Kunden entdecken Zinsen wieder

Unverzinste Einlagen bei US-Banken sinken erstmals seit zehn Jahren - Dämpfer für Gewinnwachstum

Kunden entdecken Zinsen wieder

Die US-Banken haben im zurückliegenden Quartal im Kreditgeschäft zum wiederholten Mal von steigenden Zinsen in den USA profitiert. Jetzt scheinen allerdings auch die Einlagenkunden den Zins wieder für sich zu entdecken. Zum ersten Mal in zehn Jahren sinken die zinslosen Einlagen bei US-Instituten.sp New York – Das Brot-und-Butter-Geschäft der großen US-Banken mit Einlagen und Krediten ist im dritten Quartal auf Hochtouren gelaufen. Bei den meisten Instituten hat das Retailgeschäft für positive Überraschungen gesorgt. Mit den zinslosen Einlagen ist eine viel beachtete Kenngröße aber gesunken, was von Analysten als Vorzeichen für sinkendes Ergebniswachstum gewertet wird.Die vier größten Geschäftsbanken J.P. Morgan, Bank of America, Wells Fargo und Citi haben über den Sommer 5 % ihrer zinslosen Einlagen verloren. Diese Einlagen sind “die Gans, die für die Banken goldene Eier legt”, erklärt Gerard Cassidy von RBC Capital Markets. Doch angesichts steigender Zinsen in den USA entdecken viele US-Verbraucher sowie Firmenkunden, die einen Teil ihrer Sichtguthaben in den vergangenen Jahren auf zinslosen Konten geparkt hatten, andere Anlageformen wie Tagesgeldkonten wieder.Nach Angaben des US-Einlagensicherungsfonds, der Federal Deposit Insurance Corp. (FDIC), sind die zinslosen Guthaben bei US-Banken in den zwölf Monaten per Ende Juni um mehr als 30 Mrd. Dollar abgeschmolzen (siehe Grafik). Es ist der erste Rückgang von zinslosen Einlagen bei den US-Instituten seit zehn Jahren. Der Anteil der Einlagen auf zinslosen Konten an den gesamten Einlagen im Heimatmarkt ist über diesen Zeitraum von 27,5 auf 26,3 % gefallen. Insgesamt haben US-Verbraucher und Firmenkunden aus den USA damit immer noch rund 3,2 Bill. Dollar auf Konten geparkt, die keine Zinsen tragen. Sechs Jahre an der NulllinieVor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise vor etwas mehr als zehn Jahren machten zinslose Einlagen einen deutlich geringeren Teil an den Einlagen bei US-Banken aus. Erst als die US-Notenbank damit begann, die Zinsen angesichts eines sich abzeichnenden Abschwungs zu senken, und erst recht, nachdem sie in weniger als zwei Jahren von mehr als 5 % knapp oberhalb von 0 % angelangt waren, um dem Abgrund einer drohenden Kernschmelze des Finanz- und Wirtschaftssystems zu entgehen, blieben mehr Gelder auf zinslosen Konten liegen. In den knapp sechs Jahren, in denen die Federal Reserve bis Ende 2015 den Zins nahe null hielt, machten sich immer weniger Verbraucher die Mühe, nach alternativen Anlagen mit geringfügig höheren Zinsen zu suchen. Für viele Firmenkunden lohnten sich die Einlagen auf zinslosen Konten sogar, weil die Gelder hier ohne Begrenzung versichert sind und bei manchen Instituten immerhin Gutschriften verdienen, die für andere Bankdienstleistungen eingesetzt werden können.Im Dezember könnte die Federal Reserve Bank zum vierten Mal in diesem Jahr und zum insgesamt neunten Mal in den vergangenen drei Jahren die Zinsen erhöhen. Das hat die Erträge der US-Banken im Kreditgeschäft zuletzt kräftig in die Höhe getrieben. Jetzt scheinen auch die Einlagenkunden den Zins wieder für sich zu entdecken. Ein Rückgang der zinslosen Einlagen ist dafür das erste Anzeichen. “Hat man erst einmal begonnen sie zu verlieren, wird man am Ende nicht mehr von steigenden Zinsen profitieren können”, stellt Allen Tischler von Moody’s Investors Service in Aussicht.