wieder ins Zentrum der politischen Debatte. Am heutigen Dienstag stellt sich Borsa-Italiana-Chef Raffaele Jerusalmi im Finanzausschuss des Abgeordnetenhauses den Fragen der Parlamentarier, am Donnerstag will die rechte Opposition im Abgeordnetenhaus erneut Licht ins Dunkel um die Umstände der Übernahme bringen.Giulio Centemero, Mitglied der Finanzkommission des Abgeordnetenhauses und Abgeordneter der Lega, beklagt gegenüber der Börsen-Zeitung die massive Einmischung des Staates und das Fehlen eines Wettbewerbs beim Verkauf der Borsa Italiana. “Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri hat sich schon für Euronext ausgesprochen, als die Angebote der Deutschen Börse und der Schweizer Six noch nicht vorlagen.” Das sei Ausdruck von Inkompetenz. Es sei von größter Bedeutung, dass die Mailänder Börse das Wachstum der Unternehmen des Landes unterstütze und ihnen ausreichend Liquidität zur Verfügung stelle.Euronext-Chef Stéphane Boujnah solle vor dem Finanzausschuss des Parlaments aussagen. Jenseits allgemeiner Bekenntnisse müsse er konkret erklären, welche Projekte es gebe, damit die Mailänder Börse das Wachstum der italienischen Wirtschaft unterstützen könne, fordert Centemero. Nach seiner Ansicht, die von der Mailänder Finanzwelt weitgehend geteilt wird, müsste es Garantien dafür geben, dass das derzeitige Management der Borsa Italiana bleibt. Außerdem müssten ausreichende Investitionen in Höhe von mindestens 20 % des Euronext-Vorsteuergewinns von zuletzt 250 Mill. Euro in die Mailänder Börse sichergestellt werden. Dafür müsse es auch konkrete Projekte geben. Die Verlagerung von zwei zentralen Funktionen nach Mailand, Finanzen und Datacenter, sei nicht ausreichend. Weitere Geschäftseinheiten müssten in Italien angesiedelt sein.Centemero glaubt jedoch nicht, dass die Übernahme der Borsa Italiana durch Euronext noch rückgängig gemacht werden kann, und glaubt, “dass das Thema durch ist” – es sei denn, die EU-Wettbewerbsbehörden würden die geplante Übernahme des Datendienstleisters Refinitiv durch die London Stock Exchange (LSE) untersagen. Die LSE will mit dem Verkauf der Mailänder Börse kartellrechtliche Probleme ausräumen.